Whatsapp-Marketing ist ein neuer, noch weitgehend unbenutzter Marketingkanal. Bisher war eine kommerzielle Nutzung nur schwierig möglich. Angesichts von rund 35 Millionen Nutzern in Deutschland bietet der Kanal jedoch durchaus Potenzial für das E-Marketing. Das haben auch Untwernehmen und Marketingagenturen erkannt, die Whatsapp für die kommerzielle Nutzung öffnen wollen. AUTOHAUS sprach mit Tim Klötzing, Inhaber der Agentur Breitengrat in Essen, darüber, wie Whatsapp-Marketing funktioniert, welche Chancen sich ergeben und ob die Plattform auch für den Autohandel geeignet ist.
AUTOHAUS: Herr, Klötzing, wie funktioniert Whatsapp-Marketing?
T. Klötzing: Jeder oder zumindest ca. 35 Millionen in Deutschland kennen die klassische Nutzung von Whatsapp, bei der die private 1:1- oder 1:Gruppe-Kommunikation im Fokus steht. Nun ist Whatsapp einer der stärksten Messaging-Dienste weltweit und die Überlegung nicht weit, wie man diese Plattform kommerziell nutzen kann. Bis vor einigen Monaten ging dies nur über eigenes dafür angeschaffte Smartphones / Tablets und der individuellen und zeitraubenden Betreuung durch einzelne Mitarbeiter. Kein sinnvoller Weg.
Nun gibt es aber inzwischen kommerzielle Anbieter, die Schnittstellen von Whatsapp nutzen, um die professionelle Nutzung zu ermöglichen. In Kürze: Mittels einer Web-Plattform kann man Whatsapp-Nachrichten mit nur einem Klick an alle Empfänger (oder selektierte Empfängergruppen) senden und sogar deren Antworten sehen und auch wieder beantworten. Sprich, die Kommunikation erfolgt vom Werbetreibenden 1:vielen, die Empfänger aber können den Dialog 1:1 suchen bzw. empfinden den Dialog als 1:1. Alles ähnlich einem klassischen Email-Newsletter-Tool. Nur viel viel einfacher, denn es entfallen die komplizierten Schritte wie zum Beispiel das Layout und (Responsive-)Design. Eine Whatsapp-Nachricht muss nicht gestaltet werden. Es wird einfach ein Text mit oder ohne Bild / Video verschickt. Fertig. Allerdings kann man nicht einfach alle (freigegeben) Kunden-Mobilnummern hochladen und diese kontaktieren. Jeder zukünftige Empfänger muss sich selbst aktiv anmelden.
Whatsapp hat mittlerweile auch eine Desktop-App veröffentlicht, mit der man am PC oder Mac bequem Whatsapp empfangen und schreiben kann. Dazu wird nach wie vor ein Smartphone mit echter Rufnummer benötigt. Dies vereinfacht natürlich eine manuelle Abwicklung, jedoch sind weiterhin Funktionen wie Empfängergruppen, Kommunikation 1:vielen und Dialog 1:1 nicht enthalten, wie es auf spezialisierten Web-Plattformen angeboten wird.
Ist Whatapp-Marketing für den Automobilhandel attraktiv?
T. Klötzing: Eine gute Frage. Pauschal ist dieser Kanal nicht für jeden Händler eine sinnvolle, gewinnbringende Lösung. Meiner Meinung nach sind es eher größere Händler mit eigener Marketing-Performance oder aber Händler mit hoch emotionalen Marken oder emotionalen Auftreten, die Whatsapp nutzen können. Der Punkt ist, mit Whatsapp brauche ich vernünftigen und guten Content, auf den meine Empfänger Lust haben. Ähnlich Social Media / Facebook. Das ist einfach Aufwand und bei zu geringer Reichweite schnell frustrierend. Grundsätzlich kann Whatsapp für den Handel Sinn machen, aber meiner Meinung nach ist es kein neues Wunderwerk, durch das alle Kunden besser erreicht werden. Der jeweilige Händler mit einem passenden Konzept ist auch hier der Schlüssel.
Wo liegen die Vorteile gegenüber anderen Marketingmaßnahmen wie z.B. Emailversand oder Facebook-Marketing?
T. Klötzing: Zum einen in der Einfachheit des Handlings und der Nachrichten, die nicht gestaltet werden müssen. Zum anderen geht man beim Kunden im Dauerfeuer des Email-Posteingangs und den Werbeeinblendungen auf seinem Facebook-Newsfeed einfach unter. Whatsapp ist quasi noch Neuland. Hier kann man sich, noch als "First Mover", in einem bislang ausschließlich privat genutzten Kanal platzieren. Jedoch wird auch dies in Zukunft immer schwieriger, je mehr die kommerzielle Nutzung zunimmt.
Für welche Bereiche im Handel kommt Whatsapp-Marketing in Frage?
T. Klötzing: Im Prinzip im großen Feld der Kundenbindung. Hierbei kommt es aber, wie gesagt, auf das zum Händler passende Konzept an. Als Bereiche sind denkbar: Allgemeine Autohaus-Informationen, Probefahrten/neue Modelle, Eventankündigungen, aktuelle Service-Angebote (bei fehlender Werkstattauslastung) oder z. B. auch bei der Mitarbeiterrekrutierung.
Gibt es datenschutzrechtliche Hürden beim Whatsapp-Marketing, die es zu meistern gilt?
T. Klötzing: So gesehen nein, weil es nicht möglich ist, einfach die Kundendaten (oder z. B. gekaufte Kontakte) einzuspielen und den Kunden ungewünschte Werbung zu schicken. Die Interessenten müssen sich über ein Web-Formular aktiv für den Empfang des Autohaus-Whatsapp-Kanals eintragen, die Nummer des Kanals speichern und eine Bestätigungsnachricht vom System nochmals bestätigen. Somit sind wir mit einer "Double-Opt-In"-Einwilligung des Empfängers auf der sicheren Seite. Dieses Anmeldeprozedere ist sicher ein Hürde, jedoch erwirkt man dadurch nicht nur die oben genannte Sicherheit, sondern kann auch darauf vertrauen, dass diese Empfänger sich aktiv zum Dialog entschieden haben, ein hohes Interesse am Austausch haben, offen für die Informationen sind und damit einigermaßen leicht zu aktivieren. Ein kurzer Zusatz: Zurzeit gibt es seitens Whatsapp selber keine eindeutigen AGBs bezüglich der werblichen Nutzung. Lediglich darf nicht "gespamt" werden, was sicher im Auge des Betrachters liegt.
Für welche Zielgruppen ist diese Werbeform besonders interessant?
T. Klötzing: Hier müsste man die genauen, nicht veröffentlichten, demografischen Kennzahlen von Whatsapp in Deutschland heranziehen. Im Allgemeinen gehen wir von einer aktiven und interessanten Nutzergruppe im Alter von 16 bis ca. 50 Jahren aus. Hierbei gehen die gelagerten Interessen selbstverständlich weit auseinander: so könnte man bei der jungen Zielgruppe eher Branding- und Rekrutierungsmaßnahmen ausspielen wo hingegen die ältere Zielgruppe möglicherweise auch mittels Branding- und darüber hinaus mit konkreten Angebotsmaßnahmen und Fahrzeuginformationen erreicht werden kann. Grundsätzlich erreichen wir eine sehr interessante und aufgeschlossene Zielgruppe, die über die neuen Medien kommuniziert und innovative Unternehmen "abspeichert".
Gibt es Hersteller/Importeure, die bereits mit diesem Kanal erfolgreich arbeiten oder ist diese Werbeform dort noch nicht angekommen?
T. Klötzing: Selbst nach einiger Recherche sind uns keine Hersteller aufgefallen, die hier bereits aktiv sind. Bis dato sind andere Branchen stärker aufgestellt (Zeitungen und Magazine, Reiseportale).
Lassen sich Werbemaßnahmen über Whatsapp auch tracken und auswerten?
T. Klötzing: Nein und Ja: Das Tracking seitens der Plattform-Anbieter ist kaum ausgeprägt. Bekannt sind mir Statistiken zu An- und Abmeldungen, Zustell- und Öffnungsraten (häufig mit über 92 Prozent), sowie Klickstatistiken Ihrer versendeten Hyperlinks. Um Informationen zu Klickraten, Verweildauer etc. zu gewinnen, kann man z. B. auf Drittanbieter zurückgreifen, die "Kurz-URLs" (z. B. bitly, goo.gl) anbieten und so messbar werden. Arbeitet man dann noch mit passenden Landingpages, so wird mittels Google Analytics auch das Nutzerverhalten auf der Website prüfbar.
Was kostet diese Werbeform – verglichen zu anderen Werbemaßnahmen?
T. Klötzing: Die Kosten muss man separiert betrachten: Zum einen die Kosten für die Web-Plattform, die bei 19,- Euro monatlich beginnen und sich je nach Menge der Empfänger nach oben entwickeln. Zum anderen die Kosten für die Einführung (Konzeption) des Kanals und die Betreuung, also Personal oder Agenturkosten. Dies ist schwer hervorzusagen. Auch wir als Agentur, haben für ein solches Projekt kein pauschales Angebot, sondern gehen zunächst offen in die Gespräche, entwickeln einen Ansatz und erst dann nennen wir einen Kostenrahmen. Individuell und passend.
Herr Klötzing, vielen Dank für das Gespräch!
Breitengrat Klötzing & Noack ist seit 15 Jahren mit Kommunikationslösungen besonders in der Automobilbranche aktiv. Neben klassischen Werbeformen bietet die Agentur unter anderem auch die Verknüpfung von Cross- und Social Media Projekten sowie Online-Marketing und Online-Kampagnen.
Eleftherios Hatziioannou