Elektrofahrzeuge: Kalt erwischt

KURZFASSUNG: Händler und Hersteller haben auf den Wegfall des Umweltbonus schnell reagiert. Vieles deutet darauf hin, dass es in Zukunft kein ähnliches Instrument mehr geben wird. Die Hersteller haben schon angefangen, andere Angebote zu machen. Als am 16. Dezember die Nachricht vom Ende der Förderung für Elektroautos kam, alarmierten viele Autohändler sofort ihr Team. Sämtliche Kunden, an die vor kurzem die Autos ausgeliefert wurden, wurden angerufen und darauf aufmerksam gemacht, dass nach dem 17. Dezember keine Anträge auf Umweltbonus beim Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (Bafa) mehr gestellt werden können. Wer noch keinen Antrag gestellt hatte und Hilfe brauchte, bekam sie. Die Autohändler standen damit an der Seite ihrer Kunden. In der darauffolgenden Woche wurde dann klar, dass die meisten Hersteller und Importeure ebenfalls ihre Kunden nicht im Regen stehen lassen wollten und die ausgefallene Förderung zumindest bis Ende 2023 übernehmen. Unterschiedliche Hilfe Damit endete aber auch schon die Gemeinsamkeit. Die Dauer der Übernahme und inwiefern sich die Händler daran beteiligen müssen, unterschied sich stark. Die Händlerbeteiligung reichte von einem Drittel bis null, die Länge der Förderung von Verkäufen von bis zum 15. Dezember bis zum ersten Quartal 2024. Volkswagen übernahm zum Beispiel für alle förderfähigen Volkswagen ID-Modelle, die Privatkunden bis zum 15. Dezember 2023 bestellt, aber noch nicht übernommen und zugelassen haben, zusätzlich zum Herstelleranteil auch den Bundesanteil. Wurden diese Fahrzeuge noch 2023 ausgeliefert und zugelassen, erhielten die Kunden eine Förderung von bis zu 6.750 Euro. Erfolgen Auslieferung und Zulassung hingegen erst im neuen Jahr, und zwar bis zum 31. März 2024, zahlt Volkswagen eine Prämie von bis zu 4.500 Euro, wie sie ursprünglich von der Bundesregierung in Aussicht gestellt worden war. Die Händlerbeteiligung liegt hier nach Auskunft des Händlerverbandes bei null. Händlerbeteiligung Stellantis Germany garantierte bis einschließlich 31.12.2023 für Elektrofahrzeuge, die nach den bisherigen Bafa-Richtlinien bonusberechtigt sind, den vollen Umweltbonus. Das galt für Privatkunden, die ihr bereits bestelltes vollelektrisches Fahrzeug der Marken Abarth, Citroën, DS Automobiles, Fiat, Jeep, Opel und Peugeot bis zum 31.12.2023 zugelassen haben. Eingeschlossen waren Zulassungen, für die die Prämie bislang noch nicht beantragt wurde und die vom Bafa nicht mehr berücksichtigt werden konnten. Für bereits bestehende Bestellungen, deren Zulassungen durch die Privatkunden noch bis zum 29. Februar 2024 erfolgen, garantiert Stellantis für berechtigte Fahrzeuge den ursprünglich ab 1. Januar 2024 geltenden reduzierten Umweltbonus. Der Umweltbonus wird in der jeweiligen Höhe als zusätzlicher Nachlass gewährt. Die Händlerbeteiligung liegt hier bei 20 Prozent. Erträge in Gefahr Autoexperte Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft in Geislingen geht davon aus, dass eine Preisreduktion der Hersteller für die Elektromodelle angesichts etablierter Kostenstrukturen in der Entwicklung und Produktion kurzfristig nicht gelingen kann. "Dies wäre aber dringend nötig, denn gerade im volumenstarken Kompaktwagensegment fehlen aktuell preisattraktive Fahrzeuge", so der Professor im Interview mit AUTOHAUS.de. Er geht wegen dieser Produktlücken davon aus, dass es auch auf der Handelsebene zu Absatzeinbußen kommt und die Ertragssituation nachhaltig negativ beeinflusst wird. Wenn dann noch die Händlerbeteiligung für die Übernahme des Umweltbonus in 2024 wie in einigen Fabrikaten angekündigt auf 50 Prozent steigt, bleibt nichts mehr übrig oder die Geschäfte sorgen sogar für Verluste. Volkswagen prescht vor Als einer der ersten Hersteller preschte Volkswagen aber gleich zu Beginn des neuen Jahres vor und verkündete ab sofort bis zu 7.735 Euro Rabatt auf batterieelek-trisch angetriebene Modelle seiner ID-Familie. Die "Volkswagen Umweltprämie" genannte Preisminderung setzt sich aus einer Aktionsprämie sowie in einigen Fällen einem zusätzlich gewährten E-Mobilitäts-Bonus zusammen. Der höchste Nachlass wird auf die Baureihen ID.4, ID.4 GTX und ID.5 gewährt. Beim ID.3 Pro summieren sich die Aktionsprämie von 5.235 Euro sowie der E-Mobilitäts-Bonus von 1.785 Euro auf immerhin noch 7.020 Euro. Der Basispreis für das Kompaktmodell sinkt damit von rund 40.000 auf 33.000 Euro. Den niedrigsten Nachlass in Höhe von 4.760 Euro gibt es auf die Limousine ID.7 Pro. Die Aktion richtet sich an Privatkunden, die ein ID-Fahrzeug kaufen oder leasen, und ist bis Ende März 2024 befristet. Dacia räumt für alle beim Händler verfügbaren Spring sogar 10.000 Euro Elektrobonus ein. Was will die Politik? 15 Millionen Elektrofahrzeuge sollten bis 2030 auf die deutschen Straßen gelangen. Von diesem Ziel ist man derzeit noch weit entfernt. Verbände, sowohl des Kfz-Gewerbes als auch der Industrie, fordern eine klare und berechenbare Förderpolitik, um wenigstens noch in die Nähe des Ziels zu kommen. Hinter den Kulissen scheint aber bereits klar zu sein, dass es da nichts mehr gibt, was mit der Vergangenheit vergleichbar ist. ZDK-Vizepräsident Thomas Peckruhn erklärt es so: "Die Autoindustrie muss ihre CO2-Flottenziele für Pkw erreichen. Die Zulassung neuer E-Autos ist darin fest eingerechnet." Die CO2-Flottenzielwerte für Pkw sind das zentrale Lenkungsinstrument, damit Autohersteller Fahrzeuge mit niedrigen CO2-Emissionen entwickeln und auf die Straße bringen. Überschreiten die Hersteller die Werte, werden Strafzahlungen an die EU fällig. Peckruhn geht deswegen davon aus, dass man in Berlin mit der Übernahme der Prämie durch die Hersteller gerechnet habe. Volkes Meinung Unterdessen werden auch Stimmen laut, die fordern, dass die Autohersteller, die in den letzten Jahren große Gewinne eingefahren haben, gut auf die Förderung verzichten könnten. Auch dass die zwar geringere Förderung von Luxus-Stromern völlig unnötig gewesen sei, wird immer öfter kommentiert. Ein Argument, das angesichts eines Durchschnittspreises von 52.700 Euro für einen Elektro-Neuwagen nicht von der Hand zu weisen ist. Das Problem dabei ist wohl die Rolle der deutschen Autoindustrie, die derzeit vor allem im hochpreisigen Segment Angebote hat. Vorschläge Der Chef des Umweltbundesamts (UBA) schlägt schon seit Jahren eine stärkere Besteuerung von Verbrenner-Autos mit hohem CO2-Ausstoß zur Finanzierung einer neuen Elektroauto-Förderung vor. Das Umweltbundesamt plädiert für ein Bonus-Malus-System, das sich am Verursacherprinzip orientiert: "Je höher der CO2-Ausstoß eines Autos, desto größer sollte die steuerliche Belastung sein", sagte Präsident Dirk Messner dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Mit dem eingenommenen Geld könnte man eine Prämie für den Kauf von kleinen und mittleren E-Autos gegenfinanzieren. "Fakt ist, dass die bisherige Förderung von E-Autos reformbedürftig war: Wir sollten stärker auf Menschen mit geringen Einkommen schauen und Fördermittel nicht mit der Gießkanne verteilen." In den Niederlanden, Frankreich und den skandinavischen Ländern ist eine Luxussteuer auf große und schwere Spritschlucker seit vielen Jahren Praxis. Hinzu kommt in Frankreich, dass auch der Energiemix bei der Autofertigung bei der Berechnung der Entlastung beim Erwerb eines Elektroautos einberechnet wird. Für chinesische Hersteller, die mit einem hohen Anteil an Kohlestrom produzieren, ist das eine große Hürde. Fazit Die Markenhändler müssen in dieser Gemengelage wohl im Neuwagengeschäft mit dem Vorgehen ihres Herstellers oder Importeurs leben. Wenn der Wettbewerb wie erwartet härter wird, wird sich da wohl einiges tun. Den Händlerverbänden bleibt die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Händlerbeteiligungen in den wie auch immer gearteten Reaktionen auf den Wegfall der Förderung noch einen angemessenen Ertrag für die Betriebe ermöglichen. Eine einheitliche Meinung in der Branche zu finden, dürfte schwierig sein, denn je nach Marke und Modellpalette haben auch die Händler unterschiedliche Interessen. Eins ist aber klar: Auf Subventionen des Bundes, auf die die Kunden nicht schon bei der Bestellung Anspruch haben, darf man sich nicht verlassen. Wenn diese in die Abgabepreise eingerechnet werden, kann es für den Handel teuer werden. Den Autohäusern bleibt aber immer das Gebrauchtwagengeschäft und ihr guter Service, den sie beim unerwarteten Ende des Umweltbonus einmal mehr bewiesen haben.

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