Ausgabe 17/2010: Zeit wird‘s

Zeit wird‘sGebrauchtwagen E Das GW-Geschäft hat sich im letzten Jahrzehnt stark verändert. Der Handel ist aufgefordert, aktiv zu werden. Teil 2: Markt- und Herstellerentwicklungen. Von CGP Christof Gerhard*Der erste Teil dieses Beitrags (vgl. AUTOHAUS 16, Seite 34) hat das neue Verhältnis von NW- und GW-Abteilung thematisiert sowie die Veränderungen in den GW-Prozessen, auf der Personalebene sowie die Internet-Revolution. Heute geht es im zweiten und letzten Teil um relevante Marktentwicklungen:Entwicklung BesitzumschreibungenWurden 1999 im deutschen Gesamtmarkt noch 7.695.946 Einheiten umgemeldet, standen dieser Zahl 2009 noch 6.012.770 Fahrzeuge gegenüber. Ein Minus von sage und schreibe 1.683.176 Besitzumschreibungen bzw. 27,99 Prozent! Grob betrachtet haben wir linear pro Jahr 2,8 Prozent Besitzumschreibungen verloren. Besitzumschreibungsanteil nach Anbietergruppen: Die Besitzumschreibungen werden z. B. im DAT-Report nach den Anbietergruppen: Gebrauchtwagenhandel, Neuwagenhandel und Privatmarkt betrachtet. Die Entwicklung der Marktanteile seit 2000 zeigt die Abbildung 1.Interessant ist, dass der Besitzumschreibungsanteil des Fabrikatshandels sich zwar immer relativ stabil zwischen 35 und 40 Prozent bewegt, aber hauptsächlich deshalb, weil diese Anbietergruppe speziell seit drei Jahren fast nur noch Jungwagen handelt und somit nur noch als verlängerte Werkbank der Hersteller und Importeure agiert. Zudem sind viele Ex-Fabrikatshändler, die heute keinen Markenvertrag mehr haben, massiv ins Geschäft mit jungen Gebrauchtwagen eingestiegen. Der freie Handel hat kontinuierlich an Marktanteilen gewonnen, die zu Lasten des Privatmarktes gehen. Interessant ist, dass der freie Handel den Marktanteil von 13 auf 19 Prozentpunkte steigern konnte, was eine Steigerung in Einheiten von 46,2 Prozent bedeutet. Es ist bedenklich zu sehen, wie sich der Fabrikatshandel aus dem klassischen GW-Geschäft mit drei bis neun Jahre alten Fahrzeugen verabschiedet.Entwicklung der Bestände nach FahrzeugalterAus welchem Baujahr per Januar 2010 welche Fahrzeugbestände bis 2,8 Tonnen auf dem deutschen Markt präsent waren, zeigt die Abbildung 2. Aus ihr geht hervor, dass aus den Baujahren 2007 bis 2009 rund 9,35 Millionen Fahrzeuge im Markt sind. Der Bestand der Fahrzeuge mit Baujahr 2002 bis 2006 liegt bei 13,83 Millionen Einheiten und Fahrzeuge ab Baujahr 2001 und älter liegen bei 21,93 Millionen Einheiten. In diesem Zusammenhang muss man auch das Durchschnittsalter der Bestandsfahrzeuge/verkauften Fahrzeuge im Fabrikatshandel betrachten. Dieses liegt bei 2,9 Jahren. Das Durchschnittsalter des gesamten Fahrzeugbestands in Deutschland liegt laut ZDK jedoch bei 8,1 Jahren. Das heißt, dass sich der Fabrikatshandel neben der massiven Steigerung der realen Verkaufszahlen durch den freien Handel schleichend aus dem klassischen GW-Geschäft mit den drei bis neun Jahre alten Fahrzeugen verabschiedet. Das hat dramatische Folgen für die Werkstattauslastung, ebenso für die Neukunden- und Jungwagen-Kundengewinnung. Teilweise wird der Händler durch die Teilnahme an den Hersteller-GW-Programmen sogar dazu gezwungen, keine Fahrzeuge, selbst der eigenen Marke, unter dem GW-Herstellerlabel zu vermarkten, die älter als fünf Jahre sind. Die meisten Fabrikatshändler stürzen sich massiv auf das Jungwagengeschäft, weil sie diese Fahrzeuge transporterweise aufbereitet geliefert bekommen. Sie vergessen aber, dass man mit den Fahrzeugen zwischen drei und neun Jahren in der Regel einen geringeren Liquiditätsaufwand, kürzere Standzeiten und höhere Deckungsbeiträge in Euro hat.Der Fabrikatshandel verlor in den letzten Jahren in diesem interessanten Segment, weil er schlichtweg nicht die interessante Ware im Bestand hat und diese Fahrzeuge oft unnötigerweise an Wiederverkäufer verkauft. Das ist auch ein Grund dafür, warum der Wiederverkäuferanteil stark steigt. Die Frage ist, ob hier der Fabrikatshandel die richtige Strategie verfolgt. Laut mobile.de suchen mehr als 60 Prozent aller Nutzer ein Fahrzeug unter 6.000 Euro. Per 6. Juni 2010 waren in mobile.de 1.125.825 Treffer zu finden (alle Preisklassen), aber davon nur 307.965 unter 6.000 Euro (= 26,7 Prozent aller angebotenen Fahrzeuge). In diesem Bereich stimmen Nachfrage und Angebot nicht überein. Hinzu kommt, dass große Handelsketten aufgrund ihrer Werkstatt-, Kosten- und Vertriebsstrukturen gar nicht mehr dazu in der Lage sind, das Geschäft mit diesem Fahrzeugsegment zu betreiben – ein hausgemachtes Problem!Entwicklung bei den HerstellernAuch die Hersteller haben ihre Aktivitäten im GW-Bereich in den letzten zehn Jahren stark intensiviert. Mittlerweile hat bis auf wenige Ausnahmen jeder Hersteller und Importeur eine GW-Marke etabliert. Hinter dieser Absicht steht in einigen Fällen (leider zu selten) auch die Entwicklung der am GW-Prozess beteiligten Mitarbeiter. Hieß es vor zehn Jahren bei vielen Herstellern noch, dass Gebrauchtwagen keine Vertragsware seien, so hat sich diese Meinung geändert, vor allen Dingen deshalb, weil die extremen Verluste bei den Restwertabrechnungen auch die Herstellerrenditen stark belasten. Ebenso mussten die Hersteller in den letzten Jahren verstärkt feststellen, dass aufgrund der hohen und überteuerten GW-Bestände und der daraus folgenden Liquiditätsengpässe im Handel die Neuwagenauslieferungen ins Stocken gerieten, da die Händler oftmals keine Liquidität hatten (und haben), um Neuwagenfahrzeugbriefe auszulösen. Zudem schwinden die Bruttogewinne im Jungwagenbereich bei den Handelsorganisationen der meisten Hersteller und Importeure von Jahr zu Jahr. Eine der Ursachen hierfür ist, dass die Hersteller das Geschäft im Jungwagenbereich wesentlich besser verstehen und somit professioneller gestalten als noch vor zehn Jahren. Ein weiterer Grund ist natürlich die massive Zunahme an der Produktion von Jungwagen. Ein zu großes (Über-)Angebot belastet natürlicherweise den Ertrag. Die Jungwagenproduktion hat sich bei den meisten Herstellern und Importeuren in den letzten zehn Jahren stark erhöht. Auf Grund der steigenden Neuwagenpreise ist der zweite Vertriebsweg über das Produzieren von Werksdienstwagen, Buy-Backs und dergleichen massiv angestiegen. Die Folge: Die Angebotspreise sind in diesem Bereich massiv gesunken. Wurden Jahreswagen früher in der Regel mit 25 Prozent Nachlass gehandelt, so liegen wir heute häufig zwischen 30 – 45 Prozent Nachlass, je nach Fahrzeugmarke und Modellreihe. In den nächsten Jahren werden wir eine weitere Veränderung bei den Herstellern beobachten können. Ebenso wie die Leasinggesellschaften planen und realisieren immer mehr Hersteller über ihr Niederlassungsnetz, die GW-Bestände über eigens konzipierte GW-Zentren an Endkunden zu vertreiben. BMW z. B. sowohl in München als auch in Frankfurt groß dimensionierte GW-Zentren, andere Hersteller werden folgen.Demzufolge werden die Hersteller in Zukunft ihren Einfluss im GW-Geschäft immer stärker ausbauen.Konsequenzen und EmpfehlungenDie dargestellten Aspekte zeigen, wie dramatisch sich das GW-Geschäft in den letzten zehn Jahren verändert hat. Die Frage, die sich hier stellt, ist, ob sich die Vertragshändler auf diese Veränderungen ausreichend eingestellt haben. Unsere Beobachtungen zeigen, dass nur wenige Vertragshändler (maximal 30 Prozent) den Trend im GW-Geschäft erkannt und sich den neuen Marktherausforderungen gestellt haben. Es ist leider speziell in den letzten drei Jahren festzustellen, dass bei fast allen Handelsorganisationen in Deutschland die Bruttogewinne gefallen sind.Die Fabrikatshändler, die die Trends erkennen und die richtigen Schritte einleiten, erwirtschaften auch heute im GW-Geschäft noch einen Bruttogewinn zwischen 8 und 12 Prozent.Sehen Sie das GW-Geschäft nicht als notwendiges Übel an, sondern entwickeln Sie es genauso intensiv wie den Servicebereich, den Teiledienst und den Neuwagenvertrieb. Entwickeln Sie Strategien und Lösungen, damit Sie den Veränderungen der Zukunft gelassen entgegensehen können und Ihr GW-Geschäft ein interessantes Profitcenter wird. Hierbei ist Ihnen das Team von CGP gerne behilflich. z*Geschäftsführer der Christof GerhardGmbH Unternehmensberatung.E-Mail: c.gerhard@cgp.deLesen SIe hier...... wie sich die Besitzumschreibungen im Markt verändert haben und welche Auswirkungen das für das GW-Geschäft mit sich bringt.Kurzfassung1. Der freie Handel hat kontinuierlich an Marktanteilen gewonnen, die zu Lasten des Privatmarktes gehen. 2. Auch die Hersteller haben in den letzten zehn Jahren ihre Aktivitäten im GW-Bereich stark intensiviert. 3. Die Hersteller werden ihren Einfluss im GW-Geschäft künftig immer weiter ausbauen. 4. Der Vertragshandel ist aufgefordert, sich Strategien und Lösungen fürs GW-Geschäft zu überlegen. Marktanteile im GW-geschäftPkw-bestand in Deutschland nach Zulassungsjahren

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