Ausgabe 13/2014: Klarstellung

Erst vor wenigen Wochen haben wir an dieser Stelle die Streitanfälligkeit beim Leasingvertrag beleuchtet. In der Sache ging es um den "Dauerbrenner" Gewährleistungsausschluss bei gleichzeitiger Abtretung der kaufrechtlichen Sachmängelansprüche. Wie in Autohaus Heft 11/2014 erläutert, steht eine höchstrichterliche Entscheidung zur Wirksamkeit des Haftungsausschlusses auch für Gesundheitsschäden etc. noch aus. Ein anderes nicht weniger streitbefangenes Thema beim Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung wurde vom Bundesgerichtshof zwischenzeitlich geklärt. In der Sache stand die sog. Restwertklausel bzw. die Frage auf dem Prüfstand, ob für die Bemessung des Minderwertausgleichs der vom Leasinggeber kalkulierte Restwert bzw. der tatsächlich erzielte Verwertungserlös eine Rolle spielt. Instanzenweg Die Klägerin, eine Leasinggesellschaft, schloss mit der Beklagten einen Leasingvertrag über einen Pkw mit Kilometerabrechnung und einer Laufzeit von 36 Monaten. In den Leasingbedingungen für Geschäftsfahrzeuge war u. a. bestimmt: - Die Leasing-Raten, eine vereinbarte Sonderzahlung und eine Mehrkilometerbelastung sind Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung des Fahrzeugs. - Bei Rückgabe muss das Fahrzeug in einem dem Alter und der vertragsgemäßen Fahrleistung entsprechenden Erhaltungszustand, frei von Schäden sowie verkehrsund betriebssicher sein. Normale Verschleißspuren gelten nicht als Schaden. Über den Zustand wird bei Rückgabe ein gemeinsames Protokoll angefertigt und von beiden Vertragspartnern oder ihren Bevollmächtigten unterzeichnet. - Entspricht das Fahrzeug nicht diesem Zustand, ist der Leasingnehmer zum Ersatz des entsprechenden Schadens verpflichtet. Als das Fahrzeug nach Ablauf der regulären Vertragslaufzeit zurückgegeben und kein Protokoll erstellt wurde, ließ die Klägerin den Pkw durch einen Sachverständigen begutachten und verkaufte ihn zum kalkulierten Restwert an einen Vertragshändler. Anschließend forderte sie den beklagten Leasingnehmer zum Ausgleich des mängel- und schadensbedingten Minderwerts laut Gutachten i.H.v. 4.600 Euro auf. Die entsprechende Klage wurde sowohl vom Amts- als auch vom Landgericht mangels Differenz zwischen dem tatsächlich erzielten Verkaufserlös und dem kalkulierten Restwert abgewiesen. Insbesondere sei damit kein beschädigungsbedingter Minderwert bei der klagenden Leasinggesellschaft verblieben. Eine zwischen der Leasinggesellschaft und dem Vertragshändler getroffene Vereinbarung, wonach die Klägerin verpflichtet sei, einen Minderwert von mehr als 2.000 Euro gerichtlich gegen den Leasingnehmer geltend zu machen und den titulierten Betrag an den Händler auszukehren, sei demgegenüber unbeachtlich, weil eine solche Abrede den Minderwert nicht wieder aufleben lasse. Im Ergebnis sei der Klägerin somit nach der Veräußerung des Fahrzeugs zum kalkulierten Restwert kein ersatzfähiger Schaden verblieben. Revision Der Bundesgerichtshof ist dieser Sichtweise allerdings nicht gefolgt. Zwar habe das Berufungsgericht zutreffend festgestellt, dass die Parteien eine vertragliche Vereinbarung über einen als Erfüllungsanspruch ausgestalteten Anspruch auf Ausgleich eines etwaigen Minderwerts des Leasingfahrzeugs bei dessen Rückgabe in vertragswidrigem Zustand getroffen haben. Dem steht nicht entgegen, dass der Leasinggeber nach dem Wortlaut der Klausel "zum Ersatz des entsprechenden Schadens" verpflichtet wird, zumal die Begriffe "Minderwert" und "Schaden" ebenso synonym gebraucht werden, wie die Begriffe "Ausgleich" und "Ersatz". Damit sollte ein Anspruch begründet werden, der aufgrund seiner leasingtypischen Amortisationsfunktion in wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht als vertraglicher Erfüllungsanspruch zu charakterisieren ist. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch den geltend gemachten Minderwertausgleich daran scheitern lassen, dass die Klägerin den kalkulierten Restwert des Fahrzeugs bei der anschließenden Veräußerung habe realisieren können und sie daher in vermögensrechtlicher Sicht genauso gestellt sei wie bei einer Rückgabe des Leasingfahrzeugs in vertragsgemäßem Zustand. Das Berufungsgericht habe hierbei den Inhalt des Minderwertausgleichs und die Eigenart eines Kraftfahrzeug-Leasingvertrages mit Kilometerabrechnung nicht hinreichend erfasst. Chancen und Risiken Dieses Geschäftsmodell zielt insgesamt darauf ab, dass der Leasinggeber bei planmäßigem Vertragsablauf die volle Amortisation des zum Erwerb des Fahrzeugs eingesetzten Kapitals einschl. des kalkulierten Gewinns erhält. Der Anspruch des Leasinggebers auf Amortisation seines Anschaffungs- und Finanzierungsaufwandes wird im Wege der Mischkalkulation durch die vom Leasingnehmer geschuldeten Zahlungen und durch die Verwertung des Leasingfahrzeugs erreicht, für dessen ordnungsgemäßen Zustand der Leasingnehmer einzustehen hat. Bei einer solchen Vertragsgestaltung findet jedoch typischerweise kein Ausgleich und keine Abrechnung des vom Leasinggeber intern kalkulierten Restwerts statt. Von daher baut die bei einem Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung bezweckte Vollamortisation des Aufwands gerade nicht auf einer Restwertabrechnung auf. Das Verwertungsrisiko und die Verwertungschance liegen vielmehr allein beim Leasinggeber, der bei der Rückgabe des Fahrzeugs in vertragsgemäßem Zustand das Risiko trägt, dass er bei dessen Veräußerung die volle Amortisation des zum Erwerb des Fahrzeugs eingesetzten Kapitals einschl. des kalkulierten Gewinns erzielt. Er ist deshalb nicht verpflichtet, den Leasingnehmer an einem durch die Veräußerung des Fahrzeugs nach Vertragsablauf erzielten Gewinns zu beteiligen. Diese Grundsätze gelten auch für die Bemessung des Minderwertausgleichs bei Rückgabe des Fahrzeugs in vertragswidrigem Zustand. Dieser Anspruch ist auf Zahlung des Betrages gerichtet, um den der Wert des Leasingfahrzeugs bei Vertragsablauf wegen der vorhandenen Schäden oder Mängel hinter dem Wert zurückbleibt, den das Fahrzeug in vertragsgemäßem Zustand hätte. Nachdem dieser Minderwert in Anbetracht der bezweckten Vollamortisation wirtschaftlich und rechtlich an die Stelle des ursprünglichen Anspruchs des Leasinggebers auf Rückgabe des Fahrzeugs in einem vertragsgerechten Erhaltungszustand tritt, ändert sich an der Verteilung des Verwertungsrisikos und der Verwertungschancen nichts. Kurzfassung 1. Bei dem Anspruch auf Ausgleich eines etwaigen Minderwerts des Leasingfahrzeugs handelt es sich um einen vertraglichen Erfüllungsanspruch.2. Von daher sind für die Bemessung des mängel- oder beschädigungsbedingten Minderwertausgleichs beim Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung weder der vom Leasinggeber kalkulierte Restwert noch der nach Vertragsablauf erzielte Verwertungserlös von Bedeutung.3. Diese Grundsätze gelten auch für die Bemessung des Minderwerts bei Rückgabe des Fahrzeugs in vertragswidrigem Zustand. Kommentar » Der Bundesgerichtshof hat seine bisherige Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle den heutigen Leasingbedingungen angepasst. Zwar gehen in den AGBs enthaltene Unklarheiten immer noch zu Lasten des Leasinggebers, von dem erwartet wird, dass er seine Vertragsbedingungen unmissverständlich formuliert. Hierfür soll es allerdings genügen, wenn der Kunde in den Leasingbedingungen darauf hingewiesen wird, dass der finanzielle Aufwand des Leasinggebers ggf. nicht mit den Leasingraten abgegolten wird und der Leasingnehmer mit Blick auf die bezweckte Vollamortisation mit Nachzahlungen rechnen müsse. Dies sei bei den derzeit branchenüblichen Bestimmungen der Fall. «Rechtsanwalt Walter Sattler

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