Der Wachstumstrend der großen Automobilhändlergruppen Deutschlands ist gebrochen. Im vergangenen Jahr verkauften die Top-100-Autohäuser 711.008 Neuwagen – 2,6 Prozent weniger als 2017. Damit schnitten die Megadealer schwächer ab als der Gesamtmarkt (minus 0,2 Prozent), wie aus einer Studie des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA) hervorgeht. Nach wie vor stehen die Gruppen für ein Fünftel des NW-Volumens auf dem deutschen Markt. Ihr Anteil von 20,6 Prozent schrumpfte aber 2018 um 0,6 Punkte.
Auch mit Blick auf das Gebrauchtwagengeschäft waren die Verkaufszahlen rückläufig. Die IfA-Experten beobachteten im vergangenen Jahr ein Minus von 3,1 Prozent, wohingegen der Gesamtmarkt nur rund 1,4 Prozent nachgab.
Branchenprimus beim Fahrzeugabsatz war erneut die AVAG Holding, die ihre Verkäufe um fast sieben Prozent auf 129.479 Prozent steigerte. Platz zwei verteidigte Gottfried Schultz mit 68.851 vermarkteten Neu- und Gebrauchtwagen (plus 4,7 Prozent). Der dritte Rang ging erneut an die Feser-Graf Gruppe (52.500 Einheiten, minus 3,1 Prozent). Auch in der aktuellen Top-100-Studie fehlt die Emil Frey Gruppe, die ihre Geschäftszahlen nicht kommuniziert.
Trotz schwächerer Verkäufe steigerten die großen Autohäuser ihre Erlöse, unter dem Strich waren es im vergangenen Jahr 39,8 Milliarden Euro – nach 38,8 Milliarden im Jahr davor. Die Unternehmen generierten damit rund 22 Prozent des Umsatzes im Kfz-Gewerbe, ihre Entwicklung verlief nahezu identisch mit der Zunahme des Branchendurchschnitts: plus 2,85 Prozent bzw. plus 2,6 Prozent.
Die Analyse der Umsatzrenditen zeigt: In den vergangenen fünf Jahren stagnierten die Top-Player – laut IfA sind die Werte für 2015 und 2018 mit jeweils 1,5 Prozent sogar identisch (Vorjahr: 1,4 Prozent). Gleichwohl lag die Profitabilität zuletzt oberhalb des Branchendurchschnitts von 1,2 Prozent. Bei der Beschäftigung ergab sich ein Zuwachs von 3,3 auf 81.654 Mitarbeiter, damit stehen 18 Prozent der Beschäftigten im hiesigen Kfz-Gewerbe bei den großen Gruppen in Lohn und Brot.
"Konsolidierungswelle auf Betriebsebene folgt"
Trotz des durchwachsenen Abschneidens geht Studienleiter Prof. Stefan Reindl davon aus, "dass sich aus der eher zurückhaltenden Performance im vergangenen Jahr keine weichenstellenden Entwicklungslinien für die Top-100-Autohausunternehmen ableiten lassen". Der Konsolidierungsprozess der Branche habe vorerst an Intensität verloren, er gehe jedoch weiter. "Nach der Konsolidierung auf Unternehmensebene folgt eine weitere Welle auf Betriebsebene", so der IfA-Chef.
Nach Ansicht des Autoexperten werden die disruptiven Branchenumbrüche die Strukturen in den Vertriebsnetzen hinsichtlich Leistungserstellung und neuen Angebotsformen massiv beeinflussen. Davon betroffen sei allerdings zunächst die Industriestufe. "Mit einem gewissen Zeitversatz werden sich die Entwicklungen aber auch in den Vertriebskanälen – also auch bei den Automobilhändlern – niederschlagen." Vor diesem Hintergrund forderte Prof. Reindl die Kfz-Unternehmen auf, die Herausforderungen proaktiv anzunehmen.
Dass sich die Branche komplett von ihrem klassischen Geschäftsmodell verabschiedet, glaubt der Branchenkenner nicht: "Es ist davon auszugehen, dass die Autohersteller auch künftig an stationären Vertriebsformen und insbesondere an Autohausbetrieben festhalten werden." Würde man auf Herstellerebene auf vorhandene Netze gänzlich verzichten, müssten erst neue Strukturen aufgebaut werden. Dies wäre mit massiven Kosten und Investitionen verbunden. Gerade leistungsfähige Automobilhändlergruppen für Hersteller und Importeure dürften deshalb auch künftig eine "tragende Rolle in veränderten Vertriebsstrukturen spielen", hieß es. (rp)
Die jährliche IfA-Studie "Die Top 100 Händlergruppen in Deutschland" bietet neben den wesentlichen Kennzahlen auch detaillierte Analysen zu den 20 größten Unternehmen, Daten zur längerfristigen Entwicklung sowie eine Untersuchung zu Zukunftsfeldern des Automobilhandels. Sie kostet 149 Euro zzgl. MwSt und kann über Anita Albrecht (anita.albrecht@ifa-info.de / Tel.: 07331 22 440) bezogen werden.