Ausgabe 22/2012: Wachstum durch Wandel

Wachstum durch WandelUnternehmensnachfolge – Dreifacher Umsatz, doppelter Absatz, doppeltes Werkstattgeschäft: Die Bilanz des Generationenwechsels bei Auto Niedermayer kann sich sehen lassen. Von Johanna Auguste KochEs klopft an der Tür. Mit einem warmherzigen Lächeln betritt Heinrich Niedermayer das Verkaufsbüro seines einstigen Autohauses. Der Senior ist zur Stippvisite in den Betrieb gekommen, als er hörte, dass ich zum Interview mit seinen Söhnen Heinz und Thomas ins niederbayerische Neukirchen anreise.„Ein Betrieb braucht frühzeitig einen Nachfolger“, verrät er kurzerhand das Erfolgsrezept der Unternehmensnachfolge bei Auto Niedermayer. „Sonst wird der Betrieb grau wie der alte Herr.“ Dann muss er auch schon wieder los. Ein Enkelkind wartet auf den 69-Jährigen. Den Termin überlässt er seinen Söhnen – wie seit 2001 konsequent den ganzen Betrieb.Der Ton macht die MusikRückblick: 1978 gründet Heinrich Niedermayer mit seiner Frau eine Kfz-Vermittlung. Das Geschäft floriert. 1983 entstehen Autohaus und Werkstatt. Privat wachsen die Kinder Heinz, Andrea und Thomas heran. „Selbständigkeit hat viele Vorteile: Man kann was bewegen, sich selbst verwirklichen und erfolgreich sein“, hören sie schon früh von ihrem Vater.Die positiven Erzählungen des Seniors fruchten. Der Nachwuchs ist Feuer und Flamme fürs Geschäft: Nach der Schule reinigen die Kinder Fahrzeuge, nehmen Ausstattungen von Inzahlungnahmen auf, verfolgen Verkaufsgespräche ihres Vaters – und veräußern die ersten Gebrauchten. „Wir sind ins Geschäft reingewachsen“, erinnert sich der heute 45-jährige Heinz. Freiraum lassenUnd der Vater hat für seine Söhne einen Plan: Heinz, der Ältere, soll den Verkauf übernehmen und Thomas, der Jüngere, als Kfz-Meister die Werkstatt leiten. Das ideale Geschäftsführer-Team will er vorbereiten. Da ist der Senior gerade mal 45 Jahre alt. Dass am Schluss beide Söhne Verkäufer werden, war nicht geplant. Ein Problem ist es aber auch nicht. „Unser Vater hatte immer tiefes Vertrauen in uns und viel Verständnis“, sagt der mittlerweile 36-jährige Thomas. Freiraum lässt der Vater seinem Ältesten auch, als dieser als Erster Vollzeit in den Familienbetrieb einsteigt. Heinz will schon früh Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen. Das Ergebnis: 15 bis 20 Jahre vor der Unternehmensübergabe leitet er bereits den Verkauf. „Wenn mein Vater mir mehr Vorschriften gemacht hätte, wäre ich weg gewesen“, resümiert Heinz. Und auch Andrea und Thomas dürfen sich ihre Aufgaben selbst suchen, als sie in den Betrieb einsteigen. Und sie dürfen Fehler machen. Denn Liebe ist bei Niedermayers wichtiger als Geld. Nichts übers Knie brechenZehn Jahre lang arbeiten beide Generationen operativ zusammen. Dann wird ein Zweistufenplan zur Unternehmensnachfolge gemacht. Heinz und Thomas sollen die Geschäftsführung übernehmen. „Der Schlüssel unseres Erfolgs war, dass unser Vater, nachdem er die Aufgaben übergeben hatte, noch zwei bis drei Jahre aktiv mitverkauft hat“, analysiert Heinz. Nichts wird übers Knie gebrochen.Dann wird es ernst: Am 1. Januar 2001 übernehmen die beiden Brüder den Betrieb zu gleichen Teilen. Das Ganze funktioniert, weil sie ein gutes Verhältnis zueinander haben. Es gibt keine Grabenkämpfe und der Vater lässt konsequent los, nachdem der Stufenplan beendet ist. „Es ist Gift für den Betrieb, wenn scheidende Seniorchefs sich weiter in die Geschäfts- und Mitarbeiterpolitik einmischen“, erklärt Heinz.Per notariellem Vertrag bekommt der bei der Übergabe 58-jährige Senior fortan eine Austragsleistung, also eine Art monatliche Betriebsrente, die zuerst höher ist und nach drei Jahren etwas sinkt. So wird die Aufbauleistung mit einer monatlichen, lebenslangen Grundsicherung gewürdigt.Klasse statt MasseStolz auf ihr Werk, aber nicht minder geschäftshungrig als bei der Übernahme, sitzen mir Heinz und Thomas am Konferenztisch gegenüber. In den letzten zehn Jahren haben sie ihr Absatzvolumen von 1.000 auf 2.000 Fahrzeuge (überwiegend Gebrauchte) und ihre Werkstattdurchläufe von 3.000 auf 6.455 verdoppelt. Der Umsatz ist von 12 auf 30 Mio. Euro geklettert. 80 Prozent des Umsatzes werden heute mit VW, Skoda, Audi und Seat erzielt.„Anfangs haben wir nur die Steigerung des Verkaufsvolumens fokussiert“, gesteht Heinz. Mittlerweile unterliegt die Stückzahlerweiterung einem neuen, höheren Ziel: außerordentliche Servicequalität. „Wir versuchen verstärkt, die Kunden im Umkreis von bis zu 40 Kilometern an unser Haus zu binden“, erklärt Thomas. Denn auf dem gesättigten Gebrauchtwagenmarkt wird der Wettbewerb in den nächsten Jahren stark zunehmen. „Es werden nur Betriebe überleben, die ihre Kunden begeistern können“, ergänzt Heinz. „Der Wettbewerb über den Preis und das Internet ist dauerhaft ruinös.“Der Impuls zum Umdenken kam direkt aus der Werkstatt. Die Mitarbeiter wollten das Servicegeschäft forcieren und sich stärker im Betrieb engagieren. „Das wissen wir sehr zu schätzen“, sagt Thomas dankbar. Der enge Kontakt zwischen Geschäftsleitung und Mitarbeitern resultierte aus dem sogenannten „kooperativen Führungsstil“, der auch mit dem Generationenwechsel im Betrieb Einzug hielt. Das bedeutet, dass Führungskräfte und Mitarbeiter bei der Entwicklung von Ideen und der Umsetzung von Projekten eng zusammenarbeiten – mit Erfolg, wie man bei Niedermayer sieht.Mensch im MittelpunktAußerordentlicher Service blieb bei Niedermayer aber kein reines Werkstattthema. Der Mensch wurde in den Mittelpunkt gerückt. So erfreuen sich Kunden heute in der Autohaus-Cafeteria an kostenlosem Kaffee, Kuchen, Obst, Autozeitschriften und WLAN. Besonders innovativ: Während des Werkstattaufenthalts können sie E-Bikes ausleihen oder sich in einer Spielecke die Wartezeit vertreiben. Dabei hat Niedermayer auch an die großen Kinder gedacht – und ein Tischfußballspiel aufgestellt. Einiges dieses überdurchschnittlichen Serviceangebots trägt die weibliche Handschrift von Andrea Niedermayer. Die heute 44-jährige Schwester der beiden Geschäftsführer ist im Betrieb unter anderem als Teamleiterin für die Verwaltung, das Personalwesen, die Finanzen und das Qualitätsmanagement verantwortlich. Sie ist zwar nicht Teil der Geschäftsführung, aber eine tragende Säule des Erfolgs.Beste Werkstatt BayernsUnd als kreativer Kopf bringt Andrea einige gute Ideen ins Unternehmen ein. Nur eine davon ist die Teilnahme am Wettbewerb „Werkstatt des Jahres“, die ihren Brüdern und den Mitarbeitern schließlich die öffentliche Anerkennung der neudefinierten Serviceorientierung bescherte. Niedermayer wurde für das Jahr 2012 zur „Besten Mehrmarkenwerkstatt des Jahres in Bayern“ gewählt. Deutschlandweit brillierten die Profis aus der Provinz im Wettbewerb auf Platz zwei. Ausgezeichnet wurden unter anderem Wachstum, Mitarbeiterförderung, Geschäftsplanung, Werkstattausrüstung und -durchgänge. Die Geschäftszahlen und die Werkstattauszeichnung von Auto Niedermayer belegen nach außen, dass intern bei der Unternehmensnachfolge alles richtig gemacht wurde. „Viele Leute sagen, dass ich mit meinen Kindern Glück gehabt habe“, gibt Senior Heinrich Niedermayer zu bedenken. „Das stimmt auch. Aber ich habe sie im Betrieb auch frühzeitig frei walten lassen und mich dann konsequent aus dem Geschäft zurückgezogen.“ ■Lesen SIe hier...... wie die Unternehmensnachfolge bei Auto Niedermayer in Neukirchen funktioniert hat und mit welcher Strategie der Mehrmarkenbetrieb heute erfolgreicher denn je ist.

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