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HB ohne Filter: WLTP und Dieselmalaise +++ Brennstoffzelle +++ Musterfeststellungsklage +++ "Mangelware" Berufsschullehrer

Prof. Hannes Brachat
AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat
© Foto: Erwin Fleischmann/AUTOHAUS

Unabhängig, scharfsinnig, auf den Punkt: der Wochenkommentar von AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat!

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Datum:
02.11.2018

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Heute mit den Themen: WLTP und Dieselmalaise - Alarmsignale +++ Brennstoffzellen-Fahrzeuge - alternatives Mixtum +++ Musterfeststellungsklage - eine laue Veranstaltung +++ Berufsschullehrer - "Mangelware"

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© Foto: RealGarant

WLTP und Dieselmalaise - Alarmsignale

Die Pkw-Neuwagenzulassungen im September weisen 30,5 Prozent Rückgang aus. WLTP wirkt! Im Oktober 2018 sind es gegenüber dem Vorjahr 7,4 Prozent weniger. Auf das Gesamtjahr besehen sollen die Pkw-Neuwagenzulassungen dennoch spürbar über drei Millionen Einheiten liegen. Tatsache ist: Durch die WLTP-Herausforderung sind - je nach Marke - zahlreiche Modelle nicht lieferbar. Das schafft aktuell für zahlreiche Betriebe einen erheblichen Ergebniseinbruch.

Die zweite Komponente, die trotz besänftigendem DAT-Dieselbarometer deutlich artikuliert werden muss: Zahlreiche Händler, ob Opel oder VW u.a. schreiben aufgrund der Diesel-Preiseinbrüche riesenrote Verluste. Eben auch markant über die Leasingrückläufer. Einige Autohäuser haben dazu rechtzeitig Rückstellungen gebildet. Sie müssen nun erkennen, dass diese oft nicht ausreichend dimensioniert sind. Bei den Top-100-Händlern sprechen wir da von aktuellen Verlusten zwischen einer und drei Millionen Euro. AUTOHAUS hat aktuell über die Insolvenz des Hamburger VW-Traditionshauses Willy Tiedtke berichtet. Es gibt immer mehrere Gründe, die zu einer Insolvenz führen. Aber pro Leasingrückläufer Diesel waren da pro Fahrzeug 4.000 bis 5.000 Euro Miese verbunden. Tiedtke ist kein Einzelfall. Ich kenne genügend Händler, die gegenwärtig noch nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen.

Einmal mehr sind darin die Hersteller/Importeure gefordert. Wie würden die Hersteller, die, die nur noch virtuellen Direktvertrieb propagieren aussehen, wenn sie nicht diese kräftigen "Stoßdämpfer" namens Markenhändler hätten, die seit drei Jahren die von der Industrie verursachte Malaise vor Ort gegenüber jedem Kunden egalisieren? Es ist schon erstaunlich, dass da einige Schreiberlinge aus der Motorpresse der Regierung die Schuld für das Nichteinhalten der Grenzwerte zuschieben. Nein, daran sind alle Schuld, auch die Fachpresse bis zum ADAC, die es zuließen und weggeschaut haben, dass über Jahre in allen Prospekten mit unrealistischen Verbrauchsangaben getäuscht wurde. Fazit: Beim "Kleinsten", den Autohändlern, bleiben die ganzen Machenschaften inklusive von deren Vertuschungen vielfach in der Konsequenz hängen.

Brennstoffzellen-Fahrzeuge - alternatives Mixtum

Ein Händler schickte mir den Bericht aus AUTOHAUS Online vom 29. Oktober 2018 zu, in dem MB-Chef Dieter Zetsche sich quasi darüber echauffierte, dass in Europa 2018 98,3 Prozent der Autokäufer alles kauften, nur keine E-Autos. Was er nicht erwähnte: Bis Ende September 2018 wurden in China allein 718.000 E-Autos verkauft - und Daimler dort nur zuschaute. Die anderen deutschen Konzerne ebenso. VW-Konzernchef Herbert Diess findet das Phänomen, dass kein deutscher Hersteller eigene E-Batterien bzw. in der Zellfertigung dabei ist, erschreckend. Welch eine Abhängigkeit. Wenn Herr Zetsche mal ein attraktives E-Auto zum ansprechenden Preis auf den Markt bringen würde, sähe das anders aus. Schauen sie mal rein, was puls-Chef Konrad Wessner und Elektro-Pionier Jürgen Lobach, Geschäftsführer von Choice, zum Thema "Wie ticken E-Autointeressenten?" zu sagen haben. Unter folgendem Link können Sie das Video anschauen: https://youtu.be/QZgTtlNi9rI

Herr Zetsche führt stattdessen den GLC F-Cell Hybrid mit Brennstoffzelle vor. Ein SUV, das aufgrund seines mächtigen Preises wegen gar nicht gekauft, allenfalls geleast werden kann. Und das von Kunden, die in deutschen Großstädten zu Hause sind. Ich erinnere mich daran, 2013 mit einer B-Klasse F-Cell eine Erstlingstour gemacht zu haben. Sie sollte 2015 kommen. Sollte! Toyota, Hyundai und Honda sind bereits mit Wasserstoffautos auf dem Markt. Der Toyota Mirai ist zum Preis von 78.800 Euro, der Hyundai Nexo ab 69.000 Euro zu haben. Reichweite zwischen 480 und 542 Kilometer. Beide sind alltagstauglich. Doch muss man dafür sehr großen Pioniergeist mitbringen. Derzeit gibt es in Deutschland 50 Wasserstofftankstellen. Neue werden vor allem an den Autobahnen gebaut werden. Bis 2023 sollen es dann 400 sein. Eine Wasserstofftankstelle erfordert ein Investment von einer Million Euro. Wer die technischen Fortschritte in einem Fünf-Jahreszeitraum vor sich sieht, wird guter Dinge sein, dass es gilt, verschiedene alternative Techniken weiter zu entwickeln. Auch neue, optimierte Verbrennungsmotoren werden uns dabei ganz sicher noch lange begleiten.

Musterfeststellungsklage - eine laue Veranstaltung

Da sind Verbraucher oder auch andere Wirtschaftssubjekte guter Dinge, dass ihnen bei einschlägigen Phänomenen mit "Einer-für-alle-Klage" unter die Arme gegriffen wird, und jetzt muss man feststellen, dass die seit 1. November 2018 in Kraft getretene Musterfeststellungsklage halbe Arbeit ist. Warum? Die Musterfeststellungsklage ist eine Feststellungsklage und keine Leistungsklage. In dem nun angestrebten Verfahren durch die beiden größten Verbraucherverbände Deutschlands, Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und ADAC gegen VW, dort gegen den Dieselmotor des Typs EA189, wird nur festgestellt, ob VW den Verbrauchern grundsätzlich Schadenersatz schuldet. Gut, die Verjährung ist hiermit bis zum Urteil ausgesetzt. Gut, auch das Prozessrisiko trägt in diesem Fall der vzbv.

Bei einem positiven Feststellungsurteil muss, so er will, dennoch jeder Verbraucher eine eigene Klage anstrengen und seinen individuellen Schadenersatz einfordern. Das haben heute schon einige "helle" Dieselbetroffene unabhängig der Musterfeststellungsklage getan und sind fürstlich mit Kompromissen und angehängter Schweigepflicht von Volkswagen bedacht worden. Manche VW-Händler hatten da zuerst über 50 Verfahren an der Backe und mussten vor Gericht antreten. Inzwischen tritt Volkswagen gleich in den Fall ein. Das Beispiel Musterfeststellungsklage zeigt einmal mehr die grundsätzliche Unterlegenheit eines Verbrauchers. Der einzelne Konsument soll nun selber gegen den Weltmarktführer klagen. Und das im gängigen Bewusstsein, dass es einen Unterschied gibt zwischen Recht haben und Recht bekommen. Und das dann noch mit dem Risiko in zweiter Instanz!? Es ist so, dass es an deutschen Gerichten primär nicht mehr darum geht, festzustellen, was Recht ist und wer Recht hat, vielmehr favorisieren die Herren Richter den Kompromiss. Das erleichtert jede Urteilsbegründung, macht weniger Arbeit und die betroffenen Anwälte schneiden damit ganz gut ab.

Bitte, auf EU-Ebene nimmt der kollektive Rechtsschutz Form an. Dann wird es möglich sein, Sammel-, Verbands- oder Gruppenklagen nach vorne zu bringen. Die rechtswidrigen Tricksereien wie bei VW gilt es schlichtweg zu unterbinden und die Verantwortlichen müssen wissen, dass das Ganze nicht "ohne gesiebte Luft" für sie ausgehen wird. Alles andere ist ja bezahlbar. Selbst nach Jahren in der dritten Instanz.

Von besonderem Interesse wird nun sein, ob die VW-Händler oder der ZDK von der Musterfeststellungsklage Gebrauch machen werden. Es müssten nur zehn Händler dazu bereit sein und los geht's! Immerhin haben die amerikanischen VW-Händler 1,4 Milliarden Dollar Entschädigung erhalten. Oder, ob der ZDK nach vorne geht und in Sachen Garantievergütung endlich eine Musterfeststellungsklage auf kostendeckende Vergütung einklagen wird? Von jeder Marke ein Händler und los geht's! Hersteller und Importeure wie die Händler wissen, dass die praktizierte Garantieabwicklungs-Modalität nicht in Ordnung ist. Man lässt es halt geschehen. Wie die jahrelangen falschen Verbrauchsangaben der Fahrzeuge in den Prospekten! Peinlich!

Berufsschullehrer - "Mangelware"

Prognosen sind oft relativ, weshalb man lieber von Szenarien spricht. Wirft man einen Blick auf den demographischen Faktor, so liegt die Anzahl der Menschen im jeweiligen Lebensalter konkret vor. Die Bertelsmann-Stiftung zeigt in einer aktuellen Studie, wie viele Berufsschullehrer 2030 fehlen werden, nachdem die Hälfte, sprich 125.000, bis dahin in den Ruhestand gehen werden. Obendrein kommen ab 2030 geburtenstarke Jahrgänge in die Arbeitsszenerie. Die Studie geht von einem Jahresbedarf von 6.100 neuen Berufsschullehrern aus. Die Kultusministerkonferenz kalkuliert mit 2.900. Wer kann nun besser rechnen?

Der Lehrermangel wird meist auf die Grundschulen projiziert. Machen wir uns bewusst, dass gerade in den Berufsschulen wesenhaft die weitere gesellschaftliche Entwicklung im Lande bestimmt wird. Analysiert man das Schülerpotenzial auf den Berufsschulen, so liegen dort mehr praktische als schulische Begabungen vor. Einige haben mit ihren 15 Lenzen genug vom schulischen Lernen. Inzwischen sitzen da aber auch einige Studienabbrecher, die an der Hochschule alles andere als glücklich wurden. Es war neulich erfreulich, dass sich die Frau des Bundespräsidenten, Elke Büdenbender, als Schirmherrin für die Institution "Lehre" einsetzte, um die praktische Berufsausbildung aufzuwerten.

Ohne Frage ist das Wissen eine wichtige Säule für den beruflichen Alltag. An den Hochschulen wird die Studentenschaft dominant mit Wissen vollgepumpt. Das Können ist aber mindestens so wichtig. Wenn zum Wissen das Können kommt, und dann noch das Wollen, dann ist das Ganze stimmig. Wir werden mit Arne Joswig, ZDK-Vorstand und der Verantwortlichen für Berufsbildung im ZDK, Birgit Behrens das Thema Berufsschullehrer für unsere Branche vertiefen. Warum keine Seiteneinsteiger als Berufsschullehrer auswählen, die die fachliche Kompetenz und die Voraussetzung mitbringen, junge Leute beruflich zu motivieren?

Diesel-Fahrtrouten
© Foto: Hannes Brachat

Spruch der Woche:

"Die Stickoxidbelastung in einer 50-Quadratmeter-Wohnung durch einen Adventskranz mit vier Kerzen ist spätestens nach einer halben Stunde höher als an den höchstbelasteten Messestellen in Deutschland." (Thomas Koch)

Ergo: Lichter löschen! Das Ende des Lichtermonats ist angesagt. Weihnachten entfällt.

Auf das richtige Maß!

Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
www.brachat.de

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