Ausgabe 01-02/2009: Wetterfest durch die Krise

HandelWetterfest durch die KriseBranchenkrise 2009 E Außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen, und das schnell und zielgenau. Von Walter MissingDie Krise ist da und hinterlässt in der automobilen Prozesskette immer tiefere Spuren. Die Handelslandschaft ist besonders betroffen, der Krisenmanager deshalb mehr denn je gefragt. Wer die krisenbedingten, neuen Herausforderungen jetzt konsequent und proaktiv angeht, hat die größeren Chancen, die schwierige Wegstrecke erfolgreich zu meistern, als der weiterhin vorsichtig Abwartende. Der Automobilhandel hat schon einige problematische Situationen überstanden. Dieses Mal jedoch ist die Dimension der Krise eine völlig andere als je zuvor. Jetzt wird sich deshalb zeigen, wer seine Aufgaben erfolgreich löst und bewältigt. Viele Händler schreiben ihre prekäre Situation der Finanzkrise zu. Das ist typisch für Krisensituationen: Man sucht nach Erklärungen und verlagert die Gründe auf die nächste Ebene. Dabei sind die Probleme keineswegs von der Finanzkrise allein verursacht worden. Sie schwelen vielmehr schon lange. Entstanden ist eine ungute Gemengelage aus gravierenden Fehlern der Hersteller, unprofessionellem Agieren vieler Händler, evidenten Schwächen des bisherigen Geschäftsmodells Automobilvertrieb, einer tiefen Verunsicherung der Verbraucher verbunden mit deren Kaufboykott und zweifellos auch den Auswirkungen der Finanzkrise. Richtigerweise reagieren die Hersteller mit einschneidenden Maßnahmen, weil sie akute Liquiditätsprobleme bekommen. Werksstilllegungen, Kurzarbeit, Entlassungen sind an der Tagesordnung. Gewichtige Branchenvertreter wie der VW-Vorstandsvorsitzende Winterkorn rechnen damit, dass der Automobilabsatz im kommenden Jahr weltweit um 20 bis 25 Prozent zurückgeht. Deutliche Bestätigung findet diese Prognose durch den Branchenprimus Toyota. Der Konzern schraubt seine Ergebniserwartung erneut herunter und kündigt einen Verlust von rund 1,2 Milliarden Euro allein für den Zeitraum Oktober 2008 und März 2009 an. Eine dramatische Konsolidierung der gesamten Prozesskette Zulieferer – Hersteller – Händler wird damit immer wahrscheinlicher. Entscheidend ist, wie Krisensituationen begegnet wirdDer Automobilhandel war bereits vor der Finanzkrise in akuter Gefahr. Viele Händler haben das erkannt und entsprechende Restrukturierungsprogramme umgesetzt. Dabei ging es hauptsächlich darum, das Unternehmen in allen seinen Geschäftsfeldern operativ fit zu machen (siehe dazu Artikelserie Cockpit 2008 in AUTOHAUS 10/2008 bis 13/2008). Das allein wird in einer Branchenkrise aktuellen Ausmaßes nicht ausreichen. Weitergehende, einschneidende Maßnahmen sind deshalb auch im Handel unumgänglich. Im Fokus stehen dabei weniger strategische Weichenstellungen oder optimale Prozesse, wie sie die Hersteller ihren Händlern gerne abverlangen. Gefordert sind vielmehr schnelles und konsequentes Handeln und wirkungsvolle, auch unpopuläre Krisenbekämpfungs- und -bewältigungsmaßnahmen.Wirksame Sofortmaßnahmen für das Betriebsergebnis Die jetzt notwendigen Maßnahmen gehörten bisher nicht zum Regelrepertoire der Autohausmanager. Aufgrund der spezifischen Krisenmerkmale konzentrieren sie sich auf den Verkauf und dessen direktes Umfeld. Denn dort liegen die größten Risiken und damit auch die größten Chancen, mit gezielten Maßnahmen nachhaltige Wirkung zu erzielen. Das heißt nicht, dass der Service außen vor bleiben soll. Ganz im Gegenteil, denn er muss gerade in der Krise die sichere Ertragsquelle bleiben. Trotzdem bestehen auch im Service große Potenziale bzw. positive Skaleneffekte.Auf Basis einer grundlegenden Bestandsaufnahme des gesamten Unternehmens müssen die Maßnahmen grundsätzlich so angelegt werden, dass sie sofortige Kosteneffekte auslösen. Einige Beispiele:z Der Abschluss von Sanierungstarifverträgenz Einführung von Kurzarbeit oder Kündigung mit Wiedereinstellzusagez Vorübergehende Stilllegung einzelner Betriebe bei negativer Ertragssituationz Schließung und Veräußerung von Betrieben. Mobilisierung betrieblicher Immobilien zur Liquiditätsgewinnung.z Fremdvergabe von Dienstleistungen, die bei einer Vollkostenbetrachtung nicht wirtschaftlich sind, wie z. B. die eigene Autovermietungz Übernahme von Outsourcing-Leistungen mit eigenen Mitarbeiternz Verhandlungen mit dem Hersteller über den Ausgleich von Restwertdifferen-zen bei Leasingrückläufern und "buy-backs"z Ausgabenstopp für alles – außer für den produktiven BetriebsablaufRückläufige Erträge und mangelnde Liquidität in den Fokus nehmenOberste Priorität hat die Sicherung der Liquidität. Die Bundesbank erwartet für 2009 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,8 Prozent, die Commerzbank um 1,2 Prozent und die Deutsche Bank sieht die Wirtschaft sogar mit satten 4 Prozent im Minus. Jedem muss klar sein, dass diese Prognosen direkt auch die Kreditvergabe an den Automobilhandel beeinflussen. Immer mehr Autohändler klagen, dass es schwieriger wird, Kredite zu erhalten. Eine Kreditklemme gibt es zwar noch nicht – doch die Lage verschärft sich zweifellos. Denn die Banken fahren ihre Kreditengagements für den Automobilhandel generell herunter, weil er auf ihrer roten Liste steht. Das schlägt sich in höheren Kreditzinsen nieder – und auch in einer Kürzung der Kreditlinien. Eigentlich müsste die gesamte Automobilbranche – ähnlich dem eigenen Vorgehen der Banken – wertberichtigt werden. Das aber ist ein rein theoretischer Ansatz, deshalb muss der Handel andere Lösungswege suchen. Die Mobilisierung betrieblicher Immobilien zur Liquiditätsgewinnung anstelle überteuerter Kredite gehört sicher dazu. Denn durch den Verkauf und die Rückmietung betrieblich benötigter Immobilien kann Eigenkapital frei gemacht werden.Liquiditätschance Länder-programmeInteressant können auch die Hilfsprogramme der einzelnen Bundesländer sein. Hessen hat ein Sonderprogramm Kreditbürgschaften aufgelegt. In Nordrhein-Westfalen, Bayern und anderen Ländern sind ähnliche Maßnahmen angelaufen oder in Planung. So hat Sachsen ein ganzes Paket "zur Rettung, Umstrukturierung und Liquiditätshilfe von kleinen und mittleren Unternehmen in Schwierigkeiten" geschnürt. Für seine Inanspruchnahme sind verschiedene Voraussetzungen zu erfüllen und die Perspektive des Unternehmens muss stimmen. Das Programm fördert beispielsweise: z Vorübergehende Stützung der Liquidität, in der Regel bis zur Erstellung eines Umstrukturierungskonzeptes (Rettungsbeihilfe). z Finanzierung von Maßnahmen zur leistungswirtschaftlichen und finanziellen Unternehmensumstrukturierung (Umstrukturierungsbeihilfe).Dahinter stehen für das beantragende Unternehmen mithin immer Restrukturierungsmaßnahmen und die Beantwortung der Frage: "Ist das Unternehmen nach der Krise wettbewerbsfähig?" Die Beweisführung dafür muss ein schlüssiges Fortführungskonzept geben können. zKurzfassungDie aktuelle Branchenkrise erfordert im und vom Handel Veränderungen nie da gewesenen Ausmaßes. Im übertragenen Sinne müssen Maßnahmen eingeleitet werden, wie sie sich in analoger Form bei den Herstellern und Zulieferern schon in der Umsetzung befinden. Wer diesen Weg konsequent auch im Handel geht, hat eine Chance, die Krise zu bewältigen. Die Bandbreite der Maßnahmen reicht von sofortigen Ausgabenstopps über soziale Einschnitte für die Belegschaften bis hin zu Betriebsstilllegungen. Das Überleben wird insbesondere von der Sicherstellung der Liquidität abhängig sein. Auf die dazu dargestellten Möglichkeiten ist deshalb der besondere Fokus zu richten.perspektiven 2009Walter Missing können Sie als Referent bei den PERSPEKTIVEN-Seminaren von Prof. Hannes Brachat (siehe auch Seite 20) hören. In elf Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Info: www.autohaus.de/perspektiven2009Lesen SIe hier...… wie Autohäuser in Zeiten der Branchenkrise überleben können, indem sie Maßnahmen ergreifen, die über die bisher üblichen Restrukturierungsmaßnahmen weit hinausgehen.Handel

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