Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat den Maut-Kompromiss mit der EU-Kommission gegen Kritik verteidigt. Mit der Pkw-Maut würden die Voraussetzungen für mehr Gerechtigkeit geschaffen. Dabei gelte der Grundsatz: "Wer nutzt, der zahlt", sagte Dobrindt am Freitag im Bundestag. Dabei werde kein Inländer mehr belastet. Der Politiker bekräftigte die Prognose, dass die Maut nach Abzug der Kosten zwei Milliarden Euro pro Wahlperiode einbringen solle, also 500 Millionen Euro im Jahr.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte die Einigung mit der EU-Kommission. Es sei gut, dass Brüssel zu der Einschätzung gekommen sei, dass die Abgabe mit den geplanten Änderungen europarechtskonform sei, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer. Sie hob für die Kanzlerin hervor, dass Minister Dobrindt eine außergerichtliche Einigung erreicht habe.
Die EU-Kommission hatte am Donnerstag nach langem Streit ihre Zustimmung zu einem modifizierten Maut-Modell in Deutschland gegeben (wir berichteten). Entscheidend waren zwei Änderungen: So sollen inländische Autobesitzer mit besonders sauberen Euro-6-Autos insgesamt um 100 Millionen Euro jährlich mehr entlastet werden als geplant. Als weiteres Entgegenkommen an Brüssel sollen die Preise der Kurzzeitmaut für Ausländer stärker gespreizt werden – mit fünf statt drei Stufen nach Motorgröße und Schadstoffausstoß.
Das Deutsche Kfz-Gewerbe (ZDK) reagierte mit Skepsis auf die Pläne. Die Übereinkunft mit der EU-Kommission sei keine Garantie dafür, dass der gefundene Kompromiss einer Überprüfung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) standhalte, gab ein Verbandssprecher in Bon zu bedenken. Er verwies auf die angekündigten Klagen mehrerer Nachbarländer.
Angesichts der Zugeständnisse gegenüber der Kommission stehe auch in Frage, ob die Pkw-Maut sich überhaupt noch rechne, so der ZDK-Sprecher weiter. "Eine solche Abgabe ist nur dann sinnvoll, wenn die zu erzielenden Einnahmen den mit der Maut verbundenen Aufwand deutlich übertreffen." Dies müsse nun seriös durchgerechnet werden. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass nur neue Bürokratie aufgebaut, aber kein Beitrag zur dringend erforderlichen Sanierung der Verkehrsinfrastruktur geleistet werde.
Kompromiss "sehr genau anschauen"
Österreich will gegen das umstrittene Maut-Konzept vorerst keine schnellen Schritte einleiten – den Weg zum EuGH aber auch nicht ausschließen. Die österreichischen Parlamente würden sich den Kompromiss zwischen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und der EU-Kommission "sehr genau anschauen", kündigte der verkehrspolitische Sprecher der Regierungspartei SPÖ, Anton Heinzl, am Freitag im Deutschlandfunk an. "Und wenn sich herausstellt, dass die Österreicherinnen und Österreicher diskriminiert werden, dann werden wir diese Maut mit allen Mitteln bekämpfen und das heißt natürlich auch mit rechtlichen Mitteln."
Streitpunkt sind EU-weit weiterhin die Belastungen für ausländische Autofahrer, Widerstand gibt es daher von Deutschlands Nachbarn: Die Niederlande kündigten bereits an, gegen eine Maut-Einführung vor dem EuGH zu klagen. Möglicherweise würden sich auch Österreich, Belgien und Dänemark einer Klage anschließen, hieß es. Die Diskriminierung von Fahrern aus dem Ausland sei nun ein bisschen mehr verschleiert, aber immer noch da, kommentierte Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried den Kompromiss.
Tschechien warnte ebenfalls vor einer Ungleichbehandlung von Deutschen und EU-Ausländern durch die Maut. Ob sich Prag einer Klage anschließen würde, ist aber unklar. Grundsätzlich habe Berlin ein Recht darauf, eine Pkw-Maut zu erheben, sagte Verkehrsminister Dan Tok.
Schnelle Umsetzung geplant
Das Verkehrsministerium strebt eine schnelle Umsetzung der zugesagten Änderungen an und will noch in diesem Jahr einen Entwurf in die regierungsinterne Abstimmung geben. Möglichen Klagen deutscher Nachbarländer sehe man sehr gelassen entgegen, sagte ein Sprecher. Er verwies auf die Einschätzung der EU-Kommission, dass nun ein Modell für eine diskriminierungsfreie Maut vereinbart worden sei. (dpa/rp)
Christian Saß