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Experten: Wie die Luxusstrategie den Autohandel verändert

15.03.2024 11:30 Uhr | Lesezeit: 5 min
© Foto: Mit KI generiert / Adobe Firefly

Die neue Ausrichtung der Automobilhersteller hin zu einer Luxusstrategie wird aktuell viel diskutiert. In der konkreten Umsetzung trifft man hierbei oft noch auf Unklarheiten und Fragen, sowohl auf Seiten der Hersteller, der markengebundenen Autohäuser, aber auch auf Kundenseite.

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Von Matthias Braun und Philipp Kranich

Die Frage, die sich zunächst stellt, ist: Warum streben die Autobauer in jüngster Zeit überhaupt vermehrt nach einer Luxusstrategie? Die Antwort liegt in dem historisch bedingten Streben der OEM nach stetig steigenden Absatzzahlen. Lange Jahre waren diese die zentrale Messgröße für den Erfolg in der Automobilindustrie. Diese Wachstumsambitionen führten in der Vergangenheit oft zu Überkapazitäten, welche Kunden zum Teil erhebliche Rabatte einbrachten. Dieser Trend ist in der kürzeren Vergangenheit jedoch zum Erliegen gekommen. Dafür gesorgt haben eine Reihe an Faktoren, darunter der globale Chipmangel oder die strategische Entscheidung der Hersteller, sich mit höheren Preisgestaltungen auf die profitabelsten Varianten ihrer Modelle zu konzentrieren. Diese für die Hersteller komfortable Situation soll nun mit der Hinwendung zum Luxusmarkt konserviert werden. Dieser zeigt sich wenig anfällig für Krisenzeiten und verspricht eine hohe Profitabilität.

Exklusive Verkaufsräume und individuelle Kundenerlebnisse

Welche Auswirkungen hat also die Luxusstrategie, insbesondere auf das Autohaus als solches? Prognosen zeigen, dass im Luxussegment bis zum Jahr 2025 noch immer etwa 75 Prozent der Transaktionen im physischen Handel stattfinden werden. Das unterstreicht die Bedeutung von hochwertigen Verkaufsumgebungen. Um den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden und näher an sie heranzurücken, werden künftig die klassischen Autohäuser im Industriegebiet immer häufiger durch Innenstadtformate wie City-Stores oder Pop-up-Formate ergänzt. Luxusmarken setzen dabei den Fokus auf Exklusivität und Prestige. Daraus folgt, dass markengebundene Autohäuser ein Ambiente schaffen müssen, das diese Attribute widerspiegelt.

In diesem Zusammenhang werden die Größe und Ausstattung der Showrooms neu gedacht: In Zukunft finden sich weniger Fahrzeuge vor Ort, Einzelnen wird dafür mehr Platz gewährt. Gleichzeitig wird so Platz für flexible und kundenzentrierte Beratungsbereiche geschaffen. Für Händler gilt es, mit Lounges, Cafés oder privaten Beratungsräumen eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen, in denen die auf den Kunden zugeschnittene Betreuung fernab konventioneller Verkaufsplätze erfolgt.


Porsche Studio Singapur

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Ein weiterer zentraler Aspekt der Luxusstrategie ist das exklusive Kundenerlebnis, welches zunehmend auch durch digitale Inhalte bereichert wird. Das Erleben der Markenphilosophie, personalisierte Betreuung und sowie maßgeschneiderte Angebote inklusive Zusatzumfängen sowie die Zelebrierung der Fahrzeugauslieferung unterscheiden sich deutlich von bisherigen standardisierten Prozessen und zielen darauf ab, die Begeisterung der Kundschaft zu steigern. Im After-Sales-Bereich manifestiert sich Luxus besonders durch Dienstleistungen, die sich nahtlos in das Leben des Kunden integrieren. Hierbei wird der oft mühsame und zeitintensive Werkstatttermin in Präsenz durch Leistungen wie Home Check-ins, Smart Video Communication, Hol- und Bringservices, mobile Serviceteams oder Drop-Off-Stationen abgelöst. Sie stärken die Kundenbindung und stellen einen klaren Differenzierungsfaktor.


Lotus Flagship Store in Paris

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Neue Dimensionen der Zusammenarbeit

Bei all den Veränderungen, die die Luxusstrategie mit sich bringt, ist wohl eine Frage am drängendsten: Wie wird sich dadurch die Zusammenarbeit zwischen Hersteller, markengebundenen Händlern und Kunden verändern? Fest steht, dass die Zusammenarbeit zwischen den Autohäusern und den OEMs deutlich enger und vernetzter wird. Eine wesentliche Neuerung ist dabei, dass Kundendaten künftig gemeinsam von Herstellern und Handelspartnern genutzt werden. So werden Wissenssilos abgebaut und dem Kunden eine möglichst nahtlose, persönliche und integrierte Kommunikation und Betreuung geboten. Auf diese Weise erhalten im Rahmen der Luxusstrategie nun auch die OEMs tiefere Einblicke in die Bedürfnisse und Präferenzen ihrer Klientel.

Besonders im Luxussegment spielt die Einführung eines echten Agenturmodells eine entscheidende Rolle. Das traditionelle Großhandelsmodell wird durch einen Direktvertrieb abgelöst. Der Händler wird zum Agenten, der Hersteller ein Teil des Handelsnetzes. Er tritt also in der neuen Rolle als Einzelhändler von Fahrzeugen und Services in den direkten Austausch mit den Kunden und übernimmt wichtige Retail-Funktionen. Die Anforderungen an die Hersteller steigen somit erheblich. Es reicht nicht nur exzellente Produkte zu liefern, sie müssen auch ein komplexes Dienstleistungsnetzwerk effektiv managen und den professionellen Umgang mit Kunden und deren individuellen Bedürfnissen erlernen. Nur so gelingt die Schaffung eines echten Luxuserlebnis.


Wellergruppe eröffnet Innenstadt-Store "Wellergarage"

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Mehrwert für Händler und Kunden

Nun stellt sich also die Frage: Welchen Mehrwert hat die Luxusstrategie der Hersteller für die jeweiligen Parteien – sprich Händler und Kunden? Auf Händlerseite werden sich vor allem die höheren Margen positiv auswirken, die mit dem Verkauf von Fahrzeugen aus dem Luxussegment erreicht werden können. Des Weiteren bietet sich für Händler, dank der Verortung in diesem Segment, die Möglichkeit hochpreisige Zusatzleistungen anzubieten, die perfekt zur Zielgruppe und der Luxusstrategie ihrer OEM-Marke passen. Die Optionen erstrecken sich hier von Shuttleservices oder exklusiven Fahrzeugvermietungen für besondere Anlässe über den Bootsverleih, den Verkauf von Uhren und Schmuck bis hin zu Luxusreisen uns exklusiven Events. Daneben ergeben sich außerdem positive Abstrahleffekte auf die eigene Händlermarke, indem diese als Synonym für Qualität und Exklusivität wahrgenommen wird.  

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Für die Kundschaft resultiert aus dieser Strategie ein individueller und auf ihre Bedürfnisse maßgeschneiderter Kundenservice. Sie profitieren nicht nur von neuen Betriebsformaten im Verkauf, sondern auch von einem deutlich gesteigerten Servicegrad im Aftersales-Bereich. Ob durch persönliche Beratung oder individualisierte Dienstleistungen – die Kundenerfahrung wird sowohl direkt bei Inanspruchnahme der Services als auch indirekt durch das Prestige der Marke bereichert. Die Luxusstrategie der Hersteller trägt somit entscheidend dazu bei, dass sich Autohäuser erfolgreich am Markt positionieren und gleichzeitig den Erwartungen ihrer Klientel gerecht werden.


Audi Progressive Retail

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Was ist schon Luxus?

Bleibt noch eine letzte Frage zu beantworten: Wie wird sich die Luxusstrategie, deren Umsetzung in der Fläche noch in den Kinderschuhen steckt, künftig entwickeln? Diese Neuausrichtung ist ein komplexes Feld, das von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird und dessen Auswirkungen auf den Fahrzeugabsatz gegenwärtig nicht eindeutig zu beantworten sind. Trotz einer weltweit steigenden Nachfrage nach Luxusgütern bleibt offen, ob diese auch langfristig zu stabilen oder gar wachsenden Verkaufszahlen für OEMs führen wird.

In Deutschland haben sich die Verkaufszahlen von Luxusfahrzeugen in den letzten Jahren als stabil erwiesen, was auf eine anhaltende Konsumentennachfrage hindeutet. Allerdings zeigt sich in Zeiten ökonomischer Unsicherheit häufig eine generelle Kaufzurückhaltung der Kunden, was insbesondere den Absatz hochpreisiger Fahrzeuge betreffen kann. Die tatsächliche Entwicklung der Verkaufszahlen wird daher maßgeblich davon abhängen, wie sich die wirtschaftliche Lage in naher Zukunft gestaltet. Abschließend gilt zudem zu bedenken, dass der Begriff "Luxus" oder "Premium" je nach Hersteller unterschiedlich definiert wird, was zu divergierenden Anforderungen an Autohäuser führen kann und somit die Strategien zur Positionierung und zum Vertrieb dieser Fahrzeuge weiter diversifizieren dürfte.


Aston Martin "Q New York"

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Matthias Braun und Philipp Kranich
Philipp Kranich (li.) und Matthias Braun
© Foto: rpc

Die Autoren

Matthias Braun ist seit 16 Jahren in der Management Beratung und seit 2023 Partner bei rpc – The Retail Perfomance Company GmbH. Er ist Experte auf dem Gebiet der Erforschung, Entwicklung und Umsetzung von nachhaltigen Kundenzentrierungsstrategien mit dem Ziel, nahtlose kanalübergreifende Einkaufserlebnisse sicher zu stellen.

Philipp Kranich ist seit 2023 Senior Manager Automotive Market Intelligence bei rpc – The Retail Performance Company. Zuvor war er mehrere Jahre in unterschiedlichen Management- und Beratungsfunktionen in der Automobilbranche aktiv. Bei rpc arbeitet er an den strategisch relevanten Themen rund um den Automobilhandel der Zukunft.




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KOMMENTARE


Michael

16.03.2024 - 15:53 Uhr

Wird es bald nur noch Autos für Millionäre geben. Die Normalbürger werden hier ganz eindeutig nicht mehr beachtet.


mein name

20.03.2024 - 17:27 Uhr

Da bin ich ja zufrieden und glücklich, dass die Bundesregierung gerade den Mittelstand vernichtet, denn der ist somit nicht mehr interessant, weil in Zukunft auch nicht mehr vorhanden. Was mich allerdings ein "wenig" verwundert, wie soll in Zukunft Wachstum generiert werden, wenn alle Automobilhersteller, inkl. Chinesen, die selbe Strategie fahren und vor allem, wo sollen dann die Margen herkommen? Wird es etwas keine Verdrängung, keinen Wettbewerb und somit auch keine Rabatte geben? Haben wir dann den vollendeten Sozialismus? Das klingt ja, als alter Ossi, fast zu schön um wahr zu sein.


mein name

28.03.2024 - 16:03 Uhr

Da bin ich ja zufrieden und glücklich, dass die Bundesregierung gerade den Mittelstand vernichtet, denn der ist somit nicht mehr interessant, weil in Zukunft auch nicht mehr vorhanden. Was mich allerdings ein "wenig" verwundert, wie soll in Zukunft Wachstum generiert werden, wenn alle Automobilhersteller, inkl. Chinesen, die selbe Strategie fahren und vor allem, wo sollen dann die Margen herkommen? Wird es etwa keine Verdrängung, keinen Wettbewerb und somit auch keine Rabatte geben? Haben wir dann den vollendeten Sozialismus? Das klingt ja, als alter Ossi, fast zu schön um wahr zu sein.


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