Von Tom Nebe, dpa
Seit knapp fünf Jahren gelten für Dienstfahrräder ähnliche steuerliche Regeln wie für Dienstwagen. Seitdem blüht das Geschäft mit dem betrieblichen Fahrrad-Leasing. Firmen haben in der Regel keine zusätzlichen Kosten. Mitarbeiter können sich auf dem Weg vergleichsweise günstig ein Fahrrad zulegen. Die größten Nutznießer jedoch sind die Fahrrad-Leasing-Unternehmen hierzulande.
Dazu gehört die Freiburger Firma Jobrad. Sie gilt als einer der Pioniere in dieser Branche. Nach einem etwas trägen Anlauf habe sich die Zahl der Unternehmen, denen Jobrad Leasingangebote vermittelt, in den vergangenen Jahren stetig vergrößert, sagt Firmensprecherin Tina Barth. Im September 2015 waren es 1.000, ein knappes Jahr später 2.800, inzwischen zählt man 4.800 Unternehmen mit einer Million Beschäftigten (Stand: Juli 2017) zum Kundenkreis. Kleine Firmen leasen auch einmal nur eine Handvoll Räder, große Firmen durchaus mehrere tausend. Der Leasing-Anbieter beschäftigt inzwischen mehr als 100 Menschen.
Im Herbst 2012 wurden in einem Erlass der Finanzbehörden die Steuervorteile von Dienstwagen auf Fahrräder, Pedelecs und E-Bikes ausgeweitet. Das heißt: Ein Prozent des Listenpreises muss der Nutzer als geldwerten Vorteil versteuern, wenn er das Rad auch privat nutzen möchte. Für die zurückgelegten Strecken fällt jedoch, anders als beim Auto, keine weitere Versteuerung an. Wie auch bei Dienstwagen wollen sich viele Unternehmen den Umgang mit Mitarbeiterfahrzeugen ersparen und beauftragen Leasing-Firmen.
Ein verbreitetes Modell: Die Firma macht einen Rahmenvertrag mit dem Anbieter, der Mitarbeiter wählt ein Rad aus, die Leasing-Raten werden über Gehaltsumwandlung von dessen Bruttogehalt abgezogen. Damit sinkt das zu versteuernde Einkommen. So müssen Mitarbeiter und Unternehmen weniger Abgaben leisten. Einige Firmen geben jene Ersparnisse an ihre Mitarbeiter weiter, etwa indem sie die Rad-Versicherung zahlen.
Der Hamburger Anbieter IKB Leasing ist 2014 ins Fahrrad-Leasing eingestiegen. Im ersten Jahr wurden noch 80 bis 100 Leasingverträge abgewickelt, mittlerweile seien es 23.000, sagt Jörg Mertens, der bei IKB Leasing im Bereich Absatzfinanzierung tätig ist. Die Zahl der Unternehmen, die über die Firma Fahrräder leasen, sei in den vergangenen beiden Jahren von 600 auf 3.700 gestiegen.
Von klein bis groß
Belastbare Zahlen dazu, wie viele Dienstfahrräder auf deutschen Straßen unterwegs sind, gibt es nicht. Schätzungen schon. Auf mehr als 200 .000 taxiert der Bundesverband mittelständische Wirtschaft in Berlin die Zahl. Verbandspräsident Mario Ohoven zufolge stiegen immer mehr Mittelständler und ihre Mitarbeiter darauf um. Auch große Konzerne wie Deutsche Bahn oder SAP bieten Dienstrad-Leasing an. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club schätzt, dass es jährlich mehrere Hunderttausend neue Diensträder gibt und verweist dabei auf dem Club bekannte Branchendaten.
Trotz des starken Wachstum ist das Leasing von Fahrrädern noch ein kleines Segment. Im Leasing-Markt sei es ein "Nischenprodukt, zu dem noch keine statistischen Daten vorliegen", erklärt der Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen. Es gebe aber "steigendes Interesse".
Der Fahrrad-Handel macht gerne mit, schließlich profitieren die Fachgeschäfte davon. Jobrad zum Beispiel kooperiert nach eigenen Angaben mit über 4.000 Händlern deutschlandweit –einem Großteil der Radverkäufer hierzulande. "Viele Händler berichten, dass Rad-Leasing inzwischen ein wichtiger Teil des Geschäfts geworden ist", sagt der Sprecher des Zweirad-Industrie-Verbandes, David Eisenberger. Von bis zu 30 Prozent Anteil am Geschäftsumsatz hätten ihm Händler berichtet.
Teure Modelle gefragt
Das Dienstfahrrad der Wahl darf gerne etwas mehr kosten. Der Anteil der vergleichsweise teuren Pedelecs und E-Bikes unter allen geleasten Diensträdern ist hoch -– 50 Prozent bei Jobrad und 80 Prozent bei IKB Leasing, wie die Unternehmen angeben. Ein über Jobrad geleastes Rad sei im Schnitt 2.000 Euro wert. Die meisten Anfragen an IBK Leasing beträfen Räder mit einem Wert jenseits von 2.500 Euro.
Eisenberger erklärt sich das so: Die finanzielle Belastung beim Leasing eines Dienstfahrrades sei nicht groß. "Dadurch denkt man wohl eher an Räder, die man sich sonst nicht bar nicht leisten würde." Am Ende der in der Regel dreijährigen Laufzeit kann der Mitarbeiter das Rad mitunter für eine vergleichsweise geringe Restzahlung kaufen. Abhängig von Radpreis, Steuerklasse und Höhe des Einkommens lasse sich über das Leasing eines Dienstrades 15 bis 40 Prozent sparen im Vergleich zum Kauf des Fahrrades im Fachhandel, schätzen Anbieter für Fahrrad-Leasing und Verkehrsclubs.
Auch wenn Pedelecs, E-Bikes und auch Renn- oder Trekkingräder durchaus für längere Strecken taugen, haben Diensträder gegenüber Dienstwagen vor allem in Städten und auf Kurzstrecken ihre Vorteile. "Fahrräder sind schneller, weil man nicht im Stau steckenbleibt, und die lästige Parkplatzsuche entfällt", sagt Ohoven.
"Diensträder werden immer beliebter", sagt Daniela Karbe-Geßler, Expertin für Arbeitnehmerbesteuerung beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag. "In Ballungsräumen sind sie gefragter als in ländlichen Gebieten, und junge Mitarbeiter nutzen sie eher als ältere Mitarbeiter."
Noch viel Potenzial
Auch der Auto Club Europa beschäftigt sich mit dem Thema. Das Interesse sei groß, umsetzen tun es noch vergleichsweise wenige Unternehmen, sagt ACE-Sprecherin Anja Smetanin. Einige Tarifverträge verhinderten etwa noch rechtlich die Gehaltsumwandlung.
Im öffentlichen Dienst zum Beispiel könne IKB Leasing sein Paket nicht immer anbieten, sagt Mertens. "Dort ist Sachlohn-Bezug nicht geregelt." Wie viele Experten auch sieht er das Ende der Fahnenstange in dem Markt noch lange nicht erreicht. "Auf einer Entwicklungsskala von eins bis zehn stehen wir auf Stufe zwei."