Fachwissen im Autohandel: Auf Ladekompetenz kommt es an

Das Thema Elektromobilität sorgt in Deutschland für viele Diskussionen, zum Teil sehr kontrovers. Im europäischen Vergleich zählt Deutschland weder zu den Vorreitern - wie zum Beispiel Skandinavien oder die Niederlande - noch zu den Nachzüglern wie Süd- bzw. Osteuropa, sondern kann der späten Mehrheit zugeordnet werden, sowohl in Bezug auf die Quote von Ladesäulen als auch Elektrofahrzeugen, jeweils im Verhältnis zur Bevölkerung. Der Verkauf im Autohandel in Deutschland konzentriert sich sehr stark auf das Fahrzeug selbst und die technischen Herausforderungen. Dabei wird das Thema Laden im Verkaufsprozess vernachlässigt, und die Vorteile der Elektromobilität selbst werden dem Käufer unzureichend deutlich gemacht. Das zeigt unsere "Marktuntersuchung Small-Fleet-Leasing-E-Fahrzeuge im Autohandel". Dabei haben wir uns beispielhaft näher angesehen, auf welche Beratungs- und Ladekompetenz im Autohandel ein Firmenkunde hierzulande aktuell trifft. Ausgangslage Schauen wir uns einmal folgende Ausgangslage an: Eine Firma mit einer Flotte von neun Fahrzeugen möchte ihren Firmenfuhrpark elektrifizieren und innerhalb der nächsten zwölf Monate einige Dieselfahrzeuge durch Elektrofahrzeuge ersetzen. Hierbei waren neben den finanziellen Rahmenbedingungen die wesentlichen Fragen, wie man unterwegs und zu Hause laden und wie man einen Firmenwagen beim Laden zu Hause abrechnen könne. Natürlich spielte das Fahrzeug selbst eine Rolle, aber die Dienstwagenfahrer wollten insbesondere besser verstehen, wie einfach das Thema Laden im Alltag ist, gerade wegen der Umstellung von einem Verbrenner auf ein E-Fahrzeug. Zu diesem Zweck wurden Probefahrten vor Ort bei Autohändlern von insgesamt zwölf Marken vereinbart, um sich ein besseres Bild vom Fahrzeug, aber auch von der aktuellen Ladesituation zu machen und sich vor Ort auch entsprechend beraten lassen zu können. Ergebnisse Die Ergebnisse lieferten ein ernüchterndes Bild vom Verkaufsprozess. Es war eine klare Trennung zwischen fahrzeugbezogener und ladetechnischer Kompetenz ersichtlich. Grundsätzlich beherrschten alle Verkäufer das Thema Fahrzeug und seine technischen Rahmenbedingungen und konnten problemlos ein Leasing-angebot ausrechnen. Jedoch bot sich bei Fragen zum Laden ein anderes Bild. 42 Prozent der Verkäufer konnten keinen Hinweis auf eine Ladekarte oder App geben. Die meistgenannten Empfehlungen waren, Google zu befragen und dass es viele Anbieter gebe. 67 Prozent der Verkäufer waren ratlos in Bezug auf eine Ladesäule und empfahlen, zu googeln oder mit den Stadtwerken zu sprechen. Nur bei einer der zwölf Marken kamen positive Antworten wie: "Wir verkaufen Elektroautos, natürlich verkaufen wir auch Ladesäulen!" oder "Die Ladesäule dazu bekommen Sie bei uns!" Keiner der Verkäufer hatte eine konkrete Antwort auf die Frage, wie die Rückvergütung der Firmenwagen beim Laden zu Hause funktionieren würde. Die Hälfte war sich nicht sicher, ob es überhaupt möglich wäre. Ein Verkäufer behauptete sogar, es würde gar nicht funktionieren. Beispiele aus anderen Ländern Ein Blick zu unseren Nachbarn in Europa gibt hilfreiche Hinweise, wie man den Verkaufsprozess positiver gestalten kann. Wir haben bewusst nicht die Niederlande oder Norwegen als Referenz herbeigezogen, weil das Thema dort in Gänze fortgeschritten ist, sondern nach Südeuropa - zum Beispiel Spanien - geschaut, wo die Dichte an Ladeinfrastruktur deutlich geringer ist. Hier seien nur einige Beispiele genannt: Ladekarte und App: Verkäufer hatten eine App installiert und erklärten, wie einfach es gehe, sich eine Ladesäule herauszusuchen und anzusteuern. Die Verkäufer betonten, wie simpel und angenehm es sei. Laden zu Hause: Im Autohaus selbst war die Ladelösung für das Haus vorhanden. Der Verkäufer nahm den Kunden an die Hand, zeigte auf die Ladesäule und sagte, dass man diese ganz einfach installieren könne. Kostenfaktor: Ein Verkäufer zeigte dem Kunden einen TCO-Rechner, um die Vorteile eines Stromers gegenüber einem Verbrenner auch in quantitativer Hinsicht zu zeigen. Der Schwerpunkt des Verkaufsdialoges lag auf der Einfachheit des Ladens und den Vorteilen gerade bei vielen Kurzstrecken. Es ging weniger um das Fahrzeug selbst und die technischen Details. Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Verkaufsprozess für E-Fahrzeuge in Deutschland sehr nüchtern und technisch wirkte und neben dem notwendigen Fachwissen auch die Leidenschaft für das Thema vermissen ließ. Während die Verkäufer in Bezug auf die Fahrzeugkomponenten und das Leasingangebot in Gänze ein stabiles Grundwissen aufzeigten, war das Fachwissen in Bezug auf das Laden sehr lückenhaft und teilweise nicht vorhanden. Jeder Verkäufer kannte sowohl die Ladekapazität als auch die Reichweite des Fahrzeugs (die offiziell angegebene und auch die reale), aber nur wenige konnten beispielsweise die Ladezeit an der Haushaltssteckdose angeben. Die meisten Verkäufer in Deutschland erklärten die Sinnhaftigkeit der E-Mobilität, aber nur wenige zeigten sich begeistert und fasziniert. Wie überzeugend kann ein Produkt abgesetzt werden, wenn sogar die Verkäufer zögerlich sind? Es stellt sich die Frage, woher der Mangel an Begeisterung und insbesondere an Fachwissen im deutschen Handel kommt, denn der Blick über die Grenze zeigt, dass es auch anders geht. 5 PRAXIS-TIPPS Haben Sie eine Lade-App und eine Ladekarte griffbereit, um es den Kunden im Gespräch zu zeigen. Nutzen Sie eine Demo-Ladesäule auf dem Firmengelände als anschauliches Beispiel. Haben Sie konkrete Antworten auf die zwei meistgestellten Fragen zum Laden. Ein "Oh, das weiß ich nicht!" vermittelt kein Vertrauen. 1. "Wie kann ich öffentlich laden?"; 2. "Was für eine Wallbox empfehlen Sie für zu Hause?" Wählen Sie Verkäufer aus, die der E-Mobilität positiv gegenüberstehen. Schulen Sie den Vertrieb insbesondere zu Ladeinfrastruktur und Lösungsoptionen. DER AUTOR André Latendorf ist Geschäftsführer der Unternehmensberatung Latendorf & Doggaz und leitet Projekte für Geschäftsentwicklung im Bereich Automobilvertrieb und E-Mobilität. Dazu zählen Marktforschung, Bench-marking sowie Vertriebsstrategien, Verkäuferentwicklung und strategische Kooperationen. Darüber hinaus unterstützt er Start-ups als Business Angel und Turnaround Manager.

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