AH: Herr Jaunich, Sie haben zum 1. September die Position des CSMO übernommen. Welche Mission leitet Sie bei Ihrer neuen Aufgabe?
A. Jaunich: Die Mission von Berner lautet: Wir halten die Welt unserer Kunden zusammen und am Laufen. Dieses Versprechen ist es, das mich Tag für Tag bei meiner Aufgabe leitet. Ebenso wie die 8.200 anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Unternehmensgruppe - ganz egal, ob sie in Deutschland oder an einem unserer mehr als 20 Standorte in Europa tätig sind. Wir möchten, dass unsere Kunden wissen: auf Berner ist Verlass. Wir stehen selbst in herausfordernden Zeiten wie jetzt fest an der Seite des Handwerks, kämpfen im Verkauf um jede Schraube oder jede Kartusche Scheibenkleber, um unsere Partner bei ihrem eigenen Geschäftserfolg zu unterstützen.
AH: Welche Rolle spielt dabei die Sparte Automotive?
A. Jaunich: Das Mobility-Segment ist in unserem Kerngeschäft Omnichannel Trading eine tragende Säule. Entsprechend groß ist die Bedeutung. Das war schon 1957 so, als Albert Berner die Firma mit einem alten Auto und 3.000 D-Mark Startkapital in einer kleinen Garage in Künzelsau gegründet hat - und hat sich in all den Jahren bis heute nicht geändert. Wenn es den Kfz-Werkstätten oder Autohäusern gut geht, merken auch wir das sofort an unseren Zahlen.
AH: Wie steht Berner aktuell im Bereich Automotive da?
A. Jaunich: Aktuell läuft der Motor erfreulich rund. Gruppenweit konnten wir den Umsatz im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres 2021/22 vom 1. April bis 30. September um mehr als zehn Prozent steigern. Mit fast 108 Millionen Euro war der September sogar der beste Umsatzmonat unserer 64-jährigen Firmengeschichte. Im Mobility-Segment sind wir überproportional gewachsen. Das Umsatzplus liegt hier bei rund 14 Prozent.
AH: Welche Wachstumsziele verbinden Sie mit dem Bereich Automotive/Mobility in Deutschland?
A. Jaunich: Waren die Umsätze im Mobility-Segment während der Corona-Krise in 2020 eher rückläufig, zeigen die Zahlen der ersten Hälfte des laufenden Geschäftsjahres, dass die Automobilbranche wieder in Fahrt kommt. Wer Berner kennt, weiß: Wir setzen uns ehrgeizige Ziele. Entsprechend wollen wir natürlich von der Erholung möglichst stark profitieren und weiter profitabel wachsen.
AH: Wollen Sie auch neue Geschäftsfelder erschließen?
A. Jaunich: Wir sehen zum einen mit den Key Accounts für uns noch deutliches Wachstumspotenzial. Hier konnten wir in den vergangenen Monaten bereits zahlreiche Erfolge verbuchen. So haben wir beispielsweise den Vertrag mit Tecar verlängert, mit AGE das am schnellsten wachsende europäische Netzwerk an Glasreparaturspezialisten als neuen strategischen Partner gewonnen und Kooperationen mit weiteren Großkunden wie DB Schenker, Suzuki, Hyundai oder Scania vereinbart. Zum anderen wollen wir unsere führende Position auf dem Gebiet smarter chemischer "All in One"-Produkte weiter ausbauen. Deshalb haben wir ein zentrales Forschungs- und Entwicklungslabor für die Kernmarke Berner neu eröffnet. Unter fachlicher Leitung internationaler Produkt-Ingenieure arbeiten unsere Experten dort an Profi-Lösungen von morgen oder übermorgen.
AH: Welche Perspektiven sollen respektive können sich mit Ihren Wachstumszielen für den Autohandel und die Kfz- Werkstätten als Kunden eröffnen?
A. Jaunich: Wir wollen ein Partner auf Augenhöhe sein, der mit anwendungsorientierten Produkt- und Servicelösungen beweist, dass er das Geschäft und die Herausforderungen seiner Kunden versteht. Vom Anwendungsfeld Bremsenservice über den Reifenwechsel bis hin zur Fahrzeugwäsche oder Innenreinigung verfolgt jedes Berner Angebot das gleiche Ziel: den Arbeitsalltag von Handwerkprofis so einfach wie möglich zu machen, damit sie ihr wichtigstes Gut sparen - Zeit. Autohändler und Werkstattbetreiber sollen sich voll auf ihre eigentliche Tätigkeit fokussieren können. Dazu gehört für uns auch, ein schnelles Liefernetzwerk aufzubauen, um Kunden idealerweise noch am Bestelltag selbst versorgen zu können. Vor diesem Hintergrund haben wir in den vergangenen zwei Jahren fast 60 Millionen Euro in unsere europäische Logistikoffensive investiert. Außerdem treiben wir die digitalen Transformationen auf allen Ebenen konsequent voran. So können wir die persönliche Beratung durch unseren Außendienst oder in einem unserer Profi Points mit den Vorzügen elektronischer Vertriebskanäle kombinieren und sind überall dort erreichbar, wo es unsere Kunden wünschen.
AH: Wo verorten Sie die Digitalisierung innerhalb der Gesamtstrategie?
A. Jaunich: 2015 war die Berner Group eines der ersten Unternehmen der Branche, das massiv in die Digitalisierung investierte. Damals trugen die alternativen Verkaufskanäle wie Webshop, Mobile App, Call-Center oder Telesales nur circa sieben Prozent zum Gesamtumsatz bei. Im zurückliegenden Halbjahr konnten wir den Anteil im Kerngeschäft Omnichannel-Trading, zu dem die Belieferung von Werkstätten und Autohändlern gehört, auf mehr als 25 Prozent steigern. Treiber dieser Entwicklung ist der E-Commerce mit konstant zweistelligen Zuwachsraten - zuletzt 44 Prozent über Vorjahr. Gerade in den Lockdowns haben Kunden die Zuverlässigkeit und Kundenfreundlichkeit unserer elektronischen Verkaufskanäle schätzen gelernt. Das spricht sich herum, denn in keinem Kanal gewinnen wir so viele Neukunden. Der Außendienst ist und bleibt trotzdem auch künftig das Herzstück unserer Vertriebsstrategie. Wir haben zehn Millionen persönliche Kundenkontakte pro Jahr. Das sind ein Alleinstellungsmerkmal und eine Stärke, um die uns reine Online-Händler wie Amazon & Co. beneiden. Diesen einzigartigen Wettbewerbsvorteil geben wir nicht aus der Hand.
AH: Wohin wird Ihrer Ansicht nach die Reise im Automobilhandel und Aftersales gehen?
A. Jaunich: Heute ist der Flottenbestand noch durch Verbrenner geprägt. Je mehr sich vollelektrische Fahrzeuge durchsetzen, desto anspruchsvoller wird für Autohändler und Werkstätten der Markt. Ein BEV hat rund ein Drittel weniger Teile und einen geringeren Verschleiß. Neben margenstarken Umsätzen mit Ersatzteilen und Öl entfallen dadurch auch verrechenbare Arbeitswerte. Kfz-Profis müssen sich auf diese Entwicklung einstellen und neue sowie alternative Ertragsmöglichkeiten erschließen.
AH: Wo sehen Sie hier Berner als Lieferanten und Dienstleister?
A. Jaunich: Wir sind am Puls der Zeit. Erst vor Kurzem haben wir beispielsweise unser eMobility-Sortiment noch einmal kräftig aufgestockt. Für die Annahme von Plug-ins sowie E-Autos bieten wir die passenden Lösungen, ebenso wie für die Absicherung der Arbeitsbereiche, die Inspektion technischer Komponenten und die Wartung stromführender Batterien. Auch für Notfallbergungen oder die Demontage des gesamten Systems gibt es die passenden Angebote von uns. Mit unseren einfach anzuwendenden Universallösungen und innovativen Chemie-Produkten können Werkstätten zudem auch künftig gute Zusatzumsätze generieren. So eignet sich der jüngst von uns entwickelte Fastfix-Kleber ideal für das schnelle Reparieren und Wechseln kaputter Autoscheiben. Und dank unserer neuen Politur X-in-One Polish kann der Kfz-Profi das Auspolieren von Kratzern bei der Direktannahme als optionale Leistung anbieten. Als Omnikanalvertriebsunternehmen stehen wir täglich im Kontakt mit unseren Kunden: Mit unserer Außendienstmannschaft in der Werkstatt, im Call-Center, in unseren Profi-Point-Shops, mobil über die App oder im Web - wir sind überall dort, wo man uns braucht, und erfüllen unsere Mission.
AH: Vielen Dank für das Gespräch!
Zur Person
Arthur Jaunich führt als Chief Sales and Marketing Officer seit 1. September 2021 das Vorstandsressort im Geschäftsmodell Omnichannel-Trading der Berner Gruppe. An den 43-jährigen promovierten Wirtschaftswissenschaftler berichten seither sowohl die regionalen Senior Vice Presidents als auch die Bereichsleiter Sales and Marketing des Unternehmens. Vor Aufnahme der Führungsposition bei Berner war er unter anderem in der Unternehmensberatung McKinsey sowie als CEO der Benteler Distribution International tätig.