Best Practice: Vier Tage Vorlauf

Das Autohaus Schragl in Mindelheim blickt auf eine erstaunliche Wachstumsgeschichte im Service zurück. Seit Alfred Heiß das Autohaus 2010 übernommen hat, wurden die Werkstattkapazitäten fast verdoppelt. Heute schaffen die Monteure des VW- und Audi-Servicepartners über 40 Durchgänge täglich. "Wir haben irgendwann gemerkt, dass die Prozesse nicht mehr zu den Aufgaben im Betrieb passen", erklärt Heiß. Also hat man sich dazu entschieden, die Prozesse umzukrempeln. Nach dem Motto "Entweder ganz oder gar nicht" wurden nicht nur die Verkaufsräume und Arbeitsplätze für Servicemitarbeiter komplett neu konzipiert und erneuert. Auch der gesamte Prozess von der Terminvereinbarung bis zur Reparatur wurde neu definiert. Ein zentraler Bestandteil der neu aufgesetzten Prozesse ist die Teilevorbereitung mit dem 3-0-3 Boxensystem. In den roten und blauen Boxen werden auftragsbezogen alle Teile eines Auftrags abgelegt und für den Monteur bereitgestellt. "Die Wartezeit der Monteure sinkt erfahrungsgemäß pro Durchgang auf 30 Sekunden", erklärt Aftersales-Trainer Arne Büchner, der das System vor einigen Jahren ausgearbeitet und immer wieder verbessert hat. Serviceberater sind der Schlüssel Das Prinzip ist einfach: Im Regal sind die Boxen übersichtlich sortiert, vollständige Aufträge werden entsprechend gekennzeichnet. Sobald ein Auftrag abgearbeitet werden kann, holt sich der Monteur seine Box ab. "Es ist ein rotierendes System. Es beginnt mit der ältesten Auftragsnummer unten links und geht dann sukzessive nach oben rechts. Oben werden die jüngsten Aufträge angelegt, die dann im Laufe des Tages in der Reihung nach unten laufen", erklärt Teiledienstleiter Manfred Sauer das System. Wie die Murmeln in einer Holzkugelbahn laufen die Boxen von oben nach unten. Dass die Boxenreihung funktioniert und die Teile richtig nach Auftragsnummer verteilt werden, dafür sorgt der "Boxenmann". Diese Rolle übernehmen die insgesamt sieben Mitarbeiter im Teiledienst abwechseln jeweils für eine Woche. Der Boxenmann behält die Sortierung der Boxen im Blick, kennt die auflaufenden Aufträge, weiß, wo ggf. noch Teile ausstehen, und kommuniziert über ein internes Messaging-System mit den Serviceberatern. Schon wenige Wochen nach Umstellung auf das System zieht Sauer ein durchweg positives Fazit: "Das System funktioniert sehr gut. Wir sind damit tatsächlich viel schneller und in der Teileversorgung herrscht Ordnung." Das lässt sich auch mit Kennzahlen belegen: Die Teileverfügbarkeit steigt ebenso wie der Umschlagfaktor. Gleichzeitig nimmt der statische Lagerbestand ab und damit das gebundene Kapital. Das Boxensystem funktioniert allerdings nur, wenn Aufträge sorgfältig und vor allem rechtzeitig vorbereitet werden. Hier kommen die Serviceberater ins Spiel. "Wir arbeiten mit einem Vorlauf von vier Tagen", erklärt Arne Büchner das Prinzip. "Wer erst am Vorabend die Aufträge für den Folgetag vorbereitet, ist viel zu spät dran." Alle in der Terminvereinbarung vereinbarten Servicetermine werden von den Serviceberatern qualifiziert und Teile soweit wie möglich vorbereitet. "Bei vielen Terminen lässt sich ziemlich gut voraussagen, welche Teile bestellt werden müssen", bestätigt Manfred Sauer. Das Boxensystem steht und fällt mit der Auftragsvorbereitung. Deshalb sind im Tagesablauf der Serviceberater feste Blockzeiten für diese Tätigkeit reserviert - vier Mal 30 Minuten für jeden Berater. "Dafür haben wir im Rahmen des Umbaus einen eigenen Bereich mit festen Computerarbeitsplätzen für die Serviceberater eingerichtet", erklärt Inhaber Heiß. Die Serviceberater sind dort nicht im Kundenkontakt und können sich dort voll und ganz auf die Auftragsvorbereitung konzentrieren. Ein weiteres Prinzip im Boxensystem: Teile werden nicht auf Vorrat eingelagert, sondern bestellt, sobald sich auftragsbezogen der Bedarf dafür ergibt. "Es ist sinnvoll, die schlagkräftige Ersatzteilelogistik eines Herstellers wie VW zu nutzen. Fast alle Teile sind innerhalb von 24 Stunden lieferbar", erklärt Büchner. Dem Aftersales-Trainer sind überdimensionierte Teilelager im Autohaus ein Graus. Im nächsten Schritt soll daher auch in Mindelheim das Teilelager, das derzeit eine durchschnittliche Reichweite von zirka 1,1 Monaten hat, noch etwas schlanker gemacht werden. Das jetzt eingeführte Boxensystem ist dazu gewissermaßen eine Vorübung. Kurzfassung Schnellere Abläufe im Service, sinkender Lagerbestand an Ersatzteilen bei steigender Teileverfügbarkeit - das sind die ersten Erfolge nach Einführung des 3-0-3-Boxensystems zur Teilevorbereitung beim Autohaus Schragl in Mindelheim. Die Umstellung dort ist eingebettet in ein ganzes Maßnahmenbündel. 3-0-3 Boxensystem Das 3-0-3 Boxensystem ist laut Erfinder Arne Büchner (Foto unten) die ideale Vorstufe für ein schlankes Lager im Autohaus. Es setzt auf klar zugewiesene Verantwortlichkeiten, schnelle Kommunikation über das IT-System und die sorgfältige Auftragsvorbereitung:- Aufträge werden vier Tage vor dem eigentlichen Termin qualifiziert und vom Serviceberater vorbereitet- Teile werden bedarfsgerecht und auftragsbezogen bestellt- Nach der Warenannahme werden die Teile von einem festen Verantwortlichen auftragsbezogen auf Boxen verteilt- Im rollierenden Boxensystem wandern die Boxen von oben nach unten- komplette Aufträge werden entsprechend gekennzeichnetIm zweiten Schritt kann das Bestandslager nach dem 4-K-Locatorsystem optimiert werden. Teile werden nach vier Kriterien sortiert: Volumen, Masse, Gefährdungsgrad und Zugriffe pro Jahr. Schnelldreher liegen damit immer ganz vorne.

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