Ausgabe 22/2008: Groß im Handel

Teilegroßhandel / Neben den Herstellern selbst übernehmen auch Handelsunternehmen Großhandelsfunktionen. Im rückläufigen Automarkt ist das Teilegeschäft dabei oft eine unentbehrliche Umsatzstütze.Groß im HandelVon Andrea Mittermeier und Frank SelzleDer gesamte Markt für Pkw- und Nfz-Teile in Deutschland kam 2007 laut Gesamtverband Autoteile-Handel e. V. auf ein Volumen von rund 23 Milliarden Euro. Dieses Niveau wird er wahrscheinlich auch 2008 erreichen. Als stark umkämpftes Wettbewerbsfeld teilt sich der Gesamtmarkt jeweils etwa zur Hälfte in den "Freien Markt" und den "Gebundenen Markt". Letzterer umfasst die Fahrzeughersteller und ihre anhängigen Strukturen. Während der Freie Markt sehr dezentral organisiert ist und seine Großhändler bis zu fünfmal am Tag ausliefert, wirken die Strukturen des Gebundenen Marktes klar. Zentralläger und regionale Großhandelsläger versorgen die Kunden ein- bis zweimal täglich vor allem mit Originalteilen. Neben den Herstellern selbst übernehmen auch Autohäuser Großhandelsfunktion. Da das Teilegeschäft nur mit Verzögerung auf die Krisenentwicklungen im Automarkt reagiert, ist es bis heute nicht nur für den Einzelhandel, sondern auch für Autohäuser mit Großhandelsgeschäft eine wesentliche Umsatzstütze. Dabei kommt es nicht nur auf eine effiziente Logistik und Lagerbewirtschaftung an. Autohäuser bringen zudem gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Marktbearbeitung mit, weil man nahe beim Kunden ist und das Geschäftsumfeld kennt.Kooperation in MünchenEs ist noch nicht so lange her, da gab es in München noch mehrere Ford-Autohäuser mit zusätzlichem Ersatzteilhandelsgeschäft. Irgendwann setzte sich aber die Überzeugung durch, dass nur ein Teilegroßhandelszentrum den künftigen Herausforderungen gewachsen ist. Also legten die Auto-Handelsgesellschaft Niedermair & Reich GmbH & Co. KG und das Autohaus Erich Kuttendreier im Jahr 2004 ihren Teilegroßhandel zusammen und gründeten die Firma MTZ Teilezentrum GmbH & Co. KG in Garching. Heute ist es eines der größten Ford-Teilezentren in Deutschland. Das Münchner Teilezentrum lagert auf über 4.000 Quadratmetern Lagerfläche mehr als 20.000 Ford-Originalteile Positionen, Zubehör und Reifen für alle Modelle und Baureihen. "Mit unserem bundesweiten 24-Stunden-Direktservice unterstützen wir die Händler schnell und professionell bei der Versorgung ihrer Werkstattkunden", erklärt Peter Richter, Geschäftsführer des MTZ. Mit 22 Fahrzeugen, 12 eigenen und zehn externen, liefern die Fahrer in Bayern bestellte Teile aus – in der Regel noch am Tag der Bestellung. Einige Händler werden auch zweimal am Tag angefahren, manche sogar dreimal. Darüber hinaus gewährleistet das Unternehmen über seine Versandpartner eine Lieferung innerhalb von 24 Stunden im gesamten Bundesgebiet. In dringenden Fällen bietet das MTZ außerdem Lieferungen per Nachtexpress. "Mit der großen Zahl an Teilen, die ständig auf Lager gehalten werden, können die Kunden fast jedes Problem innerhalb kürzester Zeit lösen", so Richter. Das MTZ garantiert zum einen eine hohe Verfügbarkeit und zum anderen eine schnelle und zuverlässige Auslieferung der bestellten Teile. Und während der regulären Öffnungszeiten können auch Endverbraucher im MTZ einkaufen. Die Bestellungen laufen über Telefon, Fax oder über den Online-Teilekatalog Microcat Market. Ihn können die Kunden auch zur Identifizierung der richtigen Teilenummer nutzen, denn er ist von Ford autorisiert und erlaubt den Kunden den direkten Zugriff auf die neuesten Teiledaten, Fahrgestellnummern, Illustrationen und Preise. "Unsere 32 Mitarbeiter sorgen für Service auf höchstem Niveau. Alle sind ausgebildete Fachleute, die meisten haben bei Niedermair & Reich oder Kuttendreier gelernt. Sie kennen also die Bedürfnisse der Kunden und sind in der Lage, sie fachkundig zu beraten", so Richter.Über die Internetlösung AMS Connect sind in Bayern derzeit 45 Autohäuser an das MTZ angeschlossen. Der Nutzen einer vollständig elektronischen Abwicklung des Bestellprozesses liegt auf der Hand: Sie vermeidet Mehrfacherfassungen, verringert die Bestell-Fehlerrate und minimiert manuelle Eingriffe in den Bestellprozess. Außerdem können die Autohäuser ihren eigenen Teilebestand reduzieren und somit unnötige Kapitalbindungen abbauen. Die schnellen Durchlaufzeiten und die verbesserte Prozessqualität tragen zur Kostenoptimierung bei und sorgen dafür, dass die Autohäuser ihrerseits eine optimale Kundenbetreuung in der Werkstatt und beim Thekenverkauf bieten können.Überproportional gewachsenDeutlich größer ist das Teilegeschäft der Emil Frey Gruppe. 2005 hat sie für ihren Teilevertrieb die EFA Autoteilewelt GmbH ins Leben gerufen. "Wir wollten die Aktivitäten bündeln und das Geschäftsfeld professionalisieren, um den Markt besser auszuschöpfen, Vorteile im Einkauf zu generieren und den Geschäftsbereich systematisch auszubauen", sagt Michael Ziegler, Geschäftsführer der EFA Autoteilewelt. "Wir haben den Teilegroßhandel als Wachstumsfeld definiert, vor allem weil wir hier bereits gut aufgestellt waren." Im Vergleich mit den anderen Geschäftsbereichen der Emil Frey Gruppe ist die EFA Autoteilewelt in den letzten Jahren überproportional stark gewachsen und stellt somit eine wesentliche Stütze für den Gesamtverband dar.Anders als das MTZ betreibt die EFA Autoteilewelt kein Endkundengeschäft, sondern beliefert ausschließlich Gewerbebetriebe, vor allem Autohäuser und freie Werkstätten. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Versorgung von Ford- und Fiat-Partnern. Der Anteil der Kunden aus dem freien Markt ist mit weniger als zehn Prozent recht gering, wächst aber laut Michael Ziegler "jeden Tag". Verkauft werden fast ausschließlich Hersteller-Originalteile, speziell für Ford und Fiat, aber auch für andere Marken. Immerhin betreut die Emil Frey Gruppe insgesamt 16 Marken. Darüber hinaus ist man in Stuttgart auch relativ stark im Reifen- und Ölgeschäft. Die "zweite Teileschiene" spielt bei der EFA Autoteilewelt noch eine geringe Rolle. "Momentan bewerten wir die Situation für uns noch", formuliert Michael Ziegler vorsichtig. "Natürlich beschäftigen wir uns grundsätzlich mit dem Thema, insbesondere aber für die Marken, bei denen wir nicht direkt mit dem Hersteller zusammenarbeiten." Dass die Bedeutung der zweiten Teilelinie zunimmt, weil die Händler – gerade in der angespannten Wirtschaftssituation – für ihre Kunden gerne auf sie zurückgreifen, spürt man auch bei der EFA Autoteilewelt. Insgesamt bevorratet man an die 300.000 Teilepositionen in 14 Teile- und Logistikzentren. Die Verfügbarkeit der Waren liegt bei ca. 95 Prozent. 400 Mitarbeiter kümmern sich um rund 5.000 Kunden. Zweimal täglich gehen die bestellten Lieferungen an die Kunden. Die Bestellabwicklung läuft mittlerweile vor allem über den Online-Katalog. Ein eigenes Team kümmert sich um die Beratung der Kunden und bietet technische Hilfe. Der Dienstleistungsanspruch ist hoch: "Wir wollen den Kunden möglichst alles aus einer Hand bieten", sagt Michael Ziegler. Nachfrage nach Büromaterial oder Werkstatteinrichtung deckt man über Kooperationspartner. Daneben gibt es bei der EFA Autoteilewelt auch Dienstleistungen, etwa Produkt- und Systemschulungen sowie Marketinginstrumente für das After-Sales-Geschäft.Zeitwertgerechte TeileAuch die Ernst Dello GmbH & Co. KG in Hamburg vertreibt im großen Stile Ersatzteile. Neben Opel-Original- und Austausch-Teilen hat man auch Alternativteile im Angebot. So wurde mit AutoMega nicht nur eine Dello-Marke für das Gebrauchtwagengeschäft etabliert, sondern mit dem AutoMega Teilemarkt auch ein günstiges Teilesortiment für zeitwertgerechte Reparaturen vor allem älterer Fahrzeuge der Segmente II und III. Rund 6.000 Artikel für Opel, VW, Audi, Ford und Mercedes in Herstellerqualität werden laut Unternehmensangaben auf insgesamt 7.500 Quadratmetern Lagerfläche vorrätig gehalten. Durch Bezug großer Mengen ist der Dello-Teiledienst in der Lage, günstige Preise anzubieten. Auf alle Teile gibt es 24 Monate Garantie. Die Bestellung läuft einfach und schnell über das Händlerportal www.automega.biz, wo das Teilesortiment, Preise und aktuelle Angebote hinterlegt sind. Die Freien Werkstätten seien sehr zufrieden mit Qualität und Preisen, so Dello.Partner für die "Freien"Doch nicht nur Handelsgruppen übernehmen Verteileraufgaben, sondern auch einzelne Autohäuser. So versorgt etwa die Autohaus Laatzen Petermax Müller GmbH neben den eigenen Servicekunden seit mehr als 25 Jahren auch nicht organisationsgebundene Betriebe der Automobilbranche wie freie Werkstätten oder Fuhrparks mit Originalteilen und Zubehör von Audi, Volkswagen, Seat und Skoda. Bis zu 50.000 Teilepositionen hat man vorrätig. Neben dem eigenen umfangreichen Ersatzteillager profitiert Petermax Müller dabei von den Lägern der anderen sieben VW-Autohäuser im Verbund "Autoring Hannover" sowie der Nähe zum VW-Zentrallager in Kassel. Rund 1.000 Sendungen verschickt Petermax Müller täglich. Knapp 50 Mitarbeiter betreuen über 1.500 Kunden in allen Teilen der Bundesrepublik. Die Auslieferung erfolgt durch einen Logistikpartner über Nacht. Hilfe bei technischen Problemen und Antworten auf ihre Fragen bekommen die Kunden über eine eigene Hotline. Die Bestellung der VW-Originalteile geschieht schnell und einfach über den elektronischen Teilekataloge "Etos", den VW für den freien Markt eingerichtet hat.Neben den VW-Originalteilen hat Petermax Müller auch Ersatzteile anderer Marken im Programm, die über Partnerbetriebe zugekauft werden. Zudem gibt es regelmäßige Sonderaktionen im Bereich Werkstattausstattung. Der Markt ist hart umkämpft, verkauft wird hauptsächlich über den Preis. Auch zur Nora-Strategie gehört es, großzügige Rabatte für die gewerblichen Kunden zu gewähren. Wer mit Originalteilen im freien Markt Marktanteil zurückholen will, müsse auf Service und auf den Preis setzen, sagt Lars Alpers, Teiledienstleiter bei Petermax Müller. Für das eigene Autohaus sieht er weiterhin Potenzial. Auch wenn der Teilemarkt zukünftig insgesamt schrumpfen werde, gebe es für die größeren Teilehändler durch die Marktkonsolidierung neue Chancen. Für Petermax Müller ist das Teilegeschäft in jedem Fall eine wichtige Umsatzstütze. "Gemeinsam mit dem Service ist der Teilehandel für uns im Autohaus ein entscheidender Ertragsbringer", bestätigt Alpers. Dies wird bei einem weiterhin rückläufigen Autoverkauf auch erst einmal so bleiben. "Es gibt noch ausreichend Chancen für Wachstum.""Der Teilehandel ist für uns im Autohaus ein entscheidender Ertragsbringer.""Der Teilemarkt Stagniert"Michael Ziegler, Geschäftsführer EFA Autoteilewelt GmbH, zur Marktentwicklung im Teilegeschäft und zur Positionierung des eigenen UnternehmensAH: Herr Ziegler, wie entwickelt sich das Teilegeschäft?M. Ziegler: In der Summe ist der Teilemarkt stagnierend, teilweise leicht wachsend. Die Entwicklung ist abhängig vom Car Park der einzelnen Marken sowie von der Altersstruktur der Fahrzeuge, die sich im Markt befinden. Daher unterscheidet sich die Situation von Marke zu Marke. Die EFA Autoteilewelt hat es zurzeit mit einem schrumpfenden Markt zu tun, weil die Fahrzeugabsätze der Kernmarken Ford und Fiat einige Jahre rückläufig waren. AH: Wie schätzen Sie die Rentabilität im Teilegeschäft ein?M. Ziegler: Bei der Rentabilität müssen wir differenzieren zwischen Einzelhandel und Großhandel. Im Einzelhandel trägt das Teilegeschäft überproportional zur Wertschöpfung im Autohaus bei, das heißt mit Teilen wird Geld verdient. Das Großhandelsgeschäft hingegen ist weniger attraktiv, weil die Nachlässe hoch sind und der Wettbewerb intensiv ist. Darin eingeschlossen ist besonders der Intrabrandwettbewerb. Die Bandbreite zwischen Gewinn- und Verlusthändlern ist im Teilegroßhandel deutlich höher. Der Druck auf die Erträge nimmt zu. AH: Wie hat sich die EFA Autoteilewelt in diesem Marktumfeld entwickelt?M. Ziegler: Wir sind im Teilegeschäft in den letzten Jahren gewachsen und haben viele Kunden dazugewonnen. Unsere Strategie war es, eine möglichst hohe Flächendeckung zu erreichen. Dabei haben wir es einerseits geschafft, in bestehenden Gebieten unseren Marktanteil zu erhöhen, und andererseits neue Gebiete zu erschließen. Darüber hinaus ist es uns auch gelungen, in Spezialmärkten wie dem Reifen-, Zubehör- und Ölgeschäft zu wachsen. Es ist vor allem eine Frage der Positionierung. Es gibt noch ausreichend Chancen für ein Wachstum. AH: Wie will die EFA Autoteilewelt weiter wachsen?M. Ziegler: Unsere Philosophie ist es, über die Qualität unserer Dienstleistung zu wachsen. Zuverlässigkeit, Werthaltigkeit und fachmännische Beratung stehen dabei im Mittelpunkt. Vor allem möchten wir mit unseren Konzernmarken wachsen. Dabei präferieren wir eine enge Zusammenarbeit mit den Fahrzeugherstellern. Unser Ziel ist ein Mehrmarkenvertrieb. Wir werden versuchen, die Marktausschöpfung unserer Teile- und Logistikzentren zu optimieren und unseren Marktanteil im Gebiet zu steigern. Darüber hinaus möchten wir unsere Ertragskraft stärken. Außerdem werden wir unser Karosserie- und Lackgeschäft im freien Markt ankurbeln. Wir werden uns sicher auch stärker mit dem Thema "Zweite Teilelinie" beschäftigen. Zudem sind wir gerade dabei, unsere Systeme zu vereinheitlichen. Ab 2009 werden alle Läger ein gemeinsames Warenwirtschaftssystem haben. Im Anschluss werden wir die Läger untereinander vernetzen und durch Prozessoptimierungen Kostenvorteile erreichen. Davon werden auch unsere Kunden profitieren.

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