Ausgabe 06/2012: Regelgetreues Verhalten

Regelgetreues VerhaltenCompliance E Compliance-Verstöße = Steuerhinterziehung? Die Problematik verdeckter bzw. versteckter Leistungen.Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPGNicht erst die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den zurückgetretenen Bundespräsidenten heizt die Frage an, wann bei Annehmlichkeiten Bestechung und Korruption gegeben ist. Das Wort „Compliance“ bedeutet „rechtlich einwandfreies Verhalten“ und steht im Mittelpunkt der Tätigkeit von Geschäftsführern, Vorständen und Aufsichtsräten. Gerade in den Konzernen, so auch in den Automobilkonzernen, wird besonders Wert auf die Einhaltung regelgerechten Verhaltens gelegt, nicht zuletzt, damit sich die Geschäftsführungsorgane und Aufsichtsräte nicht selbst Vorwürfen aussetzen müssen, in ihren Unternehmen regelwidriges Verhalten geduldet zu haben. Denn die Folge wäre, dass auch die mit der Geschäftsführung befassten Personen in die Haftung für etwaige Schäden genommen werden können.Regelwidriges VerhaltenGewährt ein Autohaus z. B. dem Fuhrparkleiter eines Kunden Annehmlichkeiten, ohne dass der Inhaber des Kundenunternehmens davon Kenntnis hat, so dürfte jedem klar sein, dass es sich hierbei um Bestechung handelt (§ 299 StGB). Abgesehen davon, dass auch jedem klar sein dürfte, dass Bestechung und Bestechlichkeit ein Strafdelikt darstellt und von Staatsanwaltschaft und Gericht entsprechend geahndet werden, besteht zusätzlich die Problematik, ob solch ein Vertragspartner, im Beispiel der Kunde, die Geschäftsbeziehung beendet, wenn ihm solche Bestechungsversuche und Bestechlichkeiten bekannt werden. Eine noch ganz andere Dimension erhält diese Problematik natürlich im Verhältnis Autohaus zu Kraftfahrzeughersteller. Denn wird einem Hersteller bekannt, dass sein Autohausvertragspartner die vertraglichen Vereinbarungen hintergeht, Mitarbeiter des Herstellers besticht, um bevorzugt behandelt zu werden oder gar Gelder des Herstellers unterschlägt, so ist letztlich jeder Hersteller gezwungen, sofort die Konsequenz zu ziehen und das Vertragsverhältnis mit diesem Autohändler zu beenden.Zugleich Steuerhinterziehung?Seit nunmehr über zehn Jahren besteht bereits ein Abzugsverbot von Bestechungsgeldern und Schmiergeldern bei der steuerlichen Einkunftsermittlung, das sogenannte „Betriebsausgabenabzugsverbot“ (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG). Bestechungsgelder/-leistungen dürfen somit den Gewinn nicht mindern; sie sind vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen. Werden mithin Bestechungsleistungen weiterhin steuermindernd verbucht, ist dies selbstverständlich eine Steuerhinterziehung und kann auch steuerstrafrechtlich entsprechend verfolgt werden. Um also ordnungsgemäße Steuererklärungen abzugeben, müssten im Fall von gezahlten Bestechungsgeldern diese Zahlungen dem Gewinn wieder hinzugerechnet werden. Diese Kombination von allgemeiner Straftat – Bestechung und Steuerhinterziehung – birgt nun folgende zusätzliche Gefahr: Deckt ein Betriebsprüfer solche Schmiergeldzahlungen auf, dann hat er somit eine Steuerstraftat entdeckt und gleichzeitig aber auch die Bestechung. In diesen Fällen wird pflichtgemäß von der Finanzverwaltung die Staatsanwaltschaft informiert, die sodann beide Straftaten verfolgen wird. Regelmäßig bleibt jedoch solch ein Strafverfahren nicht das „Geheimnis“ des Steuerhinterziehers, vielmehr wird in der Regel das geschädigte Unternehmen Kenntnis von dem Verfahren erhalten. Denn schon die Frage nach der strafrechtlich relevanten Schadenshöhe führt die Staatsanwaltschaft zum geschädigten Unternehmer. Handelt also ein Autohaus durch Bestechungen nicht regelkonform, stehen die Verträge mit dem Hersteller auf dem Spiel.Mitteilungspflicht des FinanzamtesBei der gesetzlichen Regelung, dass solche Schmiergelder nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden können, hat der Gesetzgeber ausdrücklich zusätzlich im Einkommensteuergesetz geregelt, dass die Finanzämter solche Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit begründen, der Staatsanwaltschaft mitzuteilen haben. Stolpert also ein Betriebsprüfer über solche Vorgänge, hat er gar keine andere Wahl, als seine Dienststelle und die Staatsanwaltschaft entsprechend zu unterrichten. Da diese Verpflichtung mittlerweile auch jedem Finanzbeamten bekannt sein dürfte, würde er andernfalls riskieren, dass er beim Unterlassen solcher Mitteilungen eine Strafvereitelung im Amt begeht, also selbst straffällig wird. Der Begriff „Compliance“ drückt somit nur das aus, was eigentlich selbstverständlich ist: Gesetzmäßiges Verhalten. Die Praxis lehrt aber, dass immer wieder die Versuchung groß ist, die Regeln zu durchbrechen. Die Angst einer eigenen Haftung von Vorgesetzten für das Fehlverhalten ihres Personals hat der Einhaltung regelgerechten Verhaltens, also der Beachtung der „Compliance“, in vielen Betrieben bereits zum Durchbruch verholfen. Michael Böhlk-Lankes, Rechtsanwalt, Steuerberater, muc@raw-partner.deKurzfassung1. Bestechung als rechtswidriges Verhalten ist unter Strafe gestellt.2. Bestechungsgelder dürfen aber auch nicht als Betriebsausgabe den Gewinn mindern, ansonsten liegt Steuerhinterziehung vor.3. Deckt ein Betriebsprüfer Bestechungsvorgänge auf, so ist er durch eine zusätzliche gesetzliche Regelung verpflichtet, diese Vorgänge zwingend den Strafverfolgungsbehörden bekannt zu machen.4. „Annehmlichkeiten“ von Autohäusern zugunsten von Mitarbeitern des Herstellers können insoweit existenzbedrohend sein!Kommentar< Compliance bedeutet nichts anderes als Regeltreue, Regelkonformität des Handelns. So alt wie der Sündenfall im Paradies ist auch die Weisheit, dass in der Praxis Regeln gebrochen werden. Was aber noch vor Jahrzehnten vielleicht als Kavaliersdelikt kaum Aufsehen erregt hätte, ist mittlerweile wegen vieler entsprechender Skandale eine in jeder Hinsicht ernst zu nehmende Verfehlung. Oberstes Gebot ist es daher, im Unternehmen regelgetreues Verhalten zu gewährleisten. Und was ein Unternehmer keinesfalls unterschätzen darf, ist die Tatsache, dass in diesem Zusammenhang Steuerhinterziehungen nicht das Geheimnis zwischen Unternehmer und Finanzamt bleiben werden, sondern dass im Falle von Korruption auch das ‚normale‘ Strafrecht tangiert ist und zumeist dann diese Straftaten nicht mehr vor Kunden und/oder Lieferanten geheim gehalten werden können. Dass solch regelwidriges Verhalten existenzbedrohend sein kann, liegt somit auf der Hand. >

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