Originalersatzteile: Strahlkraft der Marke

Nach außen hin besitzt der Begriff "Original" bei den Kunden immer noch eine erhebliche Anziehungskraft und Werbewirksamkeit! Das "Original" scheint immer das Wertvollere, das Bessere zu sein, unabhängig davon, ob eine andere Variante nicht mindestens genauso gut sein könnte als eben das Original. Die Originalersatzteile im Automobil-Aftersales versprechen so auch eine besondere Qualität, die ein Kaufmotiv der Kunden, die Sicherheit - im besonderen Maße - unterstreicht. Die Autohäuser tun gut daran, diese Tatsache gut zu nutzen. Die Argumente der Fahrzeug-Hersteller liegen klar auf der Hand: Das Original (-Teil) für das Original(-Fahrzeug) - nichts ist besser! Dieser Ansicht kann man gerne folgen, in den Werbeflyern kommt sie auch deutlich zum Ausdruck: - Lange Standzeiten durch geprüfte, beste Herstellungsqualität - Hohe Passgenauigkeit (obwohl dieses Argument eher für die Monteure in den Werkstätten von großer Bedeutung ist, insbesondere bei den Karosserieteilen) - Verlässliche Qualität und Versorgung, auch bis zu 15 Jahre nach Produktionseinstellung des entsprechenden Modells - Immer auf dem neuesten Stand der Produktionstechnik Das System Originalteile Jeder Branchenkundige weiß, dass mit den Ersatzteilen - egal ob Original oder Nachbauteil - sehr gute Ergebnisse erzielt werden können. Erträge, die denen des Handels mit Automobilen weit überlegen sind. In den Ertragsrechnungen der markengebundenen Kfz-Betriebe liegt der erzielte Bruttoertrag je nach Marke zwischen 25 bis 35 Prozent im Mittel, für die Hersteller verbleibt ebenso ein ordentlicher Batzen an Gewinnen mit dem Handel der verschiedensten Fahrzeugteile, obwohl sie selbst nur noch etwa 20 Prozent aller für ein Automobil notwendigen Teile selbst herstellen. Der Rest wird von der Zulieferindustrie gefertigt und dem Markt zur Verfügung gestellt. Dass ein derartiges Geschäft die Konkurrenz zum "Mitmachen" nahezu herausfordert, ist auch klar. So hat sich ein Riesenmarkt mit dem Handel von Originalersatzteilen, Nachbau- und Ident-Teilen aus vielerlei Quellen in unterschiedlichster Qualität gebildet, der einerseits mit Online-Vertriebsmodellen um die Gunst der Endkunden direkt wirbt, andererseits aber auch den Weg in die Teileläger der Werkstätten finden möchte. Für die Markenwerkstätten ist die Bezugsquelle "Hersteller" systembedingt der Ansprechpartner Nummer 1! Nicht nur wegen der teilweisen vertraglichen Bindungen, sondern auch wegen augenfälliger logistischer Vorteile. Der Teile-Nachschub ist über die Herstellerschiene bestens organisiert und von dieser Seite her wird alles unternommen, um diesen Status gegen starke Konkurrenz auch zu behaupten. Die (vom Hersteller geprägte, einseitige) Schulung der Teiledienst-Mitarbeiter, die eingefahrenen Bestellabläufe und die prozesssichere Abwicklung der Garantiefälle sind schlagende Argumente. Das System hat aber auch gravierende Nachteile: Wenn man einen kritischen Blick in die Teilebestände beim Markenhändler wirft, so trifft man häufig auf betriebswirtschaftlich unvorstellbar miserable Lagerumschlagszahlen, z. B. von "6 x p. a. und darunter"! Hier werden Bestände durch den sogenannten "automatischen Nachschub" aufgebaut und nicht rechtzeitig korrigiert. Mit jeder Neuerscheinung werden die Läger weiter gefüllt und verschiedene Aktionen verlangsamen den Umschlag weiter. Zweite Teileschiene Das System des freien Teilehandels scheint Vorteile zu besitzen. Nur langsam orientieren sich die Hersteller an den Belieferungssystemen des freien Teilehandels, die zumindest in den Ballungsgebieten mehrmals am Tag Bestellungen anliefern. Eher neidvoll blickt man über den Zaun in die Teileläger der freien Betriebe, die markant wenig Vorrat beinhalten und so ein Stück weit ertragreicher arbeiten - also nicht nur in der Kalkulation für den Kunden. Eine weitere Anmerkung gilt auch der Führung in den Betrieben. Weil die Erträge im Teiledienst mehr oder weniger automatisch auflaufen, kümmert man sich weniger um diesen Bereich, obwohl hier der Wandel vom passiv agierenden Bestellwesen hin zur aktiven Logistikabteilung längst im Gange ist. Wie können die Teile-Offerten verschiedener Anbieter wirkungsvoll genutzt werden? Wie kann man den freien Einkauf mit den Boni-Abkommen vorteilhaft verbinden? Wie baut man ein aktives Angebot für Verschleißteilreparaturen älterer Fahrzeuge (75 % des Marktes macht das Segment II/ III aus) mit entsprechenden günstigeren Ersatzteilen (z. B. Identteile aus sicherer Quelle, Teileangebote der 2. Schiene des Herstellers) auf? Mit welcher Teilephilosophie packt man die kostengünstige Instandsetzung von Segment-II-Gebrauchtfahrzeugen an? Wie kann man dem Wettbewerb im Reparaturgeschäft die Stirn bieten? Viele Hersteller haben dazu in letzter Zeit reagiert und eine sogenannte "zweite Teileschiene" speziell für die Zielgruppe Segment II/III ins Angebot gestellt, das aber nur zögerlich in die Kalkulation und vor allen Dingen ins Marketing der Vertragswerkstätten Einzug findet. Man könnte damit quasi mit Originalersatzteilen den Alternativangeboten die Stirn bieten. Manche verfolgen aber einen simplen Rechnungsansatz: 30 Prozent von 100 Euro sind mehr als von 75 Euro - oder man setzt auf diese vergünstigten Teile gar die Kalkulationsformel der 1. Teileschiene zur Ertragsmaximierung an! Im Prinzip kann man mit den Originalteilen der Hersteller dem freien Markt durchaus Paroli bieten - man muss es nur wollen. Pro und Contra Obwohl man seitens der Markenwerkstätten häufig das Preisniveau der Originalteile bemängelt und so Kundenverluste rechtfertigt, kann man auch einen genau umgekehrten Trend beobachten. So manche freien Werkstätten bedienen sich der Angebote der Originalersatzteile und werben genau mit den Argumenten der Markenbetriebe um die Aufmerksamkeit ihrer Kunden, sie nutzen die Anziehungskraft des Originals. Das NORA Zentrum in Wolfsburg hat sich schon lange auf das Originalteilegeschäft fokussiert und beliefert die Kunden mehrmals täglich mit Originalteilen. Auch Anbieter wie z. B. die OTD Originalteile-Direkt GmbH (www.originalteile-direkt.de) oder die EFA (www.autoteilewelt.de) bieten hier den Händlern die Möglichkeit, ihr Teilegeschäft professionell im Internet individuell darzustellen, wobei die Geschäftsbeziehung immer zwischen Händler und Besteller bleibt. Man kann das Teilegeschäft unter dem Aspekt Für und Wider Originalteile von zwei Seiten sehen: 1. Das Original ist das Original! Es gibt viele Aspekte, die dafür sprechen - und leider viel zu wenig von den Markenbetrieben im Marketing eingesetzt werden. Beste Qualität hat seinen Preis und dafür muss man mit Vorteilen werben. 2. Jenseits des Originals gibt es sicher preisgünstigere Varianten von ebenfalls guter Qualität. Die Frage stellt sich, ob man damit mehr Markt gewinnen kann und ob es möglich ist, trotzdem auskömmliche Margen zu erwirtschaften. 3. Nachbauteile mit unzuverlässiger Produktionsquelle gehören nicht in die Läger der Kfz-Werkstätten, egal ob frei oder markengebunden. Wer das Thema "Ersatzteile" in der aktuellen Wettbewerbslandschaft neu als "Logistik" interpretiert, der akzeptiert, dass der Teiledienst auch unter Marketingaspekten gesehen werden muss, der wird sich dem Thema Originalersatzteile positiv zuwenden. GVO-Definition O-Teile Originalersatzteile sind Ersatzteile, die von gleicher Qualität sind wie die Bauteile, die für die Montage des Neufahrzeugs verwendet werden oder wurden und die nach den Spezifizierungen und Produktionsanforderungen hergestellt wurden, die vom Kraftfahrzeughersteller für die Herstellung der Bauteile oder Ersatzteile des fraglichen Kraftfahrzeugs vorgegeben wurden. Dies umfasst Ersatzteile, die auf der gleichen Produktionslage hergestellt werden wie diese Bauteile. Es wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass Ersatzteile Originalersatzteile sind, sofern der Teilehersteller bescheinigt, dass diese Teile von gleicher Qualität sind wie die für die Herstellung des betreffenden Fahrzeugs verwendeten Bauteile und dass sie nach den Spezifizierungen und Produktionsanforderungen des Kraftfahrzeugherstellers hergestellt wurden. Erwin Wagner ist selbständiger Berater und Trainer in der Automobil- und Mineralölbranche (www.mdwwagner.de). Zudem ist er seit vielen Jahren Autor von AUTOHAUS-Fachbüchern und Trainer bei der AUTOHAUS-Akademie.www.mdw-wagner.de

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