Mercedes-Benz Servicepartnertagung: Servicebetriebe müssen ihren Platz finden

Die Betriebe der Mercedes-Benz Servicepartner führen angesichts schrumpfender Service- und Händlernetze einen Rückzugskampf. Da passte es ganz gut, dass die Servicepartnertagung in einem Hotel direkt gegenüber dem Verteidigungsministerium in Berlin stattfand. Wir haben mit Thomas Bartmann, stellvertretender Vorstandssprecher Verband der Vermittler und Servicepartner für Mercedes-Benz (VVMB), gesprochen. AH: Was waren die wichtigsten Themen auf der Servicepartnertagung? T. Bartmann: Im Wesentlichen Themen, welche die Branche insgesamt bewegen, also allen voran Digitalisierung und E-Mobilität. Redebedarf gibt es bei der Strategie des Herstellers, die Schnittstelle zum Kunden selbst zu besetzen. Wir müssen einen Weg finden, uns als Retailer weiterhin in den stationären Service einzubringen und den Kontakt zum Kunden zu halten. Wir verhandeln mit Daimler, wie die Servicepartnerorganisation ein Teil der Wertschöpfungskette bleibt. AH: Wie gestalten sich die Gespräche? T. Bartmann: Es sind zwar schwierige, aber sachlich geführte Gespräche mit dem Ziel, die Servicepartner langfristig zu stärken und nicht zu schwächen, auch im Hinblick auf die Abgrenzung zu den nicht markengebundenen Servicebetrieben. Wir suchen ein Geschäftsmodell, das uns über das traditionelle Geschäft hinaus auch zum festen Bestandteil einer digitalen Welt werden lässt. AH: Fehlermeldungen oder anstehende Servicetermine werden heute schon aus den Fahrzeugen in Xentry Portal überspielt und dem eingetragenen Servicebetrieb angezeigt. Was sind die nächsten Schritte? T. Bartmann: Wir haben auf der Veranstaltung den Startschuss für den Rollout von Xentry Portal Pro gegeben. Das überarbeitete Portal ist die zentrale Schnittstelle, die alle Daimlerservicesysteme und unsere eigenen Systeme zusammenbringt, um Medienbrüche zu vermeiden. Es ist die Basis für den gesamten digitalen Serviceprozess. Neu ist der automatische Kurztest, dessen Ergebnisse dem Serviceberater zur Verfügung gestellt werden, sobald das Auto in die Annahme kommt. Die Daten werden on-air in das System eingespielt, wenn das Auto in die Dialogannahme reinfährt. AH: Wie offen sind die Mitglieder für solche Neuerungen? T. Bartmann: Unternehmen müssen bereit sein, diese Prozesse anzunehmen, und die Kundenbeziehung entsprechend gestalten. Künftig wird es neben Telefon eben noch ganz andere Medien geben, über die der Kunde kommunizieren möchte. Die technische Voraussetzung zu schaffen ist das eine, aber die Menschen im Autohaus mitzunehmen ist das andere. Wir müssen die Betriebe auf diesem Weg mitnehmen. AH: Was hat Daimler mit dem Servicenetz langfristig vor? T. Bartmann: Natürlich gibt es Bestrebungen des Herstellers, das Servicenetz neu zu strukturieren und damit auch zu verkleinern. Mercedes-Benz hat heute in Deutschland insgesamt ca. 1.000 Servicestandorte. Unsere Mitglieder besetzen davon knapp die Hälfte. Der VVMB vertritt mehrheitlich die kleineren Betriebe, deshalb sind wir natürlich auch am meisten sensibilisiert. Trotzdem verschließen wir uns nicht solchen Diskussionen mit dem Hersteller, auch wenn sie nicht populär sind. Wir haben auch eine Verpflichtung gegenüber jenen Betrieben, die tatsächlich nicht zukunftsfähig sind, sei es, weil kein Nachfolger da ist, der Standort überbesetzt ist oder eine Region langfristig nicht genügend Potenzial besitzt. Wir versuchen, dies in einer intelligenten partnerschaftlichen Weise zu lösen. AH: Wie stark muss das Netz schrumpfen? T. Bartmann: Konkrete Zahlen stehen nicht fest, tendenziell wird es aber künftig deutlich weniger Betriebe geben. Ob es 100 oder vielleicht auch 300 im Gesamtnetz weniger sein werden und wie schnell das kommt, hängt unter anderem auch davon ab, wie schnell sich die Elektromobilität durchsetzt. Der Kuchen im Service würde dann deutlich kleiner. Voraussetzungen wären eine ausreichende Ladeinfrastruktur, Batterien mit höherer Reichweite und ein konkurrenzfähiger Preis. Wir müssen uns darauf einstellen, Verbrennungsmotoren, Hybridfahrzeuge und E-Fahrzeuge über viele Jahre parallel und in hoher Qualität zu bedienen. AH: Wie hat sich die Profitabilität der Betriebe entwickelt? T. Bartmann: Wir haben insgesamt sinkende Margen, aber die Betriebe haben sich qualifiziert und weiter professionalisiert. Noch haben wir nicht die endgültigen Zahlen, aber es zeigt sich, dass die Profitabilität 2016 besser war als im Vorjahr und sich in den vergangenen Jahren auf einem vernünftigen Niveau bewegt. AH: Für Ärger sorgte die Herabstufung von Partnerbetrieben zu C-Vermittlern ... T. Bartmann: Es ist richtig, dass insgesamt 90 Betriebe, die bisher als A- oder B-Vermittler tätig waren und damit als autorisierte Verkaufsstandorte agieren konnten, diesen Status verloren haben. Sie werden künftig als C-Vermittler geführt, das heißt, der Kunde kann dort direkt vor Ort keine Neufahrzeuge mehr sehen und kaufen. C-Vermittler sind nicht berechtigt, Neuwagen anzubieten und in ihren Showrooms zu präsentieren. Daher haben wir 90 autorisierte Verkaufsstandorte bei unseren Partnerbetrieben weniger als vorher. Erschwerend kommt hinzu, dass für alle Vermittler bestimmte Kundengruppen grundsätzlich nicht mehr vermittelbar sind. Ich mache keinen Hehl daraus, dass wir über die Veränderungen nicht gerade erfreut sind. AH: Gab es auch positive Nachrichten? T. Bartmann: Wir haben es als sehr erfreuliche Botschaft aufgefasst, dass auch die Servicebetriebe weiterhin Jahreswagen direkt über die Mercedes-Benz Drehscheibe beziehen können. Das haben Dr. Carsten Oder, Leiter der Mercedes-Benz Vertriebsorganisation Deutschland, und Andreas von Wallfeld, Leiter Vertrieb PKW Deutschland, deutlich signalisiert. Man sieht aus qualitativen und quantitativen Gründen keinen Anlass, etwas an der Abnehmerstruktur für Fahrzeuge aus dem Jahreswagenprogramm zu ändern. Interview: Dietmar Winkler Kurzfassung Anlässlich der Servicepartnertagung der Mercedes-Benz Vertragswerkstätten in Berlin sprachen wir mit Thomas Bartmann, stellvertretender Vorstandssprecher des VVMB, über die aktuellen Herausforderungen für Servicebetriebe und Vermittler. VVMB Servicepartnertagung Der VVMB ist die Interessenvertretung der Mercedes-Benz Vermittler und Servicepartner der Daimler AG. Der VVMB ist aus dem 1976 gegründeten Mercedes-Benz Vertragswerkstättenausschuss hervorgegangen. Er vertritt die Interessen seiner Mitglieder gegenüber dem Hersteller Daimler AG und seiner inländischen Vertriebsorganisation MBVD.Angegliedert an die von Verband und der Verbandstochter Semag (Service- und Marketing-Gesellschaft für Mercedes-Benz-Vertragswerkstätten) organisierten Mitgliederversammlung ist eine Infobörse mit knapp 60 Ausstellern. Rund 400 Inhaber, Geschäftsführer und leitende Mitarbeiter der Mitgliedsbetriebe des VVMB aus ganz Deutschland sowie 59 Aussteller kamen zu der alle zwei Jahre stattfindenden Servicepartnertagung. In Berlin wurde der Startschuss für den Rollout des neuen Portals Xentry Portal Pro gegeben. Die Anwendung soll als zentrale Schnittstelle dienen, die alle Daimler-Servicesysteme und die Systeme der Händler zusammenbringt. Beherrschende Themen der Servicepartnertagung waren neben der Konsolidierung des Händlernetzes die Digitalisierung der Serviceprozesse sowie die E-Mobilität.Die Semag bietet den Partnerbetrieben eine Reihe von Dienstleistungen wie beispielsweise Unternehmensberatung, eine Teilehandelsbörse, Kundenbindungsinstrumente oder eine Software für den Fahrzeughandel.

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