Deutschlands zweitältestes Opel-Werk in Bochum darf an diesem Samstag kein Jubiläum feiern. Die Werksleitung sagte das für Samstag geplante Familienfest zum 50-jährigen Bestehen des Werkes wegen Sicherheitsbedenken ab. "Das wäre nicht mehr kalkulierbar gewesen", begründete Opel-Sprecher Alexander Bazio am Donnerstag die Entscheidung. Das Jubel-Fest hätte durch mögliche Proteste und Demonstrationen einen anderen Charakter bekommen.
Der Betriebsrat zeigte sich empört und kündigte Proteste gegen die geplante Produktionseinstellung an. In einer Landtagsdebatte zu Opel gab es am Donnerstag gegenseitige Schuldzuweisungen und die Forderung an das Unternehmen, betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen. Im traditionsreichen Werk mit gut 3.000 Opelanern sollen nach 2016 keine Autos mehr montiert, sondern nur noch Einzelteile gefertigt werden.
Die Entscheidung, das Jubiläumsfest zu 50 Jahre Opel ausfallen zu lassen, zeige die "absolute Hilflosigkeit der Opel-Führung", sagte Betriebsratschef Rainer Einenkel der Nachrichtenagentur dpa. "Das ist armselig." Sicherheitsbedenken seien lediglich ein Vorwand. Die Konzernleitung habe offenbar Angst davor, dass bei dem Fest auf dem Werksgelände tausende Besucher ein Zeichen der Solidarität setzen würden.
Anfang nächsten Jahres werde es aber Protestveranstaltungen geben. "Das soll nur der Anfang sein", sagte Einenkel, der mit Gewerkschaft und Belegschaft weiter für den Erhalt der Fahrzeugproduktion kämpfen will.
NRW: Es darf keine Entlassungen geben
Die NRW-Landesregierung forderte den Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) auf, betriebsbedingte Kündigungen am Standort Bochum auszuschließen. "Es darf keine Entlassung in die Arbeitslosigkeit geben", verlangte Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) im Düsseldorfer Landtag. Es müsse in Bochum zumindest eine hochwertige Komponenten-Produktion sichergestellt werden - und zwar nicht nur mit 500 Mitarbeitern. Das Land könne nicht aber "mit dem Geld der Steuerzahler winken". SPD-Fraktionschef Norbert Römer verlangte, dass sich GM finanziell stark an einer Zukunftsperspektive für Bochum beteiligt.
CDU-Parteichef Armin Laschet warf Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) Versagen vor. In Gesprächen mit dem Konzern habe sie für die Bundesländer mit Opel-Standorten die Koordinierung übernommen - und nun sei ausgerechnet NRW das getroffene Land. Kraft wiederum nannte es "unwürdig", dass Laschet versuche, die vier Standorte gegeneinander auszuspielen. Sie habe auch niemals den Eindruck erweckt, sie könne die seit langem bekannten massiven Probleme lösen, sondern habe stets auf die Grenzen des politischen Handelns hingewiesen.
Bundestag appelliert an GM
Auch Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien forderten General Motors aufgefordert, auf betriebsbedingte Kündigungen in Bochum zu verzichten und den Beschäftigten eine Perspektive zu geben. In einer Aktuellen Stunde warfen Vertreter von Koalition und Opposition dem US-Konzern am Donnerstag schwere Managementfehler vor. Die Bundesregierung bekräftigte aber, der Staat könne solche Fehler nicht auffangen.
Die Regierung könne schon allein aus beihilferechtlichen Gründen nicht mit Bürgschaften oder Krediten für Opel in den Wettbewerb eingreifen, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Ralf Brauksiepe (CDU). "Wer das suggeriert, streut den Menschen Sand in die Augen!" Man könne GM aber beim Wort nehmen und verlangen, dass der Konzern alle Chancen für den Erhalt des Standortes und den Ausbau der Komponentenförderung nutze. "Wir erwarten, dass alles getan wird, um betriebsbedingte Kündigungen zu verhindern!"
Die Linke rief Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, Opel zur Chefsache zu machen und Gespräche mit dem Management zu führen. SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil warf der Bundesregierung vor, sie habe es schon vor Jahren versäumt, Investoren zu finden und die Opel-Standorte zu stützen. (dpa)
uwe meier