Die Pkw-Neuzulassungen in der Europäischen Union lagen im vergangenen Jahr so niedrig wie seit fast 30 Jahren nicht mehr. Im Dezember gab es zwar dank eines starken Schlussspurts in den großen Märkten Deutschland und Italien ein EU-weites Plus von 12,8 Prozent auf 896 967 neu zugelassene Autos, wie der europäische Branchenverband ACEA am Mittwoch in Brüssel mitteilte. Im Gesamtjahr wurden aber mit 9,26 Millionen Pkw 4,6 Prozent weniger zugelassen als im ohnehin schwachen Vorjahr – und damit so wenige Autos wie seit 1993 nicht mehr.
Nach Meinung von Experten sind auch die Aussichten nicht gerade rosig. Zwar hätten sich die Lieferengpässe bei Halbleitern und Vorprodukten etwas entspannt, sagte Branchenexperte Peter Fuß von der Unternehmensberatung EY. Die Lieferfähigkeit der Industrie werde sich im Jahresverlauf weiter verbessern, so dass mit der steigenden Verfügbarkeit von Neuwagen auch deren Lieferzeiten sinken dürften.
Große Unsicherheit im Markt
"Unklar ist aber, wie groß die Nachfrage von Unternehmen und Privatleuten dann noch ist", schränkte Fuß ein. "Denn die Konjunktur schwächelt, und selbst wenn die befürchtete Rezession ausbleibt, bleiben Unternehmen und Privatleute bei Neuwagenbestellungen zurückhaltend." Dem Fachmann zufolge spricht viel dafür, dass die Nachfrage nach Neuwagen weiter deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau liegen wird. Nach Angaben von EY lagen die Neuzulassungen im vergangenen Jahr 29 Prozent niedriger als im Vorkrisenjahr 2019 (Angespannte Lage in Autoindustrie: VDA rechnet 2023 mit 2,7 Millionen Neuzulassungen).
Die weltgrößten Elektroauto-Hersteller 2022
BildergalerieIn Deutschland hatten die zum Jahresende auslaufende Förderung von Plug-in-Hybriden sowie die sinkenden Prämien auf den Kauf von Batterieautos im Dezember für Vorzieheffekte gesorgt. Von den größten EU-Automärkten zogen die Autozulassungen auch im Gesamtjahr nur in Deutschland leicht an (plus 1,1 Prozent). In Italien (minus 9,7 Prozent), Frankreich (minus 7,8 Prozent) und Spanien (minus 5,4 Prozent) ging es hingegen abwärts. Autobauer in Europa klagten vor allem über eine mangelhafte Teileversorgung unter anderem bei Elektronikchips.
Lesen Sie auch:
- Deutscher Automarkt 2022: Fulminantes Finale
- Gesamtjahr 2022: Chinesischer Automarkt leicht im Plus
- Autojahr 2022: GM erobert US-Marktführerschaft zurück
- Kriegsjahr 2022: Russlands Automarkt bricht massiv ein
Marktführer in der EU war mit gut einer Million Autos weiter die Volkswagen-Kernmarke VW Pkw. Die VW-Gruppe insgesamt lag mit rund 2,3 Millionen Wagen auch bei der Konzernsicht an der Spitze vor der Peugeot-, Fiat- und Opel-Mutter Stellantis (1,8 Millionen Pkw). Der Renault-Konzern belegte mit knapp 985.000 Autos Rang drei. BMW kam mit allen Marken auf 624.940 Neuanmeldungen, Mercedes-Benz auf 549.023.
Weltmärkte: Auch USA und Japan im Rückwärtsgang
Die EU war weltweit nicht der einzige große Automarkt mit Rückgängen. In Europa, also inklusive Großbritannien und weiteren Ländern wie Norwegen und der Schweiz, wurden mit 11,3 Millionen Pkw rund vier Prozent weniger Autos neu angemeldet. In den USA kam es nach Zahlen des Verbands der Deutschen Automobilindustrie (VDA) zu einem Rückgang der Verkäufe von Pkw und größeren Autos wie Pickups um acht Prozent auf 13,7 Millionen Fahrzeuge. In Japan ging der Absatz um sechs Prozent auf 3,4 Millionen verkaufte Pkw zurück.
Im größten Automarkt China gab es hingegen laut VDA im vergangenen Jahr ein Plus von zehn Prozent auf 23,2 Millionen Neufahrzeuge. China ist für die deutschen Autokonzerne Volkswagen (mit den Töchtern Audi und Porsche), Mercedes-Benz und BMW der größte und wichtigste Markt.
Nach Branchenangaben kamen 2022 weltweit 71,2 Millionen Pkw neu in den Verkehr. Damit bewegte sich der internationale Automobilmarkt auf dem schwachen Niveau von 2021. Für dieses Jahr rechnen die deutschen Hersteller mit rund 74 Millionen Neuzulassungen (plus vier Prozent).
Weitere Details zum EU-Automarkt sind unten im PDF-Download abrufbar!
- Pkw-Neuzulassungen in der EU 2022 - Markenübersicht (220.6 KB, PDF)