Personalarbeit im Autohaus - Teil 4: Digitale Personalentwicklung

Hier geht es zur Playlist "Personal" auf AUTOHAUS next ARTIKELSERIE: HR/Personalexperte Claus Reutter gibt in der Artikelserie wertvolle und praxisnahe Tipps für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter, die Personalverwaltung sowie die Personalentwicklung im Autohandel. Im Interview in AUTOHAUS 3-4/2024 skizzierte er die grundlegenden Herausforderungen für die Personalverantwortlichen. In AUTOHAUS 10/2024 ging es um die Roadmap für mehr Erfolg bei der Personalarbeit, in AUTOHAUS 13/2024 um die "digitale Rekrutierung" und in AUTOHAUS 17/2024 um die digitale Transformation der Personalverwaltung. In der vierten Folge gibt Claus Reutter Tipps zur Personalentwicklung. Spieglein, Spieglein an der Wand - diese schöne Geschichte von Schneewittchen der Gebrüder Grimm kennt jeder. Ach, wie schön wäre es doch, wenn jedes Unternehmen so einen Zauberspiegel hätte und die Fähigkeiten, Begabungen und Potenziale aller Mitarbeiter und Führungskräfte sich darin auf wundersame Weise zeigen würden - transparent, ehrlich, schnörkellos und auf den Punkt gebracht. Und natürlich übertragen auf die digitale Gegenwart: in Echtzeit abrufbar, 24/7. Ein Traum, meinen Sie? Eigentlich nicht, aber tatsächlich haben nur sehr wenige Unternehmen so eine schöne und vor allem aktuelle Übersicht über die Potenziale ihrer wichtigsten Ressource: der eigenen Mitarbeitenden. Eines meiner mahnenden Worte bei diesem spannenden Thema ist ganz einfach: Wer keine Potenziale sieht, hat auch keine. Vor allem in den Zeiten, in denen es immer schwieriger, aufwendiger und teurer wird, qualifizierte Fach- und Führungskräfte von außen für ihr Unternehmen zu gewinnen. Das Unternehmen, das diese Informationen - in Echtzeit und aktuell gepflegt - in einer digitalen HR-Softwarelösung - nicht Excel! - abrufen kann, ist dem Wettbewerb immer einen Schritt voraus. Das ist in der aktuellen Situation der entscheidende Unterschied zwischen Gut und Champions League. Aber wie geht das nun konkret? Was muss ich wie und in welcher Reihenfolge tun, damit ich mir als Unternehmen eine digitale Datenbank mit relevanten Informationen aufbaue, die mir dann im Falle einer Stellen-Nach-/Neubesetzung von Nutzen sein kann, bevor ich reflexartig wieder erst mal Geld in Stellenanzeigen, teure Headhunter und Personaldienstleister investieren muss? Ich möchte jetzt nicht weiter auf das dazu notwendige Werkzeug einer digitalen HR/Personal-Cloudsoftware-Lösung eingehen. Klar ist: Die viel geliebte Exceldatei ist es nicht, sie ist nicht mehr die zeitgerechte Antwort auf solch komplexe organisatorische Fragestellungen. In einem kleinen Unternehmen habe ich, als Geschäftsführung, diese zentralen Informationen pro Mitarbeitendem noch in meinem Kopf. Als Führungskraft kenne ich meine Auszubildenden und Fachkräfte alle persönlich, also eher Entwarnung. Sind Sie allerdings ein größeres Unternehmen oder sogar eine Unternehmensgruppe, mit einer Vielzahl von Standorten, dann wird es aus Sicht des Unternehmens schon sehr schnell intransparent und unüberschaubar und in der Folge unmöglich, solche dezentralen Informationen zentral zu sammeln, auszuwerten und daraus die richtigen strategischen Informationen zu ziehen. Das Zauberwort heißt: Strategische Personalentwicklung Hier geht es im ersten Schritt nicht um den Ansatz eines zentralen Weiterbildungsangebotes, wie es oft in der Praxis gelebt wird. Das ist Weiterbildung auf dem Niveau der 80er/90er Jahre, angereichert um neue Formen des Lernens, wie Blended-Learning, bei dem sich Präsenztrainings und Onlinetrainings integrativ ergänzen. Die große Inspektion Am Anfang steht für die meisten Unternehmen eine Bestandsaufnahme, die Analysephase. Ich nenne das gerne: die große Inspektion. Aber wie macht man das jetzt genau? Nehmen wir mal an, Sie haben 50 Führungskräfte. Dann haben Sie eine über Jahre gewachsene Personalakte, wahrscheinlich noch analog, also in Papierform. Was steht da jetzt Relevantes drin und wurde diese Papierakte auch laufend auf dem aktuellen Stand gehalten? Sie merken schon, das kann schwierig werden. Okay, dann nehmen wir noch die Ergebnisse der jährlichen Mitarbeitergespräche dazu. Wenn Sie diese beiden Informationen laufend und strukturiert erheben, digital speichern und logisch auswertbar machen, dann kommen Sie dem gewünschten Ziel einer "Potenzial-Datenbank" schon langsam näher. Ganz besonders visuell werden diese Potenziale in Form von grafischen Auswertungen, die gerade bei einer größeren Gruppe von Fach- und Führungskräften schnell einen Überblick vermitteln, interessant (siehe Grafik nächste Seite). Jetzt fehlt aber noch eine wichtige Komponente: die Frage nach der Potenzialwillig- und -fähigkeit der Fach- und Führungskräfte. Das "Wollen" kann ich noch einfach im Rahmen der jährlichen Mitarbeitergespräche abfragen. Aber wie genau kann ich denn die Potenziale, also das "Können" herausfinden? Dazu benötigen Sie spezielle, psychologische eignungsdiagnostische Testverfahren und keine selbst gebastelten Fragebögen, die keinerlei wissenschaftlichen Kriterien standhalten und damit wenig bis keine Aussagekraft haben, wenn nicht sogar gefährlich sind. Also Achtung: Es gibt nur wenige, aber dafür umso mehr pseudowissenschaftliche Testverfahren, die für Trainingszwecke, aber nicht für Personalentscheidungen entwickelt wurden. Ganz zu schweigen von den unseriösen, den wirklich gefährlichen. Diese basieren auf unseriösen Fragetechniken, wie zum Beispiel von Scientology, deren Ziel es ist, Menschen mit instabiler Persönlichkeit zu identifizieren und für die diffusen Machenschaften dieser Organisation zu missbrauchen. Bitte: Finger weg, diese Testverfahren haben im professionellen Umfeld eines Unternehmens nichts verloren und richten mehr Schaden als Nutzen an. Gut zu erkennen sind diese daran, dass sie im Wesentlichen Fragen beinhalten, die vor allem auf das private und persönliche Umfeld abzielen. Diese Bereiche haben im Kontext einer beruflichen Aufgabe und Personalentwicklung nichts verloren und sind gesetzlich verboten. Im zweiten Schritt geht es um das persönliche Gespräch, den gemeinsamen Austausch mit den Fach- und Führungskräften zum Ergebnis der Potenzialanalyse und dem bisherigen beruflichen Werdegang, der aktuellen fachlichen Qualifikation. Da denkt man schnell, hier ist schon eine Führungskraft über 20 Jahre im Unternehmen. Alles klar, keiner weiß (mehr) Bescheid, und zack - lebt man aneinander vorbei. Das geht erstaunlich schnell. Wie oft höre ich dabei den Satz: Also bis zur gesetzlichen Rente arbeite ich ganz bestimmt nicht. Mich hat nur noch keiner gefragt. Dabei ist die Person erst 57 und hat eine klare Vorstellung, die so ganz anders ist, als es vielleicht im HR/Personalbereich vermutet wird. Schon laufen mehrere Jahre zwischen Personalplanung und Realität aneinander vorbei. Das ist tragisch und kommt häufiger vor, als man dies vermuten würde. So wie heutzutage junge Menschen nicht mehr automatisch bis zum Rentenalter bei ihrem ersten, zweiten Arbeitgeber arbeiten, genauso wenig stimmt noch die Annahme, dass alle Mitarbeitenden zum gesetzlichen Rentenalter beruflich aufhören möchten. Es ist also spätestens ab dem 55. Lebensjahr wichtig, dass ich als Unternehmen diese wichtigen Informationen aktualisiere, und zwar jährlich, da diese sich schnell verändern und laufend von den Betroffenen an ihre privaten Lebensziele angepasst werden. Aus einem Kaktus wird keine Orchidee Im dritten Baustein geht es, nach einem gemeinsamen Commitment, also um die Bereitschaft: Ich will und kann mich weiterentwickeln, um die Frage der notwendigen und zielgerichteten Weiterentwicklung. Dabei ist es wichtig, gemeinsam in den Spiegel zu schauen und zu überlegen, was will und was kann ich wirklich zum aktuellen Zeitpunkt. Hier wäre mir manchmal mehr Offenheit und Ehrlichkeit lieber, als die Augen vor der Realität zu verschließen und auf das Prinzip Hoffnung zu setzen. Mein langjähriges Motto lautet hier: Aus einem Kaktus wird (bei allen Bemühungen) keine Orchidee. Ich bin mir bewusst, dass dies auch mit Frust und Enttäuschung einhergehen kann. Aber ich bin der Meinung, dass es der betroffenen Person und vor allem auch dem Unternehmen wenig bringt, wenn man sich hier die Tatsachen schönredet. Wenn aber die Voraussetzungen passen, dann müssen das nicht automatisch klassische Formen der Weiterbildung wie Seminare sein. Oft reicht eine passende Buchempfehlung, bzw. ein Podcast/Audioreihe zum Bedarf. Nehmen wir mal den Klassiker: "Umgang mit Konflikten", den jede junge Führungskraft am Anfang ihrer Führungserfahrung lernt. Das Thema ist in der Zwischenzeit so gut beschrieben und audiovisuell verfügbar, dass man hier getrost auf klassische Seminare verzichten darf. In der Phase vier geht es um die konkrete Umsetzung der vereinbarten und gelernten Maßnahmen im Tagesgeschäft. Es geht darum, das Gelernte in die Praxis umzusetzen, es zu verankern. Sonst ist die ganze Analyse- und Entwicklungsphase ohne Ergebnis, Nutzen. Optimalerweise schließt sich nach den Monaten der Umsetzung, des Trainings, des Coachings, eine Phase der Re-Analyse an, in der sich die beteiligten Personen einem erneuten Prozess aus Analyse, Reflektion und weiteren Maßnahmen stellt. Gemäß dem Motto: Stillstand ist Rückschritt, darf man verstehen und akzeptieren, dass Lernen und Verändern ein evolutionärer, laufender Prozess und keine Einmalmaßnahme ist. Das ist wohl der wichtigste Knopf, den man im Unternehmen verstehen muss. Wir Menschen müssen akzeptieren, dass wir wirklich ein lebenslanges Lernen verinnerlichen und dass dies eben nicht nur fachliche Aspekte betrifft, sondern auch methodisches und persönliches Lernen. Eine digitale Personal- und Managemententwicklung ist die Krönung der HR/Personalarbeit eines jeden Unternehmens und braucht neben einer klaren Strategie und Struktur vor allem einen langen Atem. Aber ich kann Ihnen versprechen, es lohnt sich: für alle Beteiligten. DER AUTOR Claus Reutter ist Gründer und Gesellschafter der "sopea Familie" in Fellbach. Seit 2004 bietet das Team cloudbasierte Softwarelösungen für den HR/Personalbereich: www.sopea.com

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