Unter dem Motto "So machen Sie Ihr GW-Geschäft fit für den Wettbewerb" führten AUTOHAUS-Chefredakteur Ralph M. Meunzel und Bert Grammel, Automotive Expert bei der Eckert Group, durch den 22. AUTOHAUS/DEKRA Gebrauchtwagen-Kongress in Hannover. Schon am Vorabend machte ein Expertentalk, an dem sich Alexander Sauer-Wagner, Geschäftsführer des VW/Audi Partnerverbands, Martin Verrelli, Chef von Kamux Auto, und Frank Ulf Perez, Brandmanager bei Autoweller, beteiligten, deutlich: Es kommen wirtschaftlich schwierige Zeiten auf den Handel zu - und der Fokus muss auf das Kerngeschäft Second-Hand-Handel ausgerichtet werden.
Genau in diesem Business habe Tesla kürzlich für Wirbel gesorgt, erklärte Andreas Geilenbrügge, Regional Head of Valuations, Autovista Group/Schwacke, Germany, der sich in seinem Vortrag dem EV-Schwergewicht und dem Preisrutsch diverser Modelle der Kalifornier widmete. Dieser sei "ungewöhnlich", so der Experte, der anschließend die Entwicklung des Elektro-Gebrauchtwagenmarkt darlegte. Bis Anfang nächsten Jahres werde sich der Preisverfall wahrscheinlich fortsetzen. lautete seine Prognose.
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Auch der einst florierende Verkauf von gebrauchten Elektroautos in die skandinavischen Länder wird nach Einschätzung von Geilenbrügge künftig keine große Rolle mehr spielen: Die Aufnahmekapazität dieser Länder sei schließlich beschränkt, während immer mehr junge Gebrauchte Elektromodelle auf den Markt drängen.
Online oder offline?
Anschließend folgte ein Seitenwechsel: Dr. Thomas M. Fojcik, Director Automotive and Mobility Development Ipsos GmbH, beleuchtete in seinem Vortrag die Kundenperspektive des Gebrauchtwagenhandels. Ein Blick auf die Auswertung einer Umfrage zeigt: "Das Internet spielt eine wichtige Rolle." Bei der Informationsbeschaffung rücken dabei auch zunehmend soziale Netzwerke sowie Youtube-Videos in den Fokus des Interesses. Und: Bei der Kontaktaufnahme würden die Kunden mittlerweile den digitalen Weg in Form von E-Mailings oder WhatsApp-Chats gegenüber dem Griff zum Hörer bevorzugen, erklärte Fojcik.
Beim Impuls-Café kamen schließlich die Sponsoren der Veranstaltung zu Wort: Mit DEKRA, Auto1, CarGarantie und Creditplus war man thematisch breit aufgestellt - von der Elektromobilität, den Zinsen als Kostentreiber bis hin zur Schadensabwicklung und dem ESG wurden hier zahlreiche relevante Themen für den Handel angesprochen.
Aktuelle Rechtsprechung zum BGH-Kaufrecht
Anschließend folgte der Vortrag von Henning Hamann, Geschäftsführer und Rechtsanwalt, ETL Kanzlei Voigt Rechtsanwalts, zum neuen Kaufrecht. Anhand zahlreicher Praxisbeispiele spielte der Jurist die Facetten verschiedener Konfliktsituationen durch. Dreh- und Angelpunkt, das wurde im Rahmen des Vortrags deutlich, ist dabei der Wegfall des Paragraphen 442 BGB. Für den Handel bedeutet das neue Gesetz, dass eine weitere gesonderte Dokumentation von Fahrzeugschäden nötig wird und bei Mängeln deutlich schneller reagiert werden muss. "Wenn Sie eine Kundenreklamation haben, dann läuft die Uhr", erläuterte Hamann, der je nach Schadensfall von einem bis zu sechs Wochen großen Zeitfenster sprach.
Mit Daniel Liliensiek, Geschäftsführer des Autohauses Liliensiek, bekam auch die Sicht eines inhabergeführten Händlerbetriebs den nötigen Rahmen, um dessen Perspektive auf die derzeitige Marktsituation darzulegen. Trotz der Widrigkeiten am Horizont ist sich Liliensiek sicher: "Die Daseinsberechtigung von Autohäusern wird bestehen bleiben." Ausschlaggebend dafür, dass auch kleinere Betriebe überleben könnten, sei das eigene Geschäftsmodell klar zu definieren und sich beispielsweise eine Nische zu suchen und Arbeitsabläufe anzupassen. Im eigenen Unternehmen, erklärte der Autohauschef, habe man beispielsweise eine neue Stelle geschaffen, um die Leadbearbeitung zu verkürzen. Mit Erfolg: Seit Arbeitsantritt der "Digital Sales Managerin" ist die Zeit, bis ein Lead bearbeitet wird, von 2,5 Stunden auf 21 Minuten gefallen.
22. AUTOHAUS/DEKRA Gebrauchtwagen-Kongress
BildergalerieVorstellung Verkäuferstudie 2023
Wie das Verkaufspersonal die eigene Situation angesichts der derzeitigen Verwerfungen und dem drohenden Agenturmodell bewertet, wurde in einer neuen Studie von Targobank und AUTOHAUS ermittelt. "Die Stimme des Verkaufspersonals", so Christoph Herpel, Vertriebsleiter Targobank Autobank - Region Mitte, der die Studie gemeinsam mit Carsten Wodtke, Vertriebsleiter Targobank Autobank - Region Nord, vorstellte, zeige eine gewisse Sorge. "Die befragten Verkäuferinnen und Verkäufer rechnen mit einem negativen Einfluss des Agenturmodells", erklärte der Vertriebsleiter. So befürchten viele, dass der Beruf an Attraktivität verliert und die Provisionen abschmelzen.
Von den Herstellern fühlt sich laut Wodtke mehr als die Hälfte im Hinblick auf die anstehende Rollenänderung nicht richtig abgeholt. Besonders deutlich zeigt sich das bei den deutschen Volumenherstellern: Hier sind 63 Prozent der Befragten der Meinung, dass sich der Hersteller mit der Rollenänderung des Verkaufspersonals nicht richtig beschäftigt hat. Dabei sei es insbesondere in Zeiten des Wandels wichtig, gemeinsam zu agieren, auf Augenhöhe zu kommunizieren und die zentrale Rolle der Autoverkäuferinnen und Autoverkäufer zu betonen.
Ausführlicher Bericht im Printmagazin
Was Bert Grammel als "Grundstock für ein erfolgreiches GW-Geschäft" sieht und wie das in der Praxis aussieht, erfahren Sie im ausführlichen Bericht, der in der AUTOHAUS-Ausgabe 20/2023 erscheint. Weitere Referenten der Veranstaltung waren Michael Tziatzios, Leiter Gebrauchtwagenmanagement, DEKRA Automobil, Tobias Krumnikl, Abteilungsleiter Gewerbekunden & Gebrauchtwagenstrategie Hyundai Motor Deutschland, Richard Schumann, Gesamtverantwortung Gebrauchtwagen bei der Schneider Gruppe), Martin Verrelli und Alexander Blab, Einkaufs- und Verkaufsleiter Gebrauchtwagen bei Auto Grill.