Qualifikation: Im Einklang mit dem Beruf

Seit zehn Jahren gibt es das Fernstudium an der Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe (BFC) e. V. in Northeim. Ein Gespräch mit Geschäftsführerin Sylvia Gerl über Konzeption und Vorteile. AH: Frau Gerl, wie ist es zum Fernstudienprogramm gekommen? S. Gerl: In der Vergangenheit wurden wir immer wieder von Menschen angesprochen, die keine Möglichkeit hatten, ihren Arbeitsplatz für elf Monate zu verlassen. Sie wollten am BFC-Wissen partizipieren, aber nicht in Präsenz. Ein Argument war stets, dass sich für die vorgegebene BFC-Zeit niemanden finden ließe, der die eigene Arbeit in der gleichen Form und Güte übernehmen könne. Das war quasi der Startschuss für die konzeptionelle Arbeit und die Geburtsstunde des Fernstudiums. AH: Was unterscheidet die Teilnehmer des Fernstudiums von Präsenzstudenten? S. Gerl: Die Teilnehmer des Fernstudiums sind in der Regel älter als diejenigen, die das Präsenzstudium nachfragen. Was alle vereint, ist deren Vita. Alle haben automobile Wurzeln, da sie einen "Auto-Beruf" erlernt haben, aber die Fernstudenten verfügen über deutlich mehr Branchenerfahrungen. AH: Gibt es eine bestimmte Zielgruppe, die vorwiegend auf das Fernstudium fokussiert ist? S. Gerl: Vermehrt treffen wir derzeit auf Automobilverkäufer. Im Austausch mit ihnen zeigt sich, dass viele das Fernstudium nutzen möchten, um sich im Zuge der Vertriebssystemveränderungen in Richtung Agentursystem und Direktvertrieb breiter aufzustellen. Ein kluger Schachzug, da auch wir daran glauben, dass sich der klassische Verkäuferberuf verändern wird. Das ist sicherlich nicht nur auf die Veränderung der Vertriebssysteme zurückzuführen, sondern auch den Produkten selbst geschuldet sowie der Digitalisierung und Konnektivität. Auffällig ist auch, dass sich viele mehr Markenunabhängigkeit bei der eigenen Qualifizierung wünschen und deshalb die BFC ansteuern. Das gilt übrigens auch für unsere Vollzeitstudierenden. Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch die Zielgruppe "junge Mütter". Wir lernen im Fernstudium viele junge Frauen kennen, die sich bewusst in ihrer Baby-Pause für das Fernstudium entscheiden. Anschluss nicht verlieren AH: Können Sie uns mehr über den letzten Punkt erzählen? S. Gerl: Diese jungen Frauen möchten neben ihrer Aufgabe als Mutter ein fachliches Gegengewicht haben. Zudem wollen sie den Anschluss nicht verlieren und einen besseren Wiedereinstieg haben, wenn sie in ihre Betriebe zurückkehren - selbst wenn dies erst mal stundenweise erfolgt. AH: Ist das Fernstudium für Betriebe somit ein Modell zur Mitarbeiterloyalisierung in der Elternzeit? S. Gerl: Auf jeden Fall. Die Betriebe können über das Fernstudienprogramm weiterhin eine Verbindung zu jungen Frauen halten, deren Prioritäten sich erst mal in Richtung Familie verschoben haben. Und sie können diesen jungen Frauen eine Perspektive aufzeigen, dass die Familienplanung sich gut mit der eigenen beruflichen Entwicklung verbinden lässt. Auch den Auszubildenden würde ich beim Einstieg ins Unternehmen aufzeigen, dass es berufsbezogene Entwicklungsmöglichkeiten gibt, die sich mit der beruflichen Tätigkeit in Einklang bringen lassen. Für mich sind beide BFC-Produkte, das Fern- als auch das Präsenzstudium, Möglichkeiten, um markenunabhängig "Eigengewächse" weiterzuentwickeln. AH: Gibt es Betriebe, die die Studiengebühren übernehmen? S. Gerl: Im Fernstudium sind im Durchschnitt 80 Prozent der Teilnehmer arbeitgeberfinanziert, Tendenz steigend. AH: Ist das im Präsenzstudium ähnlich? S. Gerl: Nein, dort haben wir eine Dreiteilung. Ein Drittel behält eine arbeitsvertragliche Bindung und somit eine Arbeitgeberfinanzierung, ein Drittel verfügt über ein Familienunternehmen und kehrt nach der BFC-Zeit dorthin zurück. Das letzte Drittel sind Teilnehmer, die ihre Arbeitsverträge auflösen und die BFC als Sprungbrett nutzen, um beruflich einen neuen Weg einzuschlagen. AH: Wie bekommt man einen Fernstudien-Platz und wann muss man sich darum kümmern? S. Gerl: Schon bei der Konzeption des Fernstudiums war uns klar, dass die Priorität eines Fernstudenten seine berufliche Tätigkeit ist. Aus diesem Grunde haben wir anders als im Präsenzstudium vier Einstiegsmöglichkeiten im Angebot, um betrieblichen Erfordernissen oder saisonalen Spitzen gerecht zu werden. Für alle Starttermine, ob im Februar, Mai, August oder November, ist die Nachfrage groß. Der Anmeldevorlauf liegt derzeit bei gut einem halben Jahr. Branche im Wandel AH: Die Branche ist in einem stetigen Wandel. Wie werden Sie den Branchen-veränderungen in den Studieninhalten gerecht? S. Gerl: Wir nutzen den Vorteil unserer eigenen Manuskript-Manufaktur. Das bedeutet, wir sind jederzeit in der Lage, auf die Veränderungen der Branche zu reagieren. Damit garantieren wir aktuelles Wissen. Die Unterlagen der ersten Fernstudenten-Gruppe vor zehn Jahren und die aktuellen Lehrmaterialien weisen nur noch eine kleine Schnittmenge auf. AH: Warum sollte sich jemand für das BFC-Fernstudium entscheiden und nicht für ein klassisches Fernstudium an einer Uni? S. Gerl: Die BFC ist dafür bekannt, nur so viel Theorie wie nötig und so viel Praxis wie möglich zu vermitteln. Das ist bei einer wissenschaftlichen Ausbildung - auch an einer Fern-Uni - anders. Unser Fokus ist darauf gerichtet, die Entwicklung im Rahmen einer operativen Tätigkeit auszubauen und vieles zu vermitteln, was eine hohe Wertschöpfung im Unternehmen ermöglicht. Wir erhalten oft das Feedback, dass BFC-Absolventen schnell innerhalb der ersten 100 Tage punkten und die betriebliche Entwicklung, sei es strukturell oder finanziell, vorantreiben. AH: Vielen Dank für das Gespräch!

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