"Auch ein Sondervermögen für Infrastruktur, wie es jetzt verhandelt wird, entsteht nicht im luftleeren Raum“, erklärt ZDK-Präsident Arne Joswig anlässlich der heutigen ersten Lesung des Gesetzentwurfs der angehenden Koalitionäre von CDU/CSU und SPD zum geplanten 500-Milliarden-Euro-Paket im Bundestag.
"Langfristig müssen auch diese Kredite aus dem Staatshaushalt zurückgezahlt werden. Wir haben die ernsthafte Sorge, dass sich bei der Suche nach Einnahmequellen die Diskussion sehr schnell auf Themen, wie beispielsweise eine Pkw-Maut, die alle Autofahrer gleichermaßen belastet, konzentrieren wird. Stattdessen müssen wir wieder zum Finanzierungskreislauf "Straße finanziert Straße" bei der Verwendung der Einnahmen der Lkw-Maut zurückfinden," so Joswig.
ZDK: "Überlegungen völlig unangebracht"
Derartige Überlegungen wären angesichts der vielfältigen und üppigen Einnahmequellen im Straßenverkehr ― insbesondere durch Steuern auf Kraftstoffe und Kraftfahrzeuge, wie auch die CO2-Bepreisung und Lkw-Maut sowie neuerdings die um das Dreißigfache erhöhte Anwohner-Parkgebühren in Städten und Gemeinden ― völlig unangebracht.
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"Insgesamt spült der Straßenverkehr 80 Milliarden Euro jährlich in die öffentlichen Kassen", erläutert Joswig. "Bei Ausgaben von Bund, Ländern und Kommunen von derzeit circa 20 Milliarden Euro für die Straßeninfrastruktur ist das kein guter Deal für die Autofahrer."
Auch die geplanten hohen Investitionen in öffentliche Infrastruktur würden keine Mehrbelastung des motorisierten Individualverkehrs rechtfertigen. "Von den 500 Milliarden Euro sind 100 Milliarden für die Kommunen vorgesehen, der Rest wird über zehn Jahre auf zahlreiche Bereiche verteilt.“ Zivil- und Bevölkerungsschutz sollen dabei genauso berücksichtigt werden, wie Krankenhäuser, Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur, Digitalisierung und die Energieinfrastruktur. "Bei den Bemühungen dieses Sondervermögen aufzulegen, erwarte ich von den Koalitionären ein klares Bekenntnis dazu, die über 50 Millionen Autofahrerinnen und Autofahrer in Deutschland nicht noch stärker zu belasten."
Deutsche Bahn: Finanzbedarf bei rund 80 Milliarden Euro
Bei der Deutschen Bahn klafft ein riesiges Finanzierungsloch für den Erhalt und den Ausbau des Schienennetzes. Allein für die Modernisierung des Bestandsnetzes, die Sanierung wichtiger Korridore, die Grundlagen für die Digitalisierung sowie für kleine und mittlere Maßnahmen beläuft sich der Finanzbedarf bis 2034 auf rund 80 Milliarden Euro.
Fast doppelt so viel Geld ist demnach notwendig, wenn auch der Aus- und Neubau des Netzes sowie die beschleunigte und erweiterte Digitalisierung berücksichtigt würden. Solche sowie weitere Zusatzmaßnahmen "können zu einem Gesamtbetrag aus dem Sondervermögen in Höhe von circa 150 Milliarden Euro führen", geht aus den Unterlagen für den Bahn-Aufsichtsrat hervor.
Für die Bahn-Finanzierung sei eine dreiteilige Priorisierung erforderlich, heißt es. Zunächst soll demnach das Bestandsnetz inklusive Bahnhöfe saniert werden. Im zweiten Schritt müsse es um die Grundlagen für digitale Leit- und Sicherheitstechnik gehen. Drittens folge der Neu- und Ausbau.
Marodes Schienennetz wesentlich für Verspätungen
Das Schienennetz in Deutschland gilt als marode und unterfinanziert - und als Hauptgrund für die hohe Verspätungsquote des bundeseigenen Konzerns. Das Unternehmen hat deshalb ein umfangreiches Sanierungsprogramm gestartet, das unter anderem die Modernisierung von mehr als 40 vielbefahrenen Streckenkorridoren vorsieht.
Doch spätestens seit dem Zerbrechen der Ampel-Koalition ist unklar, wie es mit der langfristigen Finanzierung der Infrastrukturmaßnahmen weitergeht.
Bei ihren Sondierungen für eine mögliche künftige Koalition hatten Union und SPD ein schuldenfinanziertes Sondervermögen für Infrastruktur sowie eine Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben vereinbart. Die Pläne erfordern Grundgesetzänderungen, für die in Bundestag und Bundesrat Zwei-Drittel-Mehrheiten benötigt werden.