Ausgabe 13/2011: Das De-Mail-Gesetz

Das De-Mail-GesetzInternet E Neues Gesetz für den rechtssicheren Verkehr im Internet: Erst über-legen, dann (vielleicht) anmelden. Autohaus-Juristen Rechtsanwälte G. Haug & PartnerBundestag und Bundesrat verabschiedeten im Februar bzw. März 2011 das De-Mail-Gesetz. Das Gesetz trat am 3. 5. 2011 in Kraft. Vorangehend hatte von Oktober 2009 bis März 2010 ein Pilotversuch in Friedrichshafen für die technische Umsetzung des De-Mail-Gesetzes stattgefunden, an dem über 800 Privatpersonen und über 30 Unternehmen und Organisationen teilnahmen – mit behauptetermaßen positiver Resonanz.Wozu das De-Mail-Gesetz?Zur Begründung des De-Mail-Gesetzes erklärt der Gesetzgeber, dass der E-Mailverkehr zwar einfach, schnell und preiswert, aber auch unsicher sei. Weil im Internet jeder jede Identität annehmen könne, könne man nie sicher sein, an wen man eine Erklärung abgebe und von wem man eine Erklärung erhalte. Auch könne man sich nicht sicher sein, dass die eigenen Nachrichten im Internet ungelesen, unkopiert und unverändert empfangen werden. Solchen Schwächen soll durch De-Mail abgeholfen werden. Hierfür sind eigene De-Mail-Dienste – in der Regel über die bereits bekannten Mail-Provider – einzurichten, die im Rahmen einer eigenen und außerhalb des „normalen“ E-Mail-Verkehrs liegenden Infrastruktur neue (und für den Nutzer kostenpflichtige) Kommunikationswege eröffnen. Demgemäß ist De-Mail mit der „normalen“ E-Mail nicht kompatibel.Das De-Mail-KontoEin De-Mail-Konto muss so eröffnet und geführt werden, dass es nur einem einzigen Nutzer zugeordnet werden kann. Für die Anmeldung eines De-Mail-Kontos muss deshalb die Identität des Nutzers zuverlässig festgestellt werden. Dies geschieht entweder durch Sichtvergleich mit einem gültigen Ausweis oder aber – bei Online-Beantragung – durch das Post-Ident-Verfahren. Bei Online-Beantragung kommt auch der Identitätsnachweis durch den elektronischen Personalausweis oder eine (bereits eingerichtete) qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz in Betracht. Bei juristischen Personen ist ein aktueller Handelsregisterauszug vorzulegen, zusätzlich hat sich das Vertretungsorgan mit einer der vorstehenden Alternativen zu identifizieren. Für Personengesellschaften ist die Identifizierung eines jeden vertretungsberechtigten Gesellschafters erforderlich. Jeder De-Mail-Provider muss seinem Nutzer zwei Arten des Zugangs zum De-Mail-Konto gewähren – eine „einfache“ und eine „sichere“ Anmeldung. Die einfache Anmeldung erfolgt durch Bekanntgabe eines Benutzernamens und eines Passwortes. Eine solche „einfache“ Anmeldung stellt der De-Mail-Anbieter allerdings nur auf ausdrückliches Verlangen des Nutzers zur Verfügung. Der Regelfall ist die „sichere“ Anmeldung. Eine solche sichere Anmeldung ist gekennzeichnet durch die Stichwörter „Besitz und Wissen“. Als Beispiel sei hierfür eine Chipkarte (Besitz) in der Kombination mit einem Passwort (Wissen) genannt. Darüber hinaus kann jeder Nutzer von seinem De-Mail-Provider verlangen, dass ein Zugang zu seinem De-Mail-Konto nur für solche Empfänger sein soll, die sich „sicher“ angemeldet haben. Vier De-Mail-DiensteDas neue De-Mail-Gesetz bietet vier Dienste an: Postfach- und Versanddienst, Identitätsbestätigungsdienst, Verzeichnisdienst und Dokumentenablagedienst:1. Postfach- und Versanddienst: Jedem Nutzer von De-Mail wird von seinem Provider auf Antrag eine De-Mail-Adresse zugewiesen, die ausschließlich für De-Mail-Dienste genutzt werden kann und darf. Jeder Nutzer von De-Mail kann seine De-Mail-Adresse hierbei frei wählen, wobei allerdings durch eine entsprechende Namens- oder Firmenbezeichnung ein direkter Bezug zum Nutzer herzustellen ist. Alternativ kann eine anonyme De-Mail eingerichtet werden. Diese hat allerdings durch einen festgelegten Zusatz darauf hinzuweisen, dass es sich um einen anonymen Nutzer handelt. Der Diensteanbieter muss auf Verlangen des Nutzers folgende Bestätigung ausstellen: z Bestätigung der sicheren Anmeldungz Bestätigung der erfolgten Versendungz Bestätigung des Eingangs beim Empfängerz Für öffentliche Stellen bei förmlicher Zustellung: Bestätigung der erfolgten Abholung durch den Zustelladressaten2. Identitätsbestätigungsdienst: Ein De-Mail-Dienst kann auf freiwilliger Basis dem Nutzer die Möglichkeit einträumen, seine Identität Dritten gegenüber zu bestätigen. Hierfür muss sich der Nutzer „sicher“ anmelden, also mit „Besitz und Wissen“ (siehe oben). Die Identitätsbestätigung erfolgt gegenüber dem Dritten mittels einer qualifiziert signierten De-Mail-Nachricht des De-Mail-Anbieters. 3. Verzeichnisdienst: Der De-Mail-Anbieter muss dem Nutzer einen Verzeichnisdienst zur Verfügung stellen. Der De-Mail-Anbieter hat hiernach die De-Mail-Adresse, Name und Anschrift sowie Informationen über sichere Anmeldung und Nachrichtenverschlüsselung des jeweiligen Nutzers zu veröffentlichen. Allerdings hat der De-Mail-Dienst auf Verlangen des Nutzers die Verzeichnisdaten unverzüglich zu löschen. Wer also nicht in einem öffentlichen Verzeichnis im vorstehenden Sinne aufgelistet sein möchte, muss entsprechend tätig werden.4. Dokumentablagedienst: Als weiteren freiwilligen Dienst kann ein De-Mail-Provider anbieten, für die sichere Ablage von Schriftstücken einen Dokumentensafe bereitzustellen. Es soll ein langfristiger Schutz vor Datenverlust und Manipulation ermöglicht werden. Ausblick und KritikSollte De-Mail bei Privatpersonen und bei Unternehmen eine hohe Akzeptanz erfahren, so wird dies nicht ohne gravierenden Einfluss auf die „normale“ Post bleiben. Nicht zuletzt deswegen hat die Deutsche Post rein vorsorglich schon im Juli 2010 ihr Konkurrenzprodukt „E-Postbrief“ auf den Markt gebracht. Welche Akzeptanz die De-Mail letzten Endes erfahren wird, hängt maßgeblich von den damit verbundenen Kosten und der Anwenderfreundlichkeit ab, denn: Wer Wert darauf legt, konnte und kann auch ohne die De-Mail eine hohe Datensicherheit im Mail-Verkehr erzielen. Es darf beispielsweise auf die bereits eingeführte digitale Signatur oder die Übermittlung einer Datei als Anhang im Zip-Dateiformat mit einer erweiterten AES-Verschlüsselung und separatem Passwort verwiesen werden. Demgegenüber gibt es bei der De-Mail keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Bei einem De-Mail-Provider wird jede E-Mail zunächst in Klartext verwandelt, gespeichert und erst danach wieder verschlüsselt und weitergesandt. Man lese des Weiteren auf der Internetseite der Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik nach: „ Das Projekt De-Mail ist Bestandteil des Modernisierungsprogramms ,vernetzte und transparente Verwaltung‘ der Bundesregierung. Es steht in Übereinstimmung mit der nationalen E-Government-Strategie.“ Demgemäß wurde auch das Verwaltungszustellungsgesetz geändert. Die Behörden können nunmehr denjenigen, die sich mit einer De-Mail-Adresse angemeldet haben, künftig Bescheide und Dokumente durch bloßes Einlegen in den elektronischen Briefkasten zustellen mit der entsprechenden gesetzlichen Zugangsfiktion. Die Reduzierung von Kosten und Verwaltungsaufwand liegt auf der Hand. Geht es dem Staat mit dem De-Mail-Gesetz somit letzten Endes um Belange von Bürgern und Unternehmen oder um eigene Belange...?Rechtsanwalt Rainer Bopp, kanzlei@raehaug-partner.deKurzfassung1. Am 3. 5. 2011 trat das De-Mail-Gesetz in Kraft. Nach dem Gesetzeszweck soll mit De-Mail-Diensten eine elektronische Kommunikationsplattform geschaffen werden, die einen sicheren, vertraulichen und nachweisbaren Geschäftsverkehr für jedermann im Internet sicherstellen soll.2. Bei der Anmeldung eines De-Mail-Kontos muss die Identität des Nutzers zuverlässig festgestellt werden. Dies geschieht durch direkte Vorlage eines körperlichen Ausweises oder mittels Online-Beantragung bei Verwendung des Post-Ident-Verfahrens, einer elektronischen Signatur oder eines elektronischen Ausweises.3. Durch das De-Mail-Gesetz werden vier De-Mail-Dienste angeboten: Postfach- und Versanddienst, Identitäts-Bestätigungsdienst, Verzeichnisdienst und Dokumentenablagedienst. Auf Verlangen des Nutzers hat der De-Mail-Dienst zu bestätigen: die sichere Anmeldung, die erfolgte Versendung, den Eingang beim Empfänger, für öffentliche Stellen bei förmlicher Zustellung die erfolgte Abholung durch den Zustelladressaten.Kommentar< Sicherlich gibt es eine ganze Anzahl von Unternehmen – man denke beispielsweise an Online-Shops –, die ein gesteigertes Interesse an De-Mail haben, weil Kunden hierdurch sicher identifiziert werden können. Würden diese Unternehmen deshalb auf Geschäfte mit denjenigen Personen verzichten, die lediglich über „normale“ E-Mail verfügen? Wohl kaum. Es ist insgesamt anzunehmen, dass es der Staat selbst ist, der das höchste Interesse an einer möglichst flächendeckenden Verbreitung von De-Mail schon wegen der Einsparung von Kosten und Verwaltungsaufwand hat. Die Kanalisierung des E-Mail Verkehrs über De-Mail ist auch hinsichtlich des Arguments der Datensicherheit zu hinterfragen. Schließlich gestattet das De-Mail-Gesetz gerade keine komplette Ende-zu-Ende-Verschlüsselung vom Absender zum Empfänger. Vielmehr muss der Provider die De-Mail entschlüsseln, mit entsprechenden Daten speichern und darf sie erst dann nach erneuter Verschlüsselung weitersenden. Auf geäußerte Bedenken des Bundesrates antwortete die Bundesregierung zu ihrem Gesetzesentwurf, „die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gefährdet das gesamte Ziel von De-Mail“, nämlich „die einfache – und ohne spezielle Softwareinstallation mögliche – Nutzbarkeit durch die Bürger“. Diese Begründung im zweiten Halbsatz entlarvt sich jedoch als Vorwand vor dem Hintergrund, dass gerade einmal vier Wochen nach Inkrafttreten des De-Mail-Gesetzes das Bundesjustizministerium einen Gesetzesentwurf für eine neue Vorratsdatenspeicherung vorlegte, wonach es ohne jeden Anlass gestattet sein soll, dass für sieben Tage auf Vorrat protokolliert werden darf, wer, wann und mit welcher IP-Adresse sich im Internet bewegt hat. Ein Schelm, wer bei dieser Verknüpfung Böses denkt ... >

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