Ausgabe 09/2012: „Verdammt viele Stars“

„Verdammt viele Stars“Gütegemeinschaften – Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels steht die Entwicklung der vorhandenen Mitarbeiter im Autohaus im Vordergrund. von Christian Frederik MertenZu ihrer dritten gemeinsamen Jahrestagung trafen sich die Gütegemeinschaften „Geprüfter Automobilverkäufer“ (GAV), „Geprüfter Automobilserviceberater“ (GASB) und „Geprüfter Automobil-Teile- und -Zubehörverkäufer“ (GATZV) am 18. und 19. April in Unterschleißheim bei München. Neben den Entwicklungen und Projekten seit der letzten Jahrestagung im Frühjahr 2011 stand eine Personalie im Mittelpunkt des Treffens: Frank Wielpütz, bei Toyota Deutschland für das Händlertraining und die Händlerentwicklung zuständig, löst Frank Denzin als GASB- und GATZV-Geschäftsführer ab. Denzin gibt sein Amt im Zuge seiner Berufung zum Vertriebsdirektor von Volvo Car Germany auf.Gemeinsames LeitbildWichtiges inhaltliches Thema der Jahrestagung war das Selbstverständnis der Gütegemeinschaften. Die Geschäftsführer präsentierten den Mitgliedern in München den Entwurf eines Leitbildes, dessen Säulen GAV, GASB und GATZV auf der Nachwuchsförderungskampagne fußen und das explizit auch die Führungskräfte mit ins Boot nimmt. Dieses Leitbild steht nun zur weiteren Diskussion.Weitere Themen waren die Qualifizierung der Gebrauchtwagenverkäufer sowie die Zusatzqualifikation „Verkäufer-Plus“. Mit der Qualifizierung der Gebrauchtwagenverkäufer wollen die Gütegemeinschaften das Berufsbild des Gebrauchtwagenverkäufers aufwerten beziehungsweise etablieren. Die entsprechende Arbeitsgruppe traf sich seit 2011 fünfmal und stellte in München die vorläufigen Entwürfe mehrerer Umsetzungsverfahren vor. Die Vorschläge lauteten im Detail: Zwei getrennte Ausbildungen für Neu- und Gebrauchtwagenverkäufer mit je 20 Schulungstagen. Die sogenannte Y-Variante mit gemeinsamen Basisinhalten (14 Tage) und anschließend einer separaten Ausbildung für Neu- und Gebrauchtwagenverkäufer (jeweils sechs Tage). Zwei Zertifikate in einer Ausbildung: 14 Tage Basisinhalte plus sechs Tage Neuwageninhalte plus sechs Tage Gebrauchtwageninhalte. Eine sechstägige Zusatzausbildung zum Thema Gebrauchtwagen aufbauend auf die bestehende Ausbildung der Neuwagenverkäufer.Die Entwürfe sollen auf einem Treffen der Arbeitsgruppe im Mai oder Juni zur Entscheidungsreife gebracht werden.Zusatz für Geprüfte VerkäuferDie Zusatzqualifikation „Verkäufer-Plus“ soll zertifizierten Automobilverkäufern dagegen die Möglichkeit zur Weiterqualifikation geben. Während die Vorstellungen zum zertifizierten Gebrauchtwagenverkäufer bereits sehr konkret sind, befindet sich der „Verkäufer-Plus“ noch in der anfänglichen Konzeptphase. Die Zielrichtung ist allerdings klar: Der „Verkäufer-Plus“ soll zur Kompetenzfeststellung und Positionsbestimmung der Geprüften Verkäufer dienen. Darauf aufbauend gäbe es für die Verkäufer dann die Möglichkeit zur Weiterqualifizierung in bestimmten Themenbereichen. Damit könnte sich der Verkäufer-Plus auch als Ansatz zur Rezertifizierung der Geprüften Verkäufer entwickeln.Neben den geplanten neuen Inhalten beschäftigten sich die Teilnehmer der Jahrestagung aber auch mit den Ergebnissen einer von den Gütegemeinschaften initiierten Berufsgruppenbefragung. Grundlage der Ergebnisse waren zwölf Gruppendiskussionen mit Geprüften Serviceberatern und Geprüften Automobilverkäufern. Auf der Jahrestagung standen dabei vor allem die Serviceberater im Fokus des Interesses. Das Kernergebnis: Sie sehen sich mit ihren Kenntnissen, Fähigkeiten und ihrer Motivation als richtige Menschen am richtigen Platz, beklagen aber viele interne wie externe Hürden, die ihnen die Arbeit erschweren. Die Serviceberater wünschen sich insbesondere mehr Transparenz und Verzahnung der Arbeitsbereiche und Prozessabläufe, fach- und funktionsübergreifende Schulungen, Führungskräfteschulungen zur Mitarbeiterführung und zum Thema Zielvereinbarungen, eine öffentliche Plattform zu den Themen „Werterhalt des Autos“ und „Wichtigkeit fachgerechter Reparaturen“ als Argumentationshilfe gegenüber den Kunden sowie eine Mentoringinitiative, um das Wissen älterer Kollegen besser an die jüngere Generation weitergeben zu können.Sehr zufrieden waren die Befragten mit der Ausbildung zum Geprüften Serviceberater. Sie sei praxisorientiert und zeichne sich durch kompetente Trainer aus.Interview mit den GeschäftsführernWährend der Jahrestagung der Gütegemeinschaften sprach AUTOHAUS mit den Geschäftsführern über wichtige Handlungsfelder und die künftige strategische Ausrichtung:AH: Herr Wielpütz, was haben Sie sich als neuer Geschäftsführer GASB und GATZV vorgenommen?F. Wielpütz: Ich würde die vielen Fachleute in den Gütegemeinschaften gerne noch mehr aktivieren. Jeder hier hat so viele gute Ideen. Und was mir vorschwebt: das Thema Personalentwicklung bei den Führungskräften im Autohaus noch stärker ins Bewusstsein zu rücken.Fokusthema PersonalentwicklungAH: Personalentwicklung also als Fokusthema der Gütegemeinschaften?B. Behrens: Ja, wir müssen uns mehr auf die Mitarbeiterschaft konzentrieren. Die Demografie zeigt uns: Wir werden in Zukunft nicht in genügendem Maße externes Personal bekommen. Wir müssen mehr interne Personalentwicklung betreiben.W. Günzel: Wir stellen ja schon heute in allen Publikationen dar: Welche Aufstiegsmöglichkeiten habe ich, vom Mechatroniker zum Serviceleiter oder vom Automobilkaufmann zum Verkaufsleiter. Aber wie kommt das an? Genau da setzt die Personalentwicklung im Autohaus an. Die Führungskräfte müssen gucken, welche Vakanzen sie in zehn Jahren haben und wen sie sich schon jetzt zur weiteren Qualifikation dafür aussuchen. Mitarbeiter von draußen hereinzuholen, wird unheimlich schwierig. Wir müssen aus dem eigenen Nachwuchs generieren.F. Wielpütz: Ich zitiere einen Teilnehmer der letzten Jahrestagung: „Ich gucke als Führungskraft in meinen Laden und suche nach den Stars in meinem Unternehmen.“ Wir haben schon sehr viele Stars unter den Serviceberatern und Verkäufern. Und die dümpeln noch ein bisschen vor sich hin. Aber wenn ich mir die Demografie anschaue, dann entwickle ich doch meine eigenen Leute weiter.Führungskräfte einbeziehenAH: Im Leitbildentwurf stehen die Führungskräfte übergreifend über GAV, GASB und GATZV. Was heißt das praktisch?W. Günzel: Wir haben als Basis ein Nachwuchsförderungskonzept und darauf aufbauend die Gütegemeinschaften. Als revolutionärer Ansatz wäre sicher eine Gütegemeinschaft für Führungsqualifizierung denkbar. Für Verkaufsleiter, Teiledienstleiter oder Serviceleiter. Da gibt es viele gleiche Grundelemente im Hinblick auf die Führung oder Personalentwicklung.F. Wielpütz: Die Frage ist doch: Wer macht etwas für die angehenden Führungskräfte. Das Toyota-Managementprogramm war bislang ein Angebot für bereits tätige Führungskräfte. Ich habe das Programm erweitert und geöffnet und unseren Geprüften Serviceberatern und Verkäufern gesagt, ihr könnt da auch rein, das ist eure Chance. Das wird nicht ganz leicht, aber ich glaube, wir können nur von unten nach oben strahlen, denn das Top-Management im Autohaus erreichen wir noch nicht.Evolutionäre EntwicklungAH: Was sind darüber hinaus die dringlichsten Aufgaben der Gütegemeinschaften?W. Günzel: Ich sehe vor allem eine kontinuierliche Weiterentwicklung.M. Fligge: Das kann ich aus Verkaufssicht bestätigen. Wir sollten aber nicht mehr nur isoliert die Berufsbilder betrachten, sondern auch die Themen Führung, Prozesse und Rahmenbedingungen stärker in den Mittelpunkt stellen. B. Behrens: Ich finde die Entwicklung unseres Leitbildentwurfs ganz wichtig. Die Schärfung des Fundaments der Nachwuchsförderungskampagne, die weitere Verzahnung der drei Gütegemeinschaften. Das müssen wir weiter herausarbeiten.AH: Wie hat sich die Bedeutung der Gütegemeinschaften in der Vergangenheit – auch mit Blick auf den Fachkräftemangel – entwickelt?W. Günzel: Wir haben einheitliche Berufsbilder für die Branche geschaffen, und wir haben eine markenübergreifende Anerkennung dieser Berufsbilder. Das ist eine Personalentwicklung in der Kfz-Branche, die ihresgleichen sucht. Dadurch haben wir vielleicht einen kleinen Vorteil anderen Branchen gegenüber, was den Fachkräftemangel anbelangt. Weil wir Entwicklungsmöglichkeiten haben und die Menschen eventuell zu uns kommen. Deshalb gilt es auch das Fundament (Anm. d. Red.: die Nachwuchsförderungskampagne) zu schärfen, um darüber weiter Nachwuchs zu generieren. F. Wielpütz: Es gibt heute keinen Serviceberater, der nicht weiß, dass es einen Geprüften Serviceberater gibt. Keinen Verkäufer, der den Geprüften Verkäufer nicht kennt. Die Geprüften Verkäufer und Serviceberater sprechen darüber. Das finde ich klasse, das hat es früher nicht gegeben. Da ist unsere Branche wirklich ganz weit vorne.M. Fligge: Wir haben in meinen Augen sogar die Händler erreicht. Für die sind der Geprüfte Serviceberater und Geprüfte Automobilverkäufer ein akzeptierter Standard und kein Kostenfaktor.Austausch mit dem HandelAH: Wie stellen Sie sich einen intensiveren Austausch mit dem Handel vor?M. Fligge: Wir haben zu dieser Jahrestagung drei Händler eingeladen und wir haben viel Feedback von ihnen bekommen. Das ist ein erster Schritt, auch Händler in unsere Arbeit zu integrieren.F. Wielpütz: Wir könnten künftig zum Beispiel sagen, dass jede Marke einen Händler mitbringt. Natürlich auch kritische, um in die kontroverse Diskussion zu gehen. Ich bin sicher, dass sich da der ein oder andere Händler zu Wort meldet.Zusätzliche QualifikationenAH: Zur GW-Verkäuferqualifizierung...B. Behrens: Die Arbeitsgruppe zur Qualifizierung der Gebrauchtwagenverkäufer ist bereits sehr final. Es gibt ja schon Programme für den Gebrauchtwagenverkäufer. Deshalb war es das Ziel, ein für alle sinnvolles und nicht redundantes System aufzusetzen. Die nächste Sitzung zum Gebrauchtwagenverkäufer findet im Mai oder im Juni statt, dann geht es um die Abstimmung weiterer Details. Ich gehe davon aus, dass bereits in der zweiten Jahreshälfte die ersten Pilotierungen starten werden. Im ersten oder zweiten Quartal 2013 können unter Umständen schon die ersten Zertifizierungen anlaufen.AH: Wie möchten Sie die geplante Zusatzqualifikation „Verkäufer-Plus“ entwickeln?M. Fligge: Immer mehr Geprüfte Automobilverkäufer fragen nach einem branchenspezifischen, einheitlichen Weiterbildungsansatz. Deshalb ist das eine erste Idee für eine systematische Weiterentwicklung der Verkäufer.B. Behrens: Es geht um die Weiterqualifizierung der Geprüften Verkäufer. Dazu brauchen wir aber mehr Mitglieder, die sich dieses Themas annehmen. Deswegen haben wir das hier platziert. Nächster Schritt wird eine Befragung über die Teilnahmebereitschaft der Mitglieder sein. Denn es geht ja auch um Investitionen.AH: Herr Denzin, ein Schlusswort...F. Denzin: Ich habe meinen Traum erfüllt, die GATZV ist da. Das ist die Berufsgruppe, die wir immer außer Acht gelassen haben. Wir reden immer nur vom Serviceberater und Verkäufer. W. Günzel: Die GATZV ist da, aber noch nicht durchgängig von allen positioniert. Da wünschen wir uns auch noch mehr Beteiligung.F. Denzin: Zwölf Herstellermarken sind dabei. Wenn man über ein ganzheitliches Personalentwicklungsprogramm redet, dann muss man über alle Fakultäten reden. Deshalb war für mich klar: Was ist mit dem Teiledienst, was mit den Zubehörverkäufern? Und da haben wir uns etabliert. Wir haben natürlich die Chance, das noch weiter auszubauen. Der nächste Schritt muss dann sein, über die Führungskräfte zu sprechen und das, was wir seit zehn Jahren erfolgreich in der Ausbildung machen, weiter zu stabilisieren und zu stützen.AH: Vielen Dank für das Gespräch!Lesen SIe hier...... mehr über die Ergebnisse der dritten gemeinsamen Jahrestagung der Gütegemeinschaften.Kurzfassung1. Die Gütegemeinschaften GAV, GASB und GATZV entwickeln Strukturen und Inhalte kontinuierlich weiter.2. Wichtige Themen auf der dritten gemeinsamen Jahrestagung waren die Qualifizierung von GW-Verkäufern, die Zusatzqualifikation Verkäufer-Plus sowie die Ergebnisse der Berufsgruppenbefragung.3. Im Interview äußern sich die Geschäftsführer zur weiteren strategischen Entwicklung der Gütegemeinschaften. Die Geschäftsführer■ Birgit Behrens, ZDK-Geschäftsführerin Berufsbildung (GAV, GASB, GATZV)■ Michael Fligge, Commercial Training Manager Alfa Romeo, Abarth, Jeep bei Fiat Group Automobiles Germany (GAV)■ Werner Günzel, Leiter Ressort Service Organisationsentwicklung bei VW (GASB, GATZV)■ Heiko Schmidt, Leiter Qualifizierung Handel bei Audi (GAV)■ Frank Wielpütz, Dealer Training bei Toyota Deutschland (GASB, GATZV)HintergrundDie Gütegemeinschaften GAV, GASB und GATZV werden gemeinsam vom VDA, VDIK sowie dem ZDK getragen. Sie legen einheitliche Standards für die Ausbildung von Verkäufern, Serviceberatern sowie Teile- und Zubehörverkäufern fest. Zur Sicherstellung dieser Standards werden die Trainingsprogramme der teilnehmenden Hersteller und Importeure auch nach der Erstzertifizierung regelmäßig überprüft.

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