Ausgabe 16/2010: Neue Zeiten, harte Zeiten

Neue Zeiten, harte ZeitenLesen SIe hier...... worin die schleichende Revolution im GW-Geschäft des Fabrikatshandels besteht und was heute für Professionalisierung und Profitabilität im GW-Bereich unabdingbar ist.Das GW-Geschäft hat sich seit der Jahrtausendwende massiv verändert. Es ist vor allem viel komplexer geworden. In den Autohäusern besteht Anpassungsbedarf. Wir möchten zeigen, wo angepackt werden muss, und für künftige Veränderungen sensibilisieren.Sponsoring der NW-AbteilungVor zehn Jahren wurde das GW-Geschäft im Fabrikatshandel noch als notwendiges Übel bzw. Nebenprodukt des Neuwagenverkaufs gesehen. Die Verluste der GW-Abteilung, die in der Regel erwirtschaftet wurden, konnten durch hohe Erträge im Neuwagenbereich kompensiert werden. Da sich die Bruttoerträge im Neuwagenbereich in den letzten fünf Jahren jedoch massiv reduziert haben, ist ein „Sponsoring“ der GW-Abteilung durch den Neuwagenverkauf heute schlichtweg nicht mehr möglich. Die hohen Verluste in der GW-Abteilung werden zum Schutz der Neuwagenabteilung heruntergespielt, die daraus resultierenden Konflikte (oftmals Führungsschwäche) ignoriert. Viele Unternehmer kümmern sich einfach nicht intensiv genug um die GW-Abteilung. Ihnen fehlen auch häufig die Transparenz und die Systeme, um die wirklichen Kosten und Erträge, die Marktgängigkeit, die Verkäuferqualifika-tion und die Situation im Wiederverkäufergeschäft im Detail zu kontrollieren und daraus Schlüsse zu ziehen.Beherrschen der GW-ProzesseDas GW-Geschäft wird beinahe täglich komplexer, dazu nur ein paar Stichworte: Beobachtung der extrem schwankenden Preise, Modellvielfalt, Internetabfragen in mehreren Börsen, Vorkalkulationen, technische Komplexität, Umweltplaketten, technische Bewertung, Einsteuern der Fahrzeuge in die Werkstatt, Reparaturkontrolle, Kontrolle der internen Rechnung, Beweislastumkehr, Finanzdienstleistungsangebote, Finanzdienstleistungspenetration, Richtlinien der Hersteller GW-Programme, Versicherungsdienstleistungen, Garantieprogramme, Garantieschadensquoten, Leasingrestwertabrechnungen, Dienstwagenzukäufe und Prämienabrechnungen, Nachkalkulationen, Provisionsabrechnungen, Aufbereitungsstandards etc. Wegen dieser wachsenden Komplexität ist es unbedingt notwendig, die richtigen Prozesse zu definieren und vor allen Dingen zu „leben“. Nur die Unternehmen, die hier professionell agieren, sind in der Lage, nachhaltig im Gebrauchtwagen-Geschäft Geld zu verdienen. Allein die nicht ordnungsgemäß abgewickelte technische Bewertung eines Fremdfabrikates kann bei der heutigen Technik- und Elektronikkomplexität sehr teuer werden. Ein weiteres Beispiel ist die Prozessintegration zum professionellen Umgang mit dem Angebot und dem Verkauf von Finanz-, Garantie- und Versicherungsdienstleistungen. Diese zusätzlichen Renditemotoren bringen guten Unternehmen zusätzlich bis zu 1,0 Prozent Bruttoertrag vom Umsatz. Die CarGarantie, die Garanta-Versicherung und die Santander Bank bieten herstellerübergreifend Gebrauchtwagen E Wie sich das GW-Geschäft im letzten Jahrzehnt verändert hat. Teil 1: Wachsende Komplexität. Von Christof Gerhard *sehr interessante Provisionsmodelle zur Erhöhung des Bruttogewinns an. Auch ist es bei der jetzigen Komplexität bei Händlergrößen ab 250 NW-Einheiten und gleicher Menge GW-Einheiten nicht möglich, dass ein Gesamt-Verkaufsleiter die GW-Abteilung „nebenbei“ steuern kann. Spätestens ab dieser Menge ist eine strikte Trennung der Kostenstellen NW und GW und auch die Kompetenzverteilung auf zwei gleichberechtigte Abteilungsleiter unbedingt erforderlich. Externe DienstleisterIm komplexen Bereich des Hereinnahmeprozesses ist es heute sehr sinnvoll, mit externen Dienstleistern wie zum Beispiel dem TÜV Süd zusammenzuarbeiten. Autohäuser, die für die Fahrzeugbewertung externe halbamtliche Organisationen beauftragen, verdienen durch die „gefühlte höhere Glaubwürdigkeit“ der externen Mitarbeiter an günstigeren Hereinnahmepreisen und an leichter durchsetzbaren ermittelten Reparaturkosten. Auch die Zusammenarbeit mit externen optischen Auf-bereitungsunternehmen wie APZ macht Sinn, da Aufbereitungszeit, -qualität und -kosten in der Regel günstiger sind, als wenn dies von eigenen Mechanikern oder Auszubildenden durchgeführt wird. Externe Spezialisten in den genannten Bereichen machen tagtäglich das Gleiche und Sie können davon ausgehen, dass bei eta-blierten Anbietern die jeweilige Nischenkompetenz wesentlich ausgeprägter ist als bei internen Allroundern.Transparenz durch das InternetEine weitere große Veränderung ist die massive Preistransparenz des GW-Geschäftes durch das Internet. Waren vor zehn Jahren nur wenige Fahrzeuge im Internet vorhanden, kann man heute davon ausgehen, dass nahezu jedes Fahrzeug von Privatverkäufern, freien Händlern und Fabrikatshändlern im Internet zu finden ist. Die Interessenten nutzen das Netz als Informationsmedium in gleichem Maße wie früher die Zeitung. Jedoch hatte der Kunde früher nur die regionalen Tageszeitungen zum Preisvergleich herangezogen, heute vergleicht er den gesamten deutschen Markt. König Kunde ist immer informierter, die Internet-Preistransparenz sowie Presse, Funk und Fernsehen sagen ihm, worauf er beim GW-Kauf zu achten hat und wie er den Händler am besten „leimen“ kann. Ebenso ist die Hemmschwelle, bei Kleinigkeiten rechtliche Schritte einzuleiten, im Vergleich zu früher erheblich geringer. Wie sagte jüngst ein langgedienter GW-Verkaufsleiter eines Premiumherstellers: „Die Kunden sind nicht mehr so steuerbar wie früher.“Irrglaube der „ersten Seite“All das hat zur Folge, dass die (schwa-chen) Händler glauben, ihre Fahrzeuge immer auf der „ersten Seite“ im Internet positionieren zu müssen. Das hat zum einen dazu geführt, dass die Erträge im GW-Bereich nicht stabilisiert werden konnten, zum anderen sind die Restwerte bei den meisten Gebrauchtwagen speziell in 2008 und 2009 auch aus diesem Grunde massiv gefallen. Leider übernehmen speziell in diesem sensiblen Bereich die Niederlassungsorganisationen verschiedener Hersteller nicht selten eine Vorreiterrolle und belasten aufgrund der hohen Angebotsmenge massiv die Restwertstabilisierung der eigenen Marke. Derzeit ist aber ein Trend zu bemerken, dass professionelle Händler dazu übergehen, ihre Fahrzeuge, speziell die frisch hereingenommenen, im oberen Preisviertel anzubieten und sich der „ersten Seite“ erst ab dem 90. Standtag bedienen. Dies ist einer der Gründe dafür, warum in den letzten Monaten eine leichte Restwertstabilisierung zu beobachten gewesen ist.Qualifikation des PersonalsHier liegt nach unserer Einschätzung wohl die größte Herausforderung an Handel und Hersteller. Es ist erschreckend zu beobachten, mit welcher Arroganz verschiedene selbsternannte GW-Profis und alte Hasen die Veränderungen im Markt ignorieren. Speziell bei den Premiumfabrikaten sind hier unglaubliche Dinge zu beobachten. Ein Praxisbeispiel: In einem Pilotprojekt zum Thema „dynamische Preisstrategie“ war ein altgedienter GW-Verkaufsleiter eines deutschen Premiumherstellers der Ansicht, dass eine hohe Preisforderung in den ersten 30 Tagen in „seinem Markt“ nicht umsetzbar sei. Um seine eigene Aussage auch nach 30 Tagen untermauern zu können, wurden die frisch und hochpreisig ausgezeichneten Fahrzeuge kurzerhand in den ersten 30 Tagen hinter der Verkaufshalle der Niederlassung versteckt, um beweisen zu können, dass die Preise wirklich nicht durchsetzbar sind. Wenn Aktionärsschützer wüssten, mit welcher Inkompetenz hier teilweise das Geld der Anleger verbrannt wird, gäbe es bezüglich des Umganges mit dem Kapital der Anleger im GW-Geschäft sicherlich einige interessante Diskussionen.Ebenso ist die Bereitschaft, tagtäglich neu dazuzulernen, im GW-Geschäft ein unbedingt notwendiger Erfolgsfaktor. Betrachten wir die Schwankungen der GW-Angebotspreise in den letzten sechs Monaten, zum Beispiel bei Golf V GTI oder Audi A6 sowie fast allen Geländewagen, so erleben wir derzeit eine bisher von uns selten beobachtete Preisstabilisierung; beim Golf GTI aus 2007 ist von Februar bis Juni 2010 eine Preissteigerung der Angebote im Netz zu verzeichnen. Wie will man diese Marktpreisschwankungen ohne eine intensive, durch qualitativ hochwertige Informationssysteme unterstützte tagtäglich erforderliche Marktbeobachtung „nebenbei“ zeitlich denn überhaupt gewährleisten können? Insofern sind die Initiativen verschiedener Hersteller, GW-Verkäufer über die ZDK-Gütegemeinschaft zu zertifizieren, sehr sinnvoll und zu begrüßen. Die Kür der ZDK-Gütegemeinschaft wäre es, auch zertifizierte GW-Verkaufsleiterausbildungen zu implementieren. Zudem ist die Kalkulation der Ein- und Verkaufspreise ohne Zuhilfenahme des Internets heute nicht mehr vertretbar. Hier haben sich mittlerweile einige interessante Anbieter von Preissuchmaschinen wie z. B. das CGP-Preistool im Markt etabliert. z* Geschäftsführer der Christof Gerhard GmbH Unternehmensberatung. E-Mail: c.gerhard@cgp.deKurzfassung1. Ein „Sponsoring“ der GW-Abteilung durch den NW-Verkauf ist heute unmöglich.2. Nur wer optimale GW-Prozesse lebt, kann heute im GW-Geschäft Geld verdienen.3. Das Internet sorgt für umfassende Preistransparenz und topinformierte Kunden.4. Der Irrglaube, seine Fahrzeuge im Internet immer auf der „ersten Seite“ positionieren zu müssen, führt zu Ertragseinbrüchen.5. Personalqualifizierung und das Outsourcen bestimmter Prozesse an externe Profis sind wichtiger denn je.Lesen SIe in teil 2 ...... alles über die Entwicklungen bei Besitzumschreibungen, Beständen nach Fahrzeugalter sowie bei den Herstellern.

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