"Charta 2030": Ideen für die HU der Zukunft

Wie muss die Hauptuntersuchung weiterentwickelt werden, um bei vernetzten und hochautomatisierten Fahrzeugen auch in Zukunft die Sicherheit jederzeit gewährleisten zu können? Mit der Charta 2030 beziehen die Prüforganisationen mit ihren über 18.000 Sachverständigen und Prüfingenieuren in Deutschland Position zur Weiterentwicklung der Technischen Fahrzeuguntersuchung im Zuge einer rasant voranschreitenden Entwicklung im Mobilitätsbereich. Heute werden jährlich mehr als 30 Millionen Hauptuntersuchungen (HU) in Deutschland durchgeführt. Die in der Charta 2030 dargelegten Positionen konzentrieren sich auf die vier Bereiche technisch bedingte Neuerungen, Klima- und Verkehrssicherheitspolitische Ziele sowie die Gestaltung eines modernen Rechtsrahmens im Bereich der technischen Fahrzeuguntersuchung auf nationaler und internationaler Ebene. Angesichts zunehmend digitalisierter und vernetzter Fahrzeuge entwickeln Prüforganisationen derzeit Lösungen, um neuen Herausforderungen wie dem sicheren Umgang mit Mobilitäts- bzw. Fahrzeugdaten zu begegnen. Die in der Charta 2030 gezeigten Szenarien ergänzen die heutigen Prüfinhalte (elektronische Prüfverfahren, Räder, Fahrwerk, Licht, Bremse, etc.) für automatisierte und vernetzte Fahrsysteme. Die künftigen Fahrzeugprüfungen werden dadurch vermutlich dynamischer: Elektronische Zustandsprüfungen werden ergänzt durch dynamische Funktions- und Wirkungsprüfungen. Weiterhin entstehen im Zuge der fortschreitenden Elektrifizierung der Fahrzeugflotte neue Prüfaufgaben mit dem Fokus Batterie- und Hochvoltsicherheit. Ein Segment bleibt aber bestehen: Die Überwachung der Bestandsfahrzeuge ist vor dem Hintergrund der Vision Zero (Reduzierung der Anzahl der Verkehrsunfallopfer auf 0) weiterhin auf die Sicherheit der Fahrzeuge als auch die Überwachung der Emissionen ausgerichtet. Software-Updates prüfen Ein wichtiger Aspekt sind Konformitätsprüfungen von Software und entsprechenden Updates, insbesondere für sicherheitsrelevante Systeme (z. B. Fahrdynamik, Assistenzsysteme, Motormanagement). Schon heute ist es möglich, Fahrzeug-Software "over-the-air" zu übertragen und zu aktualisieren. Die Konformität und Integrität von Software als elementarer Bestandteil elektronisch geregelter Fahrzeugsysteme muss daher künftig für alle sicherheitsrelevanten Fahrzeugsysteme im Rahmen der HU überprüft werden, fordern die Prüfgesellschaften. Dafür sei es notwendig, dass hoheitliche Stellen Datenzugang zu Vergleichswerten für Software und entsprechende Updates (u. a. Softwarenummern und Integritätsmerkmale wie Checksummen) erhalten, um eine entsprechende Konformitätsprüfung umsetzen zu können. OBD-/OTA-Fahrzeug-Schnittstellen Eine weitere Forderung in der Charta 2030: Die Bereitstellung durch Fahrzeughersteller und der Zugang über OBD-/OTA-Fahrzeug-Schnittstellen zu allen untersuchungsrelevanten Fahrzeug-Informationen müssten gesetzlich verankert und dem technischen Fortschritt der Fahrzeuge entsprechend angepasst werden. Künftig sei es außerdem denkbar, dass die periodischen Präsenzuntersuchungen um anlassbezogene remote unterstützte Untersuchungen ergänzt werden. Rechtsrahmen schaffen Ebenso wichtig sei es, einen zeitgemäßen Rechtsrahmen zu schaffen. Dazu heißt es in der Charta 2030: "Die Prüforganisationen fordern Politik und Legislative auf, einen modernen und innovationsfreundlichen Rechtsrahmen zu schaffen, in dessen Umfeld sich technische Weiterentwicklungen und Innovationen der Automobilindustrie fördern und gleichzeitig die gemeinsamen Ziele Verkehrssicherheit und Umweltschutz erreichen lassen." DREI FRAGEN AN PATRICK FRUTH AH: Die Prüforganisationen haben sich zur Zukunft der HU positioniert. Wie dringlich ist die Aufgabe, die HU zu modernisieren? P. Fruth: Die regelmäßige Untersuchung von Fahrzeugen ist ein bedeutender Baustein für die Verkehrssicherheit und den Umweltschutz. Das hat zuletzt auch die UN bestätigt. Umso wichtiger ist es, dass die Prüfgrundlagen mit dem technischen Fortschritt und den rasant voranschreitenden Entwicklungen im Fahrzeug- und Mobilitätsbereich Schritt halten. Es ist also dringlich, dass wir hier die nächsten Schritte in der technischen Überwachung von Fahrzeugen gehen. AH: Wie weit sind Lösungen für die rein technische Umsetzung? P. Fruth: Parallel zu den politischen Gesprächen und dem Weg in die Regularien arbeiten wir an der Umsetzung unserer Vorschläge. Viele Prüfszenarien haben wir bereits entwickelt und in der Charta 2030 schon konkret vorgeschlagen, an anderen Themen arbeiten wir mit Hochdruck. Wir sind zuversichtlich, dass wir die in der Charta 2030 vertretenen Positionen auch rechtzeitig technisch realisieren können. AH: Sind die Strategien für eine zukunftsfähige HU international abgestimmt? P. Fruth: Wir präsentieren diese Positionen auch international, insbesondere über die CITA. Wir hoffen, dass diese damit auch in die kommende EU-PTI-Richtlinie mit einfließen werden und damit europaweit zur Anwendung kommen.

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