Das Autogeschäft bleibt für die Gründerszene interessant. Jetzt haben zwei junge Berliner das Neuwagenleasing als Betätigungsfeld entdeckt. Über eine neue Vermittlungsplattform wollen sie Online-Interessenten mit Autohändlern zusammenbringen. Ihr Anspruch: Den Leasingprozess radikal zu modernisieren – zum Vorteil aller Beteiligten. AUTOHAUS sprach mit Melchior Bauer und Lukas Steinhilber über den Internetservice "Vehiculum", der ab kommenden Montag (21. September 2015) deutschlandweit verfügbar ist.
AH: Herr Bauer, Herr Steinhilber, viele Start-ups tummeln sich gerade im Gebrauchtwagenbereich. Warum versuchen Sie Ihr Glück im Leasinggeschäft?
M. Bauer: Autoleasing ist gefragt wie nie. Sechs von zehn Neuwagen sind heute geleast, zwei Millionen Leasingfahrzeuge werden jedes Jahr neu zugelassen – Tendenz steigend. Wir schätzen das Marktvolumen jährlich auf über 60 Milliarden Euro. Doch der Markt ist intransparent, die Suche nach dem passenden Auto und dem besten Angebot oft schwer und zeitintensiv. Das wollen wir ändern und Autoleasing über das Internet vereinfachen.
AH: Welche Motivation steckt hinter Vehiculum?
L. Steinhilber: Als ich vor zwei Jahren mit einem klaren Budget nach meinem Wunschauto gesucht habe, bin ich fast verrückt geworden. Die Auswahl an Modell- und Konfigurationsmöglichkeiten ist groß, die Preis- und Leistungsunterschiede immens. Es hat ewig gedauert und meine Customer-Experience war im Keller. Uns war schnell klar, dass wir eine Online-Plattform brauchen, die bei der Fahrzeugauswahl hilft und immer die bestmöglichen Angebote am Markt zur Verfügung stellt. Deshalb haben wir Vehiculum im Juli 2015 gegründet.
AH: Was ist das Besondere an Ihrer Plattform?
M. Bauer: Bei uns erhalten Interessenten nur maßgeschneiderte Angebote, die individuell nach ihren Wünschen angepasst werden. Pauschale Offerten gibt es nicht. Heute sucht jeder zuerst im Netz nach seinem neuen Auto. Trotzdem will kaum jemand auf die Expertise eines Autohändlers verzichten. Wir bringen die Vorteile des Fachhandels mit den Vorteilen des Internets zusammen. Wir schaffen eine Win-Win-Win-Situation – für Kunden, Händler und auch für uns. Damit wollen wir den deutschen Autoleasing-Markt ordentlich aufmischen.
AH: Wie funktioniert Ihr Service genau?
L. Steinhilber: Privatkunden, Selbstständige und kleinere Betriebe können über ein Formular auf www.vehiculum.de mit uns Kontakt aufnehmen. Jeder Kunde wird persönlich zurückgerufen, um die genauen Vorstellungen zum neuen Leasingwagen zu besprechen. Anschließend sucht unser Team nach dem passenden Händler und dem besten Angebot. Kommt ein Leasingvertrag zustande, erhält Vehiculum eine Provision vom Händler.
AH: Wie hoch ist die Vermittlungsprovision?
L. Steinhilber: Ich bitte um Verständnis, dass wir diese Zahl zunächst nicht groß kommunizieren. Die Provision ist bei allen Händlern gleich und sie liegt unter dem Marktstandard. Wir wollen unabhängig bleiben, weshalb eine klare und faire Preispolitik wichtig ist. Weitere Gebühren fallen für Händler nicht an, für Kunden ist der Service ohnehin kostenlos.
AH: Wie viele Händler sind bereits im Boot?
M. Bauer: Wir gehen mit vier der größten Marken im Bereich Leasing – VW, Audi, BMW und Volvo – an den Start. Damit decken wir schon den Großteil des Marktes ab. Pro Marke legen wir mit fünf bis sechs Händlern los. Zwei Dinge sind wichtig: Erstens müssen wir deutschlandweit gut aufgestellt sein. Das heißt, wir brauchen künftig mehr als die fünf bis sechs Händler. Wir erwarten, dass sich diese Zahl in den kommenden Monaten verzehnfachen wird. Zudem holen wir mehr Marken dazu. Zweitens müssen wir in der Lage sein, wettbewerbsfähige Angebote für die Online-Kunden zu realisieren. Das erzielen wir nur mit ausreichend Wissen über den Markt und Einsicht in laufende und kommende Angebote, Subventionen und Möglichkeiten der Hersteller und Händler. Diesen Informationsaustausch erwarten wir von unseren Partner-Händlern.
AH: Wie wollen Sie weitere Autohäuser gewinnen?
L. Steinhilber: Einerseits hoffen wir durch wachsende Aufmerksamkeit das Interesse weiterer Händler zu wecken. Andererseits gehen wir aktiv auf die Händler zu und stellen unser Konzept in einem persönlichen Gespräch vor. Vor einer Zusammenarbeit fangen wir immer mit einem Brainstorming vor Ort an und besprechen die Kooperationsmöglichkeiten. Die Resonanz darauf war bisher sehr gut. Jeder Händler, mit dem wir gesprochen haben, hat die Vorteile von Vehiculum erkannt. Wir glauben an eine persönliche Beziehung und kurze Kontaktwege, wobei ein Vor-Ort-Gespräch sehr wertvoll ist. Wir werden also Deutschland in den kommenden Monaten sehr gut kennenlernen.
AH: Haben Sie bei der Partner-Wahl Präferenzen?
M. Bauer: Nein, eigentlich nicht. Wenn die Qualität stimmt und der Händler an einer Kooperation mit uns interessiert ist, sind wir dafür offen. Allerdings evaluieren wir regelmäßig und schauen, wo es besonders gut läuft und wo eher nicht. Bezogen auf die Händler streben wir nicht nach dem Maximum, sondern nach dem Optimum – wir suchen die Besten.
AH: Arbeiten Sie mit einem Call-Center zusammen?
L. Steinhilber: Nein, und das ist uns ganz wichtig. Unser wichtigster USP ist die persönliche Betreuung und Beratung der Kunden sowie der Händler. Wir wollen die Schnittstelle dazwischen werden und für alle Seiten einen Mehrwert bieten. Mit einem Call-Center hätten wir die Qualität nicht im Griff, daher ist das keine Option. Wir erwarten, dass gerade diese "Abteilung" von Experten, die sich um die Kunden kümmern, am schnellsten wachsen wird.
AH: Wie viele Mitarbeiter hat Vehiculum aktuell?
M. Bauer: Momentan sind wir zu dritt. Neben uns beiden gibt es noch Gökhan Altinok als freien Mitarbeiter. Er wird aber demnächst fest mit einsteigen.
AH: Haben Sie Erfahrung im Auto-/Leasinggeschäft?
L. Steinhilber: Melchior und ich kommen aus dem Online-Business und haben dort in den vergangenen Jahren viele Erfahrungen gesammelt. An Vehiculum arbeiten wir jetzt schon einige Monate und haben entsprechend Expertise aufgebaut. Das Auto-Fachwissen haben wir mit Gökhan Altinok in die Firma geholt, er ist studierter Ingenieur und hat unter anderem bei Porsche und Mercedes gearbeitet. Die Mischung passt sehr gut. Trotzdem werden wir in den nächsten Monaten noch deutlich mehr Erfahrung aufbauen.
AH: Wie wollen Sie Vehiculum bekannt machen?
L. Steinhilber: In Kundenrichtung werden wir auf die klassischen Kanäle wie Google Adwords, Facebook und PR setzen. Äußerst wichtig für uns ist aber die Bereitstellung von relevantem Content. Das hat damit zu tun, dass die Informationen über Leasing für den Kunden momentan noch sehr dünn sind. Kaum jemand versteht, wie das funktioniert. Wir wollen den Blick auf Leasing grundsätzlich verändern und in den kommenden Monaten zu der Experten-Plattform werden.
AH: Welche kurzfristigen Ziele haben Sie sich gesteckt?
L. Steinhilber: Wir wollen bis Ende des Jahres über 200 Leasingverträge an den Mann bringen. In 2016 soll sich diese Zahl, dank fortschreitender Effizienz, mehr Budget und einer Automatisierung der Plattform, vervielfachen.
AH: Herr Bauer, Herr Steinhilber, herzlichen Dank für das Gespräch!
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