Von Christian Ebner, dpa
Das Zittern um die Arbeitsplätze bei Opel hat ein Ende. Am Tag nach der Einigung zwischen Unternehmen und Betriebsrat zeigten sich die Verhandlungspartner, die Belegschaft und die Politik erleichtert, dass bei dem Autobauer bis Mitte 2023 niemand mehr fürchten muss, betriebsbedingt entlassen zu werden. Der vom neuen Opel-Mutterkonzern PSA angeschobene Personalabbau in den deutschen Standorten soll auf 3.700 Menschen begrenzt bleiben, die das Unternehmen ausschließlich freiwillig über verschiedene Programme verlassen. Diese Zahl ist bereits nahezu erreicht, wie beide Seiten versicherten.
Opel-Chef Michael Lohscheller sowie die Vertreter von Betriebsrat und IG Metall erhielten am Mittwoch bei einer Mitarbeiterveranstaltung am Stammsitz Rüsselsheim kräftigen Applaus für den in zwei Tagen gefundenen Kompromiss. "Wir sind schon erleichtert. Hoffentlich ist jetzt wirklich mal Ruhe", sagte einer beim Rausgehen.
Lohscheller lobte die Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern und kündigte an: "Wir haben alle unsere Werke wettbewerbsfähig gemacht und können nun die Investitionsentscheidungen auslösen." Besonders dringend ist das im Werk Eisenach, wo vom kommenden Jahr an der Geländewagen Crossland X den auslaufenden Corsa ersetzen soll. Statt eines zweiten Modells plant Opel dort weiterhin nur die zusätzliche Montage eines Hybrid-Modells. Dafür wurde aber der auf Eisenach entfallene Personalabbau auf 450 Leute begrenzt, rund 300 weniger als zunächst geplant.
"Wie der Arbeitgeber die Beschäftigung letztendlich sichert, ob mit ein, zwei oder drei Fahrzeugen, das ist uns egal", erklärt dazu Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug. "Aus diesem Eckpunkte-Papier kommt keiner mehr raus." Für das Entwicklungszentrum in Rüsselsheim wurden weitere Projekte benannt wie die Entwicklung der nächsten Generation der 1,6-Liter-Benzinmotoren, die in der gesamten PSA-Flotte eingebaut werden. Doch ebenso wie für Kaiserslautern müsse der Arbeitgeber in Rüsselsheim noch nachlegen, verlangen Gewerkschaft und Betriebsrat. Lohscheller sagte Details in naher Zukunft zu.
"Deckel drauf"
Mit der weitreichenden Beschäftigungssicherung bis Juli 2023 haben die Partner den Verhandlungsansatz umgedreht. Ursprünglich wollten die Arbeitnehmer mit Opel/PSA die Sanierungsschritte im Detail verabreden, worauf sich die Franzosen aber ganz offenbar nicht eingelassen haben. "Wir haben jetzt keine abschließende Investitions- und Projektliste vereinbart, sondern wir haben gesagt, wenn der Abbau erfolgt ist, ist der Deckel drauf beim Personalabbau", schildert Schäfer-Klug die neue Lage, die den Opel-Stamm von noch rund 15.000 Beschäftigten in Deutschland beruhigen soll.
Die Arbeitnehmer müssen durchaus etwas hergeben: So wird das im Metall-Flächentarif für das kommende Jahr vereinbarte Zusatzgeld bis 2023 ausgesetzt. Neue Tariferhöhungen von 2020 an sollen den Opel-Beschäftigten jeweils erst verzögert zufließen, die genauen Fristen sind aber noch nicht verabredet. Opelaner kennen solche Regelungen bereits aus früheren Sanierungsversuchen.
Experten fordern mehr Vertriebspower
Der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer nannte den Verzicht auf Tariferhöhungen nachvollziehbar. "Das ist eine gute Lösung auch für die Mitarbeiter." Ein fertiger Masterplan zur Opel-Sanierung sei aber immer noch nicht erkennbar, hier müsse PSA noch deutlich nachlegen. Größtes Problem für Opel bleibe der schwächelnde Absatz: "Lohscheller braucht einfach mehr Vertriebspower." Dudenhöffer hatte in der Vergangenheit Opel häufig scharf kritisiert, weil der Hersteller überdurchschnittlich viele Fahrzeuge mit Eigenzulassungen und damit verbundenen Preisnachlässen in den Markt drückte. Es ist aber erklärtes Opel-Ziel, nur noch profitable Geschäfte zu machen.
Auch Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach begrüßte den Kompromiss. Es komme nun darauf an, was Opel daraus mache. Die Marke müsse von ihrem Verlierer-Image wegkommen und profitable Fahrzeuge verkaufen. Grundsätzlich könne die Aufstellung Opels als deutscher Marke im PSA-Konzern gelingen. "Dafür braucht man aber eine vernünftige Produktionsbasis in Deutschland, sonst wird das Versprechen des deutschen Engineerings schnell hohl", so der Autoprofessor.
Hessens schwarz-grüne Landesregierung zeigte sich erleichtert. Es sei wichtig, dass die Wettbewerbsfähigkeit von Opel gesichert bleibe und die Beschäftigten und ihre Familien eine verlässliche Perspektive hätten, betonten Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne). Das Entwicklungszentrum Rüsselsheim müsse weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hätte sich eine bessere Auslastung und breitere Aufstellung des Eisenacher Werkes gewünscht.
Uwe Schneider