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EU: High-Tech-Fahrhilfen ab 2022 Pflicht

26.03.2019 12:16 Uhr
Bosch Fahrerassistenzsystem
Assistenzsysteme: Durch die Digitalisierung sind die Möglichkeiten schier grenzenlos.
© Foto: Bosch

Autos, die den Alkoholatem des Fahrers erkennen und nicht anspringen oder ihn warnen, wenn er während der Fahrt am Mobiltelefon herumspielt: Um die Zahl der Verkehrstoten zu senken, einigt sich die EU auf radikale Maßnahmen. Doch das könnte erst der Anfang sein.

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Neue Autos sollen für mehr Sicherheit im Straßenverkehr ab 2022 verpflichtend mit einer ganzen Reihe elektronischer Kontrollsysteme wie etwa Alkohol-Wegfahrsperren ausgestattet werden. Darauf einigten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten in Brüssel, wie sie am Dienstag mitteilten. Die EU ebnet damit den Weg zum autonomen Fahren.

Im Jahr 2017 kamen der EU-Kommission zufolge rund 25.300 Menschen auf Europas Straßen ums Leben. Die Brüsseler Behörde hatte den Vorschlag für Hightech-Fahrhilfen im vergangenen Jahr vorgelegt. Aus ihrer Sicht könnten nun bis zum Jahr 2038 rund 25.000 Verkehrstote und 140.000 schwere Verletzungen vermieden werden. Die Behörde führt 90 Prozent aller Unfälle auf menschliches Versagen zurück. Mit den Gesetzesänderungen soll nun auch der Weg in eine fahrerlose Zukunft geebnet werden.

Künftig müssen rund 30 Hightech-Fahrhilfen in Autos installiert werden. Dazu zählen neben den Kontrollsystemen, die bei übermäßigem Alkoholkonsum den Start des Autos blockieren, auch Warnsysteme, die den Fahrer bei Müdigkeit oder Ablenkung alarmieren. Zudem sollen Kameras und Sensoren zum Rückwärtsfahren sowie Datenrekorder für Unfälle installiert werden - ähnlich den Blackboxes in Flugzeugen.

Für Lastwagen werden Abbiege-Assistenten und Sensorsysteme fällig, die vor allem schutzbedürftigere Verkehrsteilnehmer neben den Fahrzeugen erkennen sollen. Außerdem sind verpflichtende Reifendruck-Messsysteme vorgesehen. Außerdem soll ein verändertes Fahrzeugdesign die Sicht der Fahrer verbessern.

Immer wieder schwere Unfälle mit Lkw

In Deutschland hatte sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sehr für technische Assistenzsysteme starkgemacht, um Unfälle beim Abbiegen von Lastwagen zu verhindern. Wenn meist erhöht sitzende Lastwagenfahrer Motorradfahrer, Radler oder Fußgänger im toten Winkel übersehen, die sich neben ihrem Fahrzeug befinden, kommt es immer wieder zu schweren Unfällen. Abbiege-Assistenten können Warnsignale aussenden oder automatisch bremsen.

Im vergangenen Jahr war die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Fahrrad- und Motorradfahrer gestiegen. Dem Fahrrad-Club ADFC zufolge stirbt jeden Tag im Jahr mindestens eine Radfahrerin oder ein Radfahrer, am häufigsten durch fahrlässig abbiegende Autos und Lastwagen. Abbiege-Assistenten für Laster könnten die Zahl der tödlichen Abbiege-Unfälle mit Radfahrern verhindern, nach Schätzungen des ADFC sind aber weniger als fünf Prozent der Fahrzeuge mit der rund 1.500 Euro teuren Technik ausgestattet.

Einige der Kontrollsysteme gebe es bereits vor allem in Wagen der Luxusklasse, sagte EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska. Künftig sollten sie aber in allen Fahrzeugen zum Einsatz kommen. In neu entworfenen Fahrzeugtypen sollen die Kontrollsysteme in Europa nun ab dem Jahr 2022 eingebaut werden. Sämtliche Neuwagen sollen ab 2024 damit ausgestattet werden.

Sicherheitssysteme weit fortgeschritten 

"Die Systeme sind heute zum Teil schon serienreif oder befinden sich in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium", teilte der Verband der Automobilindustrie (VDA) auf Anfrage mit. "Aktive Sicherheitssysteme, um die es Brüssel geht, sind in der Lage, Unfälle aktiv zu vermeiden, während passive Sicherheitssysteme wie Gurte oder Airbags vor allem Unfallfolgen abmildern sollen."

Der Europäische Verkehrssicherheitsrat (ETSC) - eine Nichtregierungsorganisation, die den Straßenverkehr sicherer machen will,- begrüßte die Entscheidung. "Es gab nur eine Handvoll Momente in den vergangenen 50 Jahren, die als Meilensteine für die Verkehrssicherheit in Europa bezeichnet werden können", sagte ETSC-Direktor Antonio Avenoso. Die geplanten Änderungen seien nun einer davon und ähnlich einschneidend wie einst die Einführung der ersten Anschnallgurte.

Der Autofahrerclub ADAC äußerte sich hingegen skeptischer. Den weit überwiegenden Teil der Maßnahmen begrüße er, da sie die Verkehrssicherheit deutlich verbesserten, sagte ein Sprecher. Die Systeme müssten aber ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen, vertretbare Mehrkosten für die Autofahrer bedeuten und technisch ausgereift sein. "Systeme zur Müdigkeitserkennung zum Beispiel würden voraussichtlich Fahrverhalten dokumentieren und damit Datenschutzfragen berühren", sagte er weiter.

Die Einigung der EU-Unterhändler muss nun noch offiziell vom Europaparlament und den EU-Staaten bestätigt werden, bevor sie in Kraft treten kann. (dpa)

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