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Kommentar: Das Autofahren wird unerschwinglich

03.02.2023 14:00 Uhr | Lesezeit: 4 min
Kleinwagen und die Spareffekte im Fuhrpark
© Foto: Leaseplan

Wer sich künftig das Autofahren nicht mehr leisten kann, ist auf Alternativen angewiesen. ÖPNV, Bahn, Rad? Da bleibt viel Stammkundschaft im Autohaus auf der Strecke! Ergo: Es ist dringlich ein neues Gleichgewicht gesucht. Ein Kommentar von AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat.

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Schaut man sich die Berichterstattung über die Berliner ZDK/DAT-Veranstaltung in der Presse an, so wird auffällig oft aus dem aktuellen "DAT-Report 2023" die gravierende Aussage hervorgehoben: 50 Prozent der Befragten haben angesichts der aktuellen Ereignisse Angst, sich bald kein Auto mehr leisten zu können.

Martin Endlein, Leiter der Unternehmenskommunikation bei der DAT, stellte am 19. Januar in Berlin die wesentlichen Aussagen des neuen Reports vor. Endlein feierte zu diesem Anlass in Berlin zugleich sein zehnjähriges Firmenjubiläum bei der DAT. Persönliche Anmerkung: Zuvor war er stellvertretender Chefredakteur bei AUTOHAUS. Wir waren früher Kollegen. Es sei hier einmal hervorgehoben, den DAT-Report, den es seit 1974 gibt, hat Endlein in den qualitativen Aussagen im Verbund mit der automobilen Praxis Jahr für Jahr auf eine einmalige Aussagenebne fortentwickelt und zu einem gewichtigen Analyse-Fundament für die gesamte Autobranche gemacht. Respekt!

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Die Ursachen für die Verteuerung des Autofahrens sind vielfältig. Selbst Kleinwagen werden unbezahlbar - unter anderem dank EU 7 - und sterben aus. Umgekehrt beweist Fiat mit dem 500 das Gegenteil. Oder auch Opel mit dem Corsa. 2022 hat Fiat seinen Autozwerg sage und schreibe52.337 Mal verkauft. Auffällig: 68,5 Prozent aller 500er als Geschäftswagen. Diese Fahrzeuggattung gehört dann angeblich unter die Gattung "Dienstwagenprivileg". Deutlich die Hälfte entschied sich beim Fiat 500 für einen Elektroantrieb, der bei einem Preis von 30.990 Euro aufwärts startet. Oder der Einstieg in die Corsa-Welt liegt beim 1,2 Liter Benziner bei 20.440 Euro. 

Es gibt eben auch eine andere politische Spezies, die klar fordert: Das Autofahren muss teurer werden. Der Verkehr gehört zu den größten Umweltsündern. Klar, wenn jedes Jahr 500.000 zusätzliche Fahrzeuge hinzukommen. Dazu fahren die Menschen zu viel, zu große und zu schwere Autos. Ferner sind zwei Drittel der Menschen in Deutschland so gut wie nie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Die Mobilitätswende erfordert eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens. Wie will man liebgewordene Gewohnheiten ändern? Über Preise? Über Verordnungen? Über menschliche Vernunft? 


DAT-Report 2023-Präsentation / Branchen-Kick-off ZDK

DAT-Report 2023-Präsentation / Branchen-Kick-off ZDK Bildergalerie

Überzogenes Lohnniveau bei den Autoherstellern

Zu den Autokosten zurück. Ein Faktor wird in der Gesamtbetrachtung gerne ausgeblendet. Das ist das überzogene Lohnniveau in der Automobilindustrie. 93.000 Beschäftigte bei Mercedes-Benz erhalten beispielsweise für 2022 eine Prämie von bis zu 7.300 Euro. Oder, der Mercedes-Benz-Bandarbeiter verdient im Schnitt pro Monat 1.750 Euro mehr als ein Mechatroniker. Oder wenn Stellantis-Chef Carlos Tavares meint, er müsse sich für 2022 eine Gage von 66 Millionen Euro einverleiben, dann läuft das alles unter der Gattung "völlig überzogen". Oder schwäbisch: nicht anständig! Wer bezahlt das? Der Kunde mit den überzogenen Fahrzeugpreisen. Da spricht keiner darüber.

Oder man schaue sich das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) an. Demzufolge sind die Gehälter einiger VW-Betriebsräte zu hoch und müssen spürbar gekürzt werden. Der BGH muss so etwas feststellen und beanstanden! Das oberste Gericht! Welche Peinlichkeit! Für die konkrete Vergütung wird davon ausgegangen, wie der Berufsweg des einzelnen Betriebsrats ausgesehen hätte, wenn er nicht in den Betriebsrat gegangen wäre. Für den früheren Betriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh (64) kam da zuletzt eine Gage von jährlich 750.000 Euro zusammen. Der ehemalige VW-Konzernchef Diess machte ihm 2021 die Stelle als Personalvorstand bei der VW-Konzerntochter Traton mit einer Jahresgage von rund zwei Millionen Euro schmackhaft und Osterloh störte nicht mehr. Er wechselte die Seite! Das sind alles überzogene Kosten ohne Vorbildcharakter.

Schaut man auf das Preisniveau der E-Autos, dann sind diese auch unter Wegfall bzw. Reduzierung der Prämie eine automobile Gattung für Gutbetuchte. Wer sich künftig das Autofahren nicht mehr leisten kann, ist auf Alternativen angewiesen. ÖPNV, Bahn, Rad? Da bleibt dann viel automobile Stammkundschaft im Autohaus auf der Strecke! Ergo: Da ist dringlich ein neues Gleichgewicht gesucht. Eines, das bezahlbar bleibt. Autofahren muss bezahlbar bleiben!


DAT-Report 2023 - Charts

DAT-Report 2023 Beziehung zum Auto Bildergalerie


Zur Person: Prof. Hannes Brachat

Hannes Brachat, Jahrgang 1948, ist seit vielen Jahren Kenner und Beobachter der deutschen Kfz-Branche. Von 1984 bis 1993 wirkte er als Chefredakteur von AUTOHAUS, seitdem ist er Herausgeber des Fachmagazins. Von 2002 bis 2014 war er Professor für Automobilwirtschaft, Schwerpunkt Autohaus-Management, an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen. Ab 2014 nahm er diese Aufgabe in Form eines Lehrauftrages wahr.

Seit dem Start von Autohaus.de im Jahr 1998 ist Brachat engagierter Kolumnist und Kommentator des aktuellen Branchengeschehens. Seinen Blog "HB ohne Filter" finden Sie hier!



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KOMMENTARE


U.Herrmann

03.02.2023 - 20:52 Uhr

"Kommentar: Das Autofahren wird unerschwinglich" Hallo! Neuwagen könnten doch deutlich billiger sein, wenn sie nicht schon so viel teure Ausstattung haben müssten. Muss wirklich jedes kleine Auto unbedingt so viele Assistenzsysteme haben? Z.B.für Reifendruck, Notruf, Abstand, Spurhaltung usw., inzwischen sogar Vorrüstung für Alcomat! - alles gesetzlich vorgeschrieben. Zumindest viele vorsichtige Wenigfahrer und die finanziell Knappen würden gerne darauf verzichten. Freundliche Grüße.


C.F.

06.02.2023 - 10:58 Uhr

erst wir es erschwinglich gemacht, damit sich jeder daran gewöhnt und auch nicht mehr missen möchte. Jetzt dreht man den Spieß um und viele werden noch mehr dafür tun um ein PKW zu besitzen und sich hoch verschulden. Bei den Immobilien ähnlich zu sehen seid den letzten 20 Jahren. Wo das alles nur hinführt, dank immer mehr gierigen Menschen, immer weniger Wertschätzung und falschem Ego. Der Kleine Mann/Frau bezahlt die Party ohne es zu merken und zu wollen, aber es wird zugelassen und andere Feier auf unsere Kosten. Tolle schöne Welt......


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