Ausgabe 01-02/2007: Volkswagen / Gottfried Schultz, gegründet bereits ...

Volkswagen / Gottfried Schultz, gegründet bereits im Jahr 1924, ist heute mit über 30 Betrieben im Großraum Rhein-Ruhr einer der größten konzernfreien Vertragspartner des Volkswagenkonzerns in DeutschlandGottfried – der GewaltigeVon Doris PlateObwohl Vater Julius Schultz, Anwalt und Notar in Duisburg, eigentlich einen anderen Berufsweg für seinen Sohn im Sinn hatte, kamen ausgerechnet in seiner Anwaltskanzlei 1924 die Geschäfte von Gottfried Schultz ins Rollen: Der Vater verhandelte mit einem Mandanten, der auf amerikanischen Importautos der Marke "Nash" sitzen geblieben war. Gottfried bot sich an, diese schicken Fahrzeuge zu übernehmen, und fand auch Geldgeber und Abnehmer dafür. Nach diesem gelungenen Start baute der damals gerade 21-Jährige in Duisburg einen Handel mit Gebrauchtwagen auf. Ein riskantes Unternehmen, denn die Wirtschaft hatte sich noch nicht von den Folgen des Ersten Weltkrieges erholt. Von den damals rund 1.000 Anbietern von Personenwagen, Nutzfahrzeugen und Motorrädern überlebten die weitaus meisten die Zeit nach der Weltwirtschaftskrise von 1929 nicht. Auch die deutsche Nobelmarke "Horch" musste sich, um die Auflagen der Banken vor der beabsichtigten Fusion mit DKW, Audi und Wanderer zur "Auto Union" zu erfüllen, von ihren verlustbringenden Werksniederlassungen trennen. Als 1931 auch die Essener Horch-Niederlassung zum Verkauf stand, kaufte Gottfried Schultz sie und verlegte seinen Firmensitz in die Ruhrmetropole. Mit einer Kundendienst-Werkstatt in der Essener Christophstraße und seinem repräsentativen Verkaufsraum an der Huyssenallee konnte der Jungunternehmer richtig Gas geben. "Der geschickte Verkäufer schaffte es, den Stahl- und Zechen-Managern fast doppelt so viele Horch-Fahrzeuge zu verkaufen wie die Konkurrenz Daimler-Benz von ihren Mercedes-Modellen", heißt es in der Firmenchronik. Auch die Marken Audi und DKW, die inzwischen zum Angebot gehörten, entwickelten sich so gut, dass 1936 ein Neubau an der Kruppstraße hinzukam, wo heute noch der Essener Hauptbetrieb seinen Sitz hat. Ersten "privaten" Käfer ausgeliefertAm 18. November 1939 unterzeichnete Gottfried Schultz einen "Hauptwerkstätten-Vertrag" mit der neu gegründeten Volkswagenwerk GmbH in Berlin. Aus dem viel versprechenden Projekt des "Kraft-durch-Freude-Wagens" wurde zunächst allerdings nichts. Kein einziger KdF-Wagen wurde jemals an private Kunden ausgeliefert. Denn noch während die Werksanlagen im Bau waren, brach der zweite Weltkrieg aus, und als 1940 die Produktion in der neuen Fabrik aufgenommen werden konnte, wurden in Folge fast ausschließlich Kübel- und Schwimmwagen für die Wehrmacht hergestellt. Mit dem Ende des zweiten Weltkriegs waren hunderttausende von Sparverträgen für den KdF-Wagen ebenso Makulatur wie der Hauptwerkstätten-Vertrag von Gottfried Schultz. Sein ausgeprägtes Organisationstalent brachte ihn aber bald wieder ins Geschäft. Durch seine Vermittlung gingen Ersatzteile aus ehemaligen Wehrmachtsbeständen in die von den Engländern wieder in Gang gesetzte Wolfsburger Produktion. Er besorgte Bleche für die Karosserie-Produktion und Koks für das Kraftwerk. Bereits 1946 schloss er wieder einen Vertrag mit Volkswagen, zunächst als Hauptverteiler für Zoll, Grenzschutz und die britische Besatzungsmacht. Und so war es dann auch fast kein Zufall, dass es Gottfried Schultz war, der am 17. Juni 1946 den allerersten Volkswagen Käfer ausgeliefert hat, der bis dato für einen privaten Abnehmer bestimmt war. "Der Käfer war die entscheidende Vitamintablette für das Wachstum unseres Unternehmens", urteilt Robert Rademacher, jahrzehntelang Geschäftsführer von Gottfried Schultz. Vom Käfer, der in Deutschland bis 1978 produziert wurde, hat Schultz insgesamt mehr als 500.000 Exemplare verkauft. Aufgrund seiner guten Kontakte vermittelte "Fritz" Schultz in den Nachkriegsjahren auch einige der Männer, die er aus der Vorkriegszeit kannte, in die aufstrebende Fabrik am Mittellandkanal. Dazu gehörte Fritz Frank, der zum Zeitpunkt der Übernahme durch Gottfried Schultz Leiter der Horch-Niederlassung in Essen gewesen war und im Volkswagenwerk zunächst die Verkaufs- und Kundendienstleitung übernahm und später sogar für den Vertrieb verantwortliches Vorstandsmitglied wurde. Und dazu zählte auch der legendäre Generaldirektor Heinrich Nordhoff, dessen Anstellungsvertrag 1947 im Privathaus von Gottfried Schultz ausgehandelt worden war. Und noch ein anderer guter Kontakt stammt aus dieser Zeit: Ferry Porsche, der Sohn des Volkswagen-Konstrukteurs Ferdinand Porsche, führte 1948 einem kleinen Kreis von VW-Händlern, darunter Gottfried Schultz, den Prototyp eines Sportwagens auf Käfer-Basis vor. Um dieses Modell, den Porsche 356, produzieren zu können, bat er diese Händler um Vorfinanzierung. Schultz machte mit und ist so seit Anbeginn bis heute auch einer der großen Porsche-Partner. Gottfried der Gewaltige1949 gründete Schultz als VW-Großhändler eine Niederlassung in Düsseldorf und 1952 Verkaufsbüros in Opladen und Moers sowie 1958 ein weiteres in Mettmann. Dann zog sich "Gottfried der Gewaltige", wie Schultz aufgrund seiner stattlichen Größe von 1,95 Metern genannt wurde, Ende der 50er Jahre aus dem aktiven Geschäft zurück. Völlig unerwartet starb 1961 sein einziger Sohn Kurt, der unter anderem beim belgischen Volkswagen-Importeur D'Ieteren auf seine Aufgabe als Nachfolger vorbereitet worden war, im Alter von nur 31 Jahren an Herzversagen. Deswegen übernahm 1962 Stefan Glasmacher, Ehemann von Schultz-Tochter Marion, die Geschäftsführung des Unternehmens. Im Herbst 1964 erwarb die Volkswagen AG die inzwischen in Ingolstadt ansässige Auto Union von der Daimler Benz AG. Folge: Die großen VW-Händler wurden aufgefordert, auch Audi zu übernehmen. Gottfried Schultz war einer derjenigen, die dies als Chance begriffen, und wurde ab 1965 auch Auto Union-Großhändler. Durch die Vereinigung der Auto Union mit den NSU-Motorenwerken erweiterte sich die Modellpalette ab 1969 auch noch um einige NSU-Modelle, darunter den legendären NSU-Ro 80. 1968 eröffnete Gottfried Schultz in Ratingen-Lintorf das erste – nach modernsten amerikanischen Vorbildern errichtete – Großhandels-Vertriebszentrum (VZ) in der Bundesrepublik. Dorthin zog auch die Firmenzentrale um. Anfang der siebziger Jahre belasteten Ölkrise und Sonntagsfahrverbote das Automobil-Geschäft. Für die Volkswagen-Organisation kam erschwerend hinzu, dass man zu lange am Käfer und am Heckmotor-Konzept festgehalten hatte. Ein Käfer-Nachfolger war noch nicht in Sicht. Versuche von Schultz, zu diversifizieren und in das Geschäft mit Caravans, Motorhomes, Booten und Motorrädern einzusteigen, waren nicht von Erfolg gekrönt. Rademacher und die neue Volkswagen-GenerationIn dieser schweren Zeit wurde Robert Rademacher, damals 33-jähriger Ehemann von Schultz-Tochter Irmgard, gebeten, als Nachfolger von Glasmacher in das Unternehmen des Schwiegervaters einzusteigen. "Zuvor im Holzimportgeschäft gingen meine Dienstreisen nach Rio, San Francisco oder Kuala Lumpur. Mit dem Eintritt in die Autobranche fuhr ich dann nur noch nach Wolfsburg", scherzt der 67-Jährige heute über seinen "beruflichen Niedergang". Aber er hatte das notwendige Quäntchen Fortune: Das erste Volkswagen-Modell der 'neuen' Generation mit wassergekühltem Frontmotor und Frontantrieb war 1973 der vom Audi 80 abgeleitete "Passat". 1974 endete die Krise mit dem Erscheinen des "Golf".Aber schon 1976 stand die nächste Herausforderung an: Die VW- und die Audi-Einzelhandelsorganisationen wurden zusammengeführt. Und auch die Großhandelsstufe veränderte sich radikal: Statt ehedem 80 selbstständigen VW-Großhändlern und sieben werkseigenen Audi-Vertriebszentren waren ab 1976 nur noch 24 VW/Audi-Vertriebszentren für den Großhandel zuständig. An allen VZ war die Volkswagen AG mit jeweils 26 Prozent beteiligt, Gottfried Schultz am VZ Rhein-Ruhr mit 56 Prozent. Firmengründer Gottfried Schultz starb 1980 im Alter von 77 Jahren. Ende 1988 nahm Volkswagen den Neuwagen-Großhandel in die eigene Hand. Die Vertriebszentren waren fortan nur noch für den Teile-Großhandel zuständig. Gottfried Schultz konzentrierte sich somit stärker auf den Einzelhandel. In den späten Achtzigern und Neunzigern wurden sowohl neue Betriebe gebaut als auch vorhandene Betriebe ausgebaut sowie einige Betriebe in der Umgebung übernommen. Ende der 80er Jahre machte Audi die ersten Versuche, sich im Markt stärker zu verselbständigen. 1989 baute Gottfried Schultz in Essen das erste reinrassige Audi Zentrum in Deutschland. Weitere Marken wurden aufgenommen: 1993 kam Seat hinzu, 2002 Bentley und 2003 Skoda. Und: Rademacher hob die Düsseldorfer Automeile am Höherweg aus der Taufe – in unmittelbarer Nachbarschaft des Volkswagen Zentrums Nordrhein. Ende 2005 übergab Robert Rademacher die Geschäftsführung der Gottfried Schultz-Gruppe an Nicholas J. Dunning. Im Mai 2006 wurde Rademacher zum Präsidenten des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe gewählt.Bei dieser Geschichte ist es kein Wunder, dass die Verbindungen zum Volkswagen-Werk "immer sehr, sehr gut" waren. "Die beste Betreuung gab es allerdings zu VZ-Zeiten", erinnert sich Robert Rademacher und freut sich darüber, dass man mit dem neuen VZ Brandenburg zu diesem bewährten System – alles unter einem Dach – wieder zurückkehrt. Hervorragende MarktperspektivenDas Jahr 2006 ist für die Marke Volkswagen eine Erfolgsstory. Laut KBA-Zulassungsstatistik beträgt der Marktanteil 19,8 Prozent (Stand 15. November 2006). Uneingeschränkt treffen unsere Modelle und intelligenten Mobilitätspakete die Erwartungen der Volkswagenkäufer. Darauf sind wir stolz und den Kunden sehr dankbar. Die Marktperspektiven für die Marke Volkswagen sind auch zukünftig hervorragend. Keinesfalls wollen wir uns aber auf der aktuellen Position ausruhen. Für uns kann der Erfolg nur Ansporn sein, die Ziele noch höher zu stecken und dafür hart zu arbeiten.In den nächsten Jahren werden wir unsere Produkte kontinuierlich erneuern und die Modellpalette weiter ausbauen. Dabei setzen wir besonders auf Segmente, die Volkswagen bisher nur wenig oder gar nicht bedient. Dass dies gelingt, haben zum Beispiel Eos, Touran und Touareg eindrucksvoll gezeigt. Aber auch Segmente, in denen Volkswagen früher stark vertreten war, werden zukünftig wieder von uns besetzt. Der neue Scirocco beispielsweise wird an die erstklassigen Eigenschaften von damals anknüpfen. Mit den aktuellen und zukünftig einsetzenden Modellen werden wir einen Rekordwert bei der Abdeckung der Segmente des Gesamtmarkts erreichen. Preiswürdigkeit, Optimismus und Verlässlichkeit haben für uns alle bei Volkswagen höchsten Stellenwert. Daran können uns die Kunden in den kommenden vier Jahren messen, wenn wir mehr als 20 neue Modelle einführen werden. Dieser Herausforderung stellen wir uns voll und ganz. Zum Vertriebs- und Servicenetz der Marke Volkswagen Pkw in Deutschland gehören aktuell 2.510 Volkswagen Partner. Diese verteilen sich auf 1.268 Händler mit Servicevertrag und 1.242 Servicebetriebe. In nächster Zeit werden wir an rund 30 Standorten gezielt neue Händler suchen.Auch in Zukunft setzen wir darauf, dass unsere Volkswagen Partner alles tun, um ihr Marktpotenzial optimal auszuschöpfen. Dabei wünschen wir uns, dass der Handel den Fokus weiterhin auf hohe Kundenzufriedenheit legt. Hierzu haben wir sowohl die Customer Satisfaction Survey (CSS) als auch das Mystery Shopping neu ausgerichtet. Ziel der neuen CSS ist es, mit den Kunden stärker in den Dialog zu treten. Deswegen setzen wir hier auf eine so genannte Vollerhebung und eine personalisierte Befragung. Das neue Mystery Shopping beinhaltet eine schnellere Berichterstattung. Selbst ein telefonisches Feedback zum Testkauf ist jetzt möglich. Darüber hinaus haben wir mit dem Handel ein Leistungsversprechen erarbeitet. In diesem Versprechen werden Leistungen definiert, zum Beispiel "Probefahrten sind für uns selbstverständlich". Der Kunde kann diese Leistungen beim nächsten Besuch in seinem Autohaus einfordern. Bei allen Aktivitäten ist uns aber zugleich die Rentabilität unserer Handelspartner wichtig. Denn nur finanziell gesunde Partner können die Herausforderungen der Zukunft annehmen und bewältigen.

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