Ausgabe 01-02/2014: Lohnen Events noch?

Es war einmal - Markteinführungen, Sommerfeste und Tag der offenen Tür: Interessenten und Kunden kamen wegen neuer Modelle, Probefahrten und der Hüpfburg für die Kinder. Heute muss man schon "Superlative" bedienen, um Besucher zu Events ins Autohaus zu locken. Kosten und Aufwand stehen da schnell in keinem Verhältnis zum Nutzen mehr. Sollte der Handel in Zukunft ganz darauf verzichten oder braucht es neue Formate? Drei Händler geben uns Einblick in ihre Eventstrategie.Auto Wichert GmbHBei der inhabergeführten Auto Wichert GmbH (16 Standorte in Hamburg und Norderstedt, ca. 920 Mitarbeiter) fragten wir die Marketing-Verantwortliche, Lena Müthel:AH: Frau Müthel, was war Ihr letztes großes Event?L. Müthel: Die Neueröffnung eines VW Standortes im Hamburger Nordwesten Ende August. Zeitgleich feierten wir die Markteinführung des neuen VW Golf Variant. Unser Veranstaltungskonzept war familienorientiert mit Zauberer, Ballonkünstler, Hüpfburg, Getränken und Snacks.AH: Welches Ziel haben Sie mit dem Event verfolgt, und haben Sie es erreicht?L. Müthel: Wir wollten auf unsere neue Filiale und die damit verbundene Angebotserweiterung und Kundennähe im Stadtgebiet aufmerksam machen. Es kamen viele Nachbarn, die persönlich sehen wollten, was Auto Wichert nach kurzer Bauzeit auf die Beine gestellt hat. Auch im Nachgang zur Veranstaltung haben wir immer noch einen guten Zulauf von Interessenten und Kunden.AH: Mit welcher Motivation kommen Interessenten zu Ihren Events?L. Müthel: Viele langjährige Kunden wissen, dass Auto Wichert regelmäßig gute Veranstaltungen macht. Mit Events lassen sich aber auch neue Kontakte knüpfen und aus Interessenten Kunden machen.AH: Lohnen sich Events für den Autohandel noch?L. Müthel: Ganz sicher. Das gemeinsame Erlebnis, die Atmosphäre, die persönlichen Gespräche und das direkte Feedback machen für uns eine Veranstaltung aus. Mit einem Event haben wir die Chance, mehr als nur technische Details oder Ausstattungen eines Autos zu transportieren. Den Erfolg macht aber auch eine professionelle Nacharbeit aus, wie Presseveröffentlichungen, ein Fotolink an die Gäste, ein Bericht auf Facebook etc.AH: Wie werden Events künftig aussehen?L. Müthel: Events werden zielgruppenspezifischer. Ich bin z. B. gerade in der finalen Vorbereitung unseres diesjährigen Fuhrparkforums. Bei dem Überangebot an Veranstaltungen werden Kunden zunehmend selektieren, welche Einladungen sie annehmen. Umso wichtiger ist es da, passende Veranstaltungsideen und Kundenansprachen zu entwickeln.AH: Welche Rolle kommt den Herstellern bei den lokalen Events der Autohändler zu?L. Müthel: Die Markenwelten der Hersteller, in unserem Falle Audi, Volkswagen, Volkswagen Nutzfahrzeuge und Skoda, bieten immer wieder Anregungen für Konzepte und markengerechte Tools als Support. Die Veranstaltungen, die die Hersteller in Hamburg machen, sind oft hochwertig, und wir freuen uns immer, ein Teil dessen zu sein. Bei unseren eigenen Events ist aber die Kommunikation und der sympathische Auftritt der Dachmarke Auto Wichert wichtiger als die Kommunikation der Hersteller.AUTO WELLER GMBH & CO. KGBei Auto Weller in Osnabrück (Toyota) fragten wir Geschäftsleiter Andreas Stege:AH: Herr Stege, was war Ihr letztes großes Event?A. Stege: Die Markteinführung des Toyota Auris Touring Sports, dem erstem Hybrid Kombi in der Golf Klasse. Zielgruppe waren unser Kundenstamm, alte Corolla Kombi Kunden, aber auch Neukunden. Im Fokus stand die Durchführung begleiteter Probefahrten. Natürlich gab es auch etwas für Kinder (XXL Megarutsche, Kinderquads, Schminken etc.), Gutscheine über ein Essensmenü für unsere treuen Kunden und Musik mit Didgeridoo-Künstlern.AH: Welches Ziel haben Sie mit dem Event verfolgt, und haben Sie es erreicht?A. Stege: Den neuen Kombi vorzustellen und natürlich Neuwagen zu verkaufen. Grundsätzlich haben wir das Ziel erreicht: ca. 600 Besucher an beiden Tagen und einige verkaufte Fahrzeuge.AH: Mit welcher Motivation kommen Interessenten zu Ihren Events?A. Stege: Weil bei uns immer etwas los ist und natürlich die Einlösung der Verzehrgutscheine.AH: Lohnen sich Events für den Autohandel noch?A. Stege: Einerseits stehen Aufwand und Ertrag oft nicht mehr in einem sinnvollen Verhältnis, erst seitdem wir wieder Verzehrgutscheine einsetzen, haben wir den Traffic deutlich gesteigert. Das ist zwar noch mehr finanzieller Aufwand, aber wenigstens bekommst du die Kunden motiviert. Andererseits lohnen sich Events schon, da man bei diesem Kundenkontakt neben dem Produkt den wichtigen Sympathiefaktor "Menscheln" aktiv rüberbringen kann.AH: Wie werden Events künftig aussehen?A. Stege: Herstellergetriebene Frühjahrsund Herbstpromotions wird es auch in Zukunft geben, aber immer weniger Kunden nehmen Standardpromotions in altbackener Form noch an. Ich denke, die Zukunft sind eher gezielte kleine Events, wo du noch mehr Zeit für den einzelnen Kunden hast. Diese individuellen Formate orientieren sich z. B. an den Hobbys der Menschen, den unterschiedlichen Interessen und Einstellungen differenzierter Zielgruppen, z. B. Premium-Kunden (Lexus), Familie (Toyota) oder Fleet & Business Kunden usw.AH: Welche Rolle kommt den Herstellern bei den lokalen Events der Autohändler zu?A. Stege: Die Hersteller müssen erkennen, dass ein neues Auto kaum noch einen Kunden vom Sofa lockt. Aufmerksamkeit erregst du beim Publikum nur noch mit außerordentlichen Attraktionen, die aber vom Handel nicht zu finanzieren sind. Der Hersteller sollte individuell auf seine Händler eingehen, deren Marketingkonzepte akzeptieren und finanziell begleiten.Autohaus Heinz Nauen GmbH & Co. KGBeim alteingesessenen Familienbetrieb Heinz Nauen (Düsseldorf-Meerbusch, VW, 60 Mitarbeiter) fragten wir Anna Nauen, die Marketing-Verantwortliche:AH: Frau Nauen, was war Ihr letztes großes Event?A. Nauen: Ein "After Work Late Night Shopping" mit Cocktail-Bar, Saxophonist, Canapés, Finger food. Unsere Zielgruppe waren Bestandskunden sowie potenzielle Interessenten.AH: Welches Ziel haben Sie mit dem Event verfolgt, und haben Sie es erreicht?A. Nauen: Neukundengewinnung, Kundenloyalisierung und Bestandsabbau. Und das haben wir auch erreicht, es konnten z. B. 15 Fahrzeuge verkauft werden.AH: Mit welcher Motivation kommen Interessenten zu Ihren Events?A. Nauen: Wir sind bekannt für familiäre Atmosphäre, "Wohlfühlaroma" und Sympathie. Bei uns fühlt sich der Kunde willkommen und gut aufgehoben.AH: Lohnen sich Events für den Autohandel noch?A. Nauen: Ja! Wenn wir ein Event machen, dann richtig. Wir arbeiten viel mit zu uns passenden Kooperationen und einem Mix aus eigenem Personal und professionellen Dienstleistern. So bieten Events uns eine Möglichkeit, neue Kunden zu erobern und über die Medien Bekanntheitsgrad und Image zu verbessern.AH: Wie werden Events künftig aussehen?A. Nauen: Eine zielgruppenorientierte Ansprache wird wichtiger. Wir wollen keine Kirmes und nicht die breite Masse ansprechen, sondern eine strategische, zielgruppenspezifische Ansprache. Großkunden erwarten andere Events als Einzelkunden. Dieses Jahr findet z. B. für unsere Großkunden ein Fachvortrag zum Thema "Fuhrparkrecht" statt. Unsere Endkunden wurden z. B. zu einem gemütlichen After Work BBQ eingeladen. Und Politikinteressierte nahmen an einer Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl 2013 in unserem Autohaus teil.AH: Welche Rolle kommt den Herstellern bei den lokalen Events der Autohändler zu?A. Nauen: Zur zielgruppenorientierten Ansprache wären Tools zur differenzierten Marktbearbeitung wünschenswert. Ein Grafiker sollte anders angesprochen werden als ein Anwalt. Eine zielgruppenorientierte Markenkommunikation und Positionierung hilft dem Handel, sich vom Wettbewerb zu differenzieren und die Bedürfnisse der relevanten Zielgruppen zu befriedigen.* Die Autorin Antje Socher ist Mitarbeiterin am Institut für automobiles Marketing.AUTOMOBILES MARKETINGDas Institut für automobiles Marketing ist der Kompetenzträger für Marktanalyse, Knowhow-Entwicklung und Qualifizierung in der Automobilbranche. Im Fokus stehen dabei die Analyse von Märkten und Zielgruppen, die Entwicklung von Marketingstrategien und deren Implementierung in Unternehmen und Märkten.www.automobiles-marketing.deIhre eigene EventstrategieEvents sind und bleiben wichtiger Bestandteil der Marketingstrategie. Informieren kann sich der Konsument online - Sympathie und Kundennähe erfährt er nur bei Ihnen im Autohaus. Welche Eventformate die richtigen sind, hängt von der Zielgruppe und Ihrem Ziel ab. Drei Tipps, was Sie bei der Entwicklung einer individuellen Eventstrategie berücksichtigen sollten:1. Was wollen Sie erreichen? Möglichst viele Besucher, um Bekanntheit und Image zu steigern? Oder Autos verkaufen? Im ersten Fall brauchen Sie ein breitenwirksames Konzept. Im zweiten Fall empfiehlt sich eher ein Probefahrtevent mit ausgewählten Interessenten und Kunden.2. Wen wollen Sie erreichen? Geschäftskunden vs. Privatkunden, Single vs. Familien etc.: Die Interessen der Zielgruppen bestimmen den Inhalt des Events. Versuchen Sie Fachthemen, Hobbys oder auch soziale Projekte der Zielgruppen zu identifizieren und diese in Ihren Events aufzugreifen.3. Welche Ressourcen haben Sie? Planen Sie Events auch nach der Zeit und dem Budget, welches Ihnen im Autohaus zur Verfügung steht. Nicht die Größe des Events entscheidet über den Eindruck, sondern die Perfektion und Leidenschaft.

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