Das Landgericht Frankfurt am Main hat in einem aktuellen Urteil erstinstanzlich entschieden, dass ein Kfz-Hersteller, der für den Vertrieb von Neufahrzeugen einerseits und von Kundendienstleistungen und Originalersatzteilen andererseits unterschiedliche Vertriebssysteme unterhält, seinen Vertragswerkstätten den Verkauf und die Bewerbung von Neufahrzeugen der entsprechenden Marke zum Schutze seines Neuwagen-Vertriebssystems untersagen kann (Urteil vom 21.08.2018, 3-06 O 35/17). Das teilte die Kanzlei Noerr, die das Urteil für Opel erstritten hat, gegenüber AUTOHAUS mit.
Geklagt hatte eine Opel-Vertragswerkstatt. Sie hatte untere anderem eingewandt, dass sie nicht schlechter stehen könne als jede freie Werkstatt, die Neufahrzeugen aller Marken verkaufen dürfte. Zudem sei der Hersteller regelmäßig selbst für die Lücken in seinem Neuwagenvertriebssystem verantwortlich. Ein Verbot zum Schutze des quantitativ selektiven (Neuwagen-) Vertriebssystems sei nicht erforderlich, weil der Hersteller sich ohne Weiteres an die vertragsbrüchigen Vertragshändler halten könnte, die den Graumarkt mit Neufahrzeugen bespielen würden.
Dieser Argumentation folgte das Landgericht laut Mitteilung der Kanzlei Noerr nicht. Es teilte die Auffassung des beklagten Herstellers, wonach sich das im Servicepartnervertrag vertraglich verankerte Verbot, Opel-Neufahrzeuge zu verkaufen, vor allem auf den Markt für Neufahrzeuge auswirke, und ein solches Verbot mittels der Gruppenfreistellungsverordnung (EG) Nr. 330/2010 vom Kartellverbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV freigestellt sei. Es entspreche auch der herrschenden Auffassung, dass ein Prinzipal seinen Vertriebspartnern den Verkauf von Produkten (oder Dienstleistungen), die nicht im Wettbewerb zu seinen Vertragswaren (oder Dienstleistungen) stehen, kartellrechtlich zeitlich unbefristet untersagen könne. Auch AGB-rechtlich bestehen nach Ansicht des Landgerichts gegen die Wirksamkeit des streitgegenständlichen Verbots keine Bedenken. Da die Vertragswerkstatt Neufahrzeuge anderer Hersteller und sämtliche Gebrauchtfahrzeuge verkaufen könne, seien die Interessen des beklagten Herstellers, sein Neufahrzeug-Vertriebssystem und die Investitionen und Interessen der Vertragshändler zu schützen, schwerer zu gewichten.
"Im Ergebnis ist das Urteil zu begrüßen", sagte Noerr-Partner Albin Ströbl. "Das Landgericht stellt klar, dass es der Hersteller nicht dulden muss, dass seinen Vertragshändlern von seinen eigenen Vertragspartnern - nämlich den Vertragswerkstätten - Konkurrenz gemacht wird, obgleich der von den Vertragswerkstätten geschuldete Personal- und Kapitaleinsatz im Vergleich zu demjenigen seiner Vertragshändler weit geringer ist." Es bleibe abzuwarten, ob die Vertragswerkstatt Berufung gegen das Urteil einlegen wird. (AH)
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