Neuwagendisposition: Schnittstellen- Management

In der Wirtschaftssprache bedeutet Disposition die Zuteilung und Überwachung von Diensten und Waren. Hinter dieser einfachen Definition verbirgt sich für den Neuwagenverkauf im Autohaus eine Vielzahl von Aufgaben zur reibungslosen und ertragsoptimierenden Koordination der Abläufe vom Eingang der Kundenbestellung bis hin zur Auslieferung des Fahrzeugs. Planung und Disposition Rechtliche Probleme im Bereich der Absatzplanung bestehen auf der Ebene der Disposition selten. Die anzuvisierenden Absatzzahlen werden von der Geschäftsleitung vorgegeben. Dies unter Berücksichtigung ggf. bestehender Zielvereinbarungen mit dem Hersteller einschließlich Kontingentabsprachen bezogen auf Fahrzeugmodelle bzw. Modellklassen. Die Einhaltung der Zielvorgaben ist zu überwachen und anhand bestehender Vergütungsvereinbarungen sind rechtzeitig Entscheidungen über eventuell notwendige Maßnahmen zu steuern, um von den Verkaufszahlen abhängige Bonusvergütungen des Herstellers für den Händler zu sichern. Interne Verkaufsvorgaben für einzelne Verkaufsbereiche sind zu kontrollieren. Disposition und Kundenbestellung Aufgabe der Disposition ist es zunächst, die Bestellung vor Einsteuerung zu prüfen. "Kleinigkeiten" wie unzureichende Bezeichnungen des Vertragspartners bereiten in der Praxis immer wieder einfach zu vermeidenden Ärger. Gewerbliche Kunden und die Art ihres Betriebes sollten klar bezeichnet, Firmeninhaber, Name und Funktion des Unterzeichners der Bestellung benannt sein. Zu prüfen ist, ob händlervertragliche Verbote des Verkaufs an gewerbliche Wiederverkäufer einer Bestätigung des Geschäfts entgegenstehen. Gegebenenfalls ist ein Nachweis für die Vereinbarung von Haltefristen einzufordern. Die Angaben zum Fahrzeug und zur Ausstattung müssen zutreffend sein, insbesondere beim Verkauf von Lagerfahrzeugen über das Internet sollte die dortige Fahrzeugbeschreibung mit der tatsächlichen Ausstattung abgeglichen werden, denn die Nachrüstung nicht vorhandener Ausstattungsmerkmale kann bei Einforderung teuer zu stehen kommen. Leasing- oder Finanzierungsvereinbarungen müssen bestätigt sein, damit ein wirksamer Vertrag zustande kommen kann. Die Widerrufsbelehrung muss wirksam erfolgt sein. Beanstandungen sind vom Verkauf abarbeiten zu lassen, wobei zu beachten ist, dass notwendige Ergänzungen nicht durch einseitige nachträgliche Korrektur der Bestellung, sondern nur durch Unterschrift oder anderweitig schriftliche Bestätigung des Kunden vorgenommen werden können, ausreichend auch mit Fax oder E-Mail. Geht die Bestellung in Ordnung, ist sie unverzüglich, bei Verwendung der üblichen AGBs jedenfalls aber innerhalb der dort für den Kunden vereinbarten Bindungsfrist zu bestätigen. Erforderlich ist, dass die Bestätigung innerhalb der Frist so in den Bereich des Empfängers gelangt, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit der Kenntnisnahme besitzt. Der Zugang sollte nachweisbar sein. Für den Postweg ist ein Einwurfeinschreiben mit der entsprechenden Nachverfolgungsmöglichkeit zu empfehlen, keinesfalls aber Einschreiben/Rückschein, da dieses bei Nichtabholung zunächst postlagernd verwahrt und dann zurückgeleitet wird, also niemals zugegangen ist. Fax und E-Mail sind zur Wahrung der vertraglich vereinbarten Schriftform gemäß § 127 BGB ausreichend. Im nächsten Schritt ist die Einhaltung vereinbarter Lieferfristen zu überwachen, ebenso die bei Lieferschwierigkeiten auf Kundenseite zu beachtenden Fristen für die Aufforderung zur Lieferung und Nachfristsetzung als Voraussetzung eines unerwünschten Rücktritts. Sorge zu tragen ist für den Zahlungsfluss, den Erhalt der Fahrzeugpapiere und die Rechnungserstellung. Die Zustellung der Bereitstellungsanzeige muss nachweisbar sein. Es gilt dasselbe wie für die Annahmeerklärung zur Bestellung. Ist der Kaufpreis bezahlt und das Fahrzeug ausgeliefert, ist der Vorgang für die Disposition abgeschlossen. Holt der Kunde das Fahrzeug nicht ab, ist er in Verzug zu setzen. Dies geschieht bei Verwendung der üblichen AGBs automatisch mit Ablauf einer Frist von 14 Tagen nach Zugang der Bereitstellungsanzeige, anderenfalls schriftlich durch gesonderte Mahnung mit Fristsetzung. Bleibt dies erfolglos, ist zu entscheiden, ob der Käufer auf Kaufpreiszahlung und Abnahme verklagt oder ob der Rücktritt erklärt und (pauschalierter) Schadensersatz geltend gemacht werden soll. Dieser Schadensersatz für "frustrierte Aufwendungen" besteht unabhängig davon, ob das Fahrzeug anderweitig weiterverkauft werden kann. Disposition und Hersteller Im Verhältnis zum Hersteller enthalten die Händlerverträge für den Bezug der Fahrzeuge regelmäßig eine Vielzahl besonderer Bestimmungen, deren Beachtung in der Praxis auch dann erfolgt, wenn Bedenken gegen ihre Wirksamkeit bestehen wegen unangemessener Benachteiligung des Händlers. Gedacht werden kann hier beispielsweise an die Fakturierung unbestellter Fahrzeuge oder die Verpflichtung zur Bereithaltung einer unangemessenen Zahl von Vorführwagen. Grundlegend gelten daneben die gesetzlichen Regelungen zum Handelskauf (§§ 373 mit 381 HGB), die nach Intention des Gesetzgebers die rechtliche Stellung des Verkäufers, vorliegend also des Herstellers verbessern. Ihre Beachtung ist deshalb zur Vermeidung von Nachteilen dringend anzuraten. Im eher seltenen Fall der Vereinbarung eines festen Liefertermins verliert der Händler gemäß § 376 HGB bei Nichteinhaltung seinen Erfüllungsanspruch gegen den Hersteller, sofern er nicht sofort nach Verstreichen des Liefertermins erklärt, dass er weiterhin auf die Lieferung besteht. Verwiesen wird er sonst auf Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung. Von großer rechtlicher Bedeutung ist die Rügepflicht gemäß § 377 HGB. Angelieferte Fahrzeuge sind unmittelbar zu untersuchen und erkennbare Mängel gegenüber dem Lieferanten unverzüglich anzuzeigen. Anderenfalls gilt die Lieferung als genehmigt. Die Untersuchungspflicht des Händlers gilt umfassend für Abweichungen von der Bestellung (fehlende Ausstattung, falsche Farbe etc.), Herstellungsfehler und/ oder Beschädigungen. Die Disposition hat zu überwachen, dass sie die gelieferten Fahrzeuge betriebsintern spätestens am folgenden Werktag als ordnungsgemäß bestätigt bekommt oder aber festgestellte Mängel sofort dem Lieferanten melden kann. Sind Mängel nicht offensichtlich und werden sie deshalb erst später entdeckt, gilt die Rügepflicht ab diesem Zeitpunkt. Reklamationen wegen reiner Transportschäden sind jedoch an den Spediteur zu richten, da der Hersteller in der Regel nur die beschädigungsfreie Übergabe an diesen schuldet. Bei der Fahrzeugbestellung hat die Disposition auch den Datenschutz im Blick zu behalten. Die Weitergabe der Kundendaten ist fester Bestandteil fast aller Händlerverträge. Dies gilt auch für diejenigen Hersteller, die eine Weitergabe der Daten an ausgelagerte Datenverwalter verlangen, um bei Vertragsbeendigung dem Händlerausgleichsanspruch nach § 89 b HGB analog zu entgehen mit dem Argument, sie könnten auf solche Daten nicht zugreifen und es verbliebe bei ihnen somit auch kein Vorteil. Auch in diesen Fällen sind die Kundendaten aber vielfach relevant für vertragliche Vergütungsbestandteile, nicht zuletzt über Erhebungen zur Kundenzufriedenheit. Gleichzeitig bedarf die Weitergabe der Daten im Falle der Privatkunden und Kleinunternehmer der ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung des Käufers. Das Einverständnis des Kunden muss dokumentiert und nachweisbar sein. Kurzfassung Die Fahrzeugdisposition ermöglicht der Geschäftsleitung einen Überblick zur Einhaltung der Ziele und ist in der praktischen Abwicklung organisatorische Schnittstelle zwischen Hersteller, Verkaufsabteilung und Kunden. Die Steuerung und Überwachung der Abläufe zwischen Neuwagenbestellung des Kunden und Bereitstellung des Fahrzeuges zur Auslieferung erfordert die Beachtung zahlreicher Rechtsvorschriften. Kommentar Rein faktisch haben die Betriebe und ihre Neuwagendisponenten das zunehmende Problem, dass sie von den Herstellern mit halbwegs gutem Erfolg über vertragliche Belieferungsoptionen, vor allem aber über die Zielvorgaben und das Bonussystem zu immer mehr Eigenzulassungen gezwungen werden. In 2015 soll die Quote der Eigenzulassungen gegenüber dem Vorjahr nochmals um über 10 % gestiegen sein. Abzusetzen sind diese vom Markt eigentlich nicht gefragten Fahrzeuge nur über den Preis. Wenn man andererseits hört, dass Hersteller Kontingente tatsächlich stark nachgefragter Modelle mit Lieferengpässen ohne Ankündigung zum Ende tiefer Nachtzeiten in ihre Händlerportale einstellen und diese Kontingente morgens bei Arbeitsbeginn der Disposition bereits vollständig vergriffen sind, muss man sich nicht nur fragen, wem solche Aktionen gedient haben. Fragen muss man sich vor allem, wie lange eine solche Absatzpolitik sinnvoll überleben kann.Rechtsanwalt Rainer Bopp

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