HB ohne Filter vom 6. Juni 2008
präsentiert von

Datum:
06.06.2008Heute mit den Themen: Aggressives Preistoben, Bauernproteste als Vorbild, Lueg mit neuem Aufsichtsrat, Branchen-Insolvenzen und Schadensteuerung.
Steigen Sie in die Diskussion ein! Am Ende des Beitrags finden Sie den Button "Kommentare". Klicken Sie darauf und kommentieren Sie Prof. Brachats Kommentar.
2. Juni – Montag
Aggressives Preistoben. Wer in einschlägigen Tageszeitungen die Printrituale auf sich wirken lässt, trifft auf sämtliche Preisgestaltungsregister. Es werden GW-Prämien bis zu 6500 Euro offeriert. Das X-trem Sparing im Hause Volkswagen bringt dann bei einem Passat einen Preisvorteil von 9.857 Euro (!). Bei Toyota (!) gibt es jetzt schon Sondermodelle mit gleich 50 Prozent Ersparnis und 7-Jahres-Garantie. Fiat (!) bleibt mit 500.000 km Garantie für fünf Jahre dran. Null, Null, Null meint dann auch bei Ford 0 Zinsen, 0 Wartung, 0 Anzahlung! Andere zeigen, wie man Urlaubsgeld sparen kann. Die Klimaanlage gibt es jetzt zum Nulltarif. Immer mehr wird die Achse Dienstwagen und Tageszulassungen zu einem eigenständigen Absatzkanal eingeschliffen. Auffällig, mehr und mehr Neufahrzeuge werden inklusive Umbau auf Autogas angeboten. Statt Nachlass!
3. Juni – Dienstag
Bauernproteste als Vorbild. Dem bis 2011 wiedergewählten ZDK-Präsidenten Robert Rademacher geht es offensichtlich wie dem Bauernverbandspräsidenten Sonnleitner, beide finden die Milchvernichtungsaktion dieser Woche alles andere als empfehlenswert. Ein Frevel! Da lautet das gängige Marktgesetz: Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Die Bauern erhalten aufgrund der Überfülle pro Liter Milch zwischen 27 und 35 Cent. Jetzt setzt man gezielt auf Angebotsverknappung, um den Preis wieder nach oben zu treiben. Der Aufstand gegen die Preisdiktatur geht nämlich von einem Verband (BDM) aus, der sich über den Bauernverband nicht wirkungsvoll vertreten fühlt. Oder anders, der BDM fordert nicht nur die 100 Molkereien in Deutschland und die Discounter Aldi, Lidl, Penny & Co heraus, sondern auch den mächtigen Bauernverband. Geht die Preispolitik so weiter, können viele Bauern bei dem auf Masse angelegten System nicht mehr mithalten. Das alte Lied vom Wachsen oder Weichen ist nun ins Endstadium getreten. Die Bauern wollen aber Spieler im Markt bleiben und nicht Almosenempfänger sein. Weg mit den Knebelverträgen. Wir haben mit den Bauern durchaus zahlreiche Gemeinsamkeiten.
Die Landwirtschaft ist eine große Branche wie die Automobilwirtschaft auch. Es fehlen in der Landwirtschaft weitsichtige Strategien wie im automobilen Zukunftshandel auch. Der Handel wird wie die Bauern in die Abhängigkeit getrieben, der er nicht mehr entrinnen kann. Die Bauern stecken in einer Zwangsjacke wie die Automobilhändler. Macht ein Automobilhändler bei 100 Mio. EUR Umsatz 0,2 Prozent Rendite, dann hat er die Wahnsinnssumme von 200.000 EUR verdient. Wie soll da ein Händler Zukunft gestalten? Die Hersteller schwelgen in 10 Prozent Rendite! Und der Handel?
2008 wird für die Autofahrer wohl zum teuersten Jahr aller Zeiten. Die Länder haben obendrein noch die neue Kfz-Steuer vereitelt. Es ist wieder nichts geklärt. Und dann schaue man sich das Benzinpreisgesäusel eines ADAC an. Man möge sich abermals die Bauern zum Vorbild nehmen. Auf grobe Klötze gehören grobe Keile! Wenn man sieht, dass die Tankstellenpächter pro Liter zwischen 0,5 und 1,3 Cent verdienen, die großen Mineralölkonzerne wie Exxon aber mit 40 Milliarden Dollar Gewinn in 2007 nach Hause gehen, der Staat pro Liter dann noch 70 Prozent Steuer kassiert, dann müssten die Verbände VDA, VDIK, ZDK, ADAC ganz anders hinstehen. Allesamt: Leisetreter! Sie sollten sich an den Bauern ein Beispiel nehmen. Die werden zumindest gehört.
Der Milchpreis ist gleichzusetzen mit dem Mindestlohn! Müssen wir jetzt schon für das Gewerbe den Mindestgewinn einfordern, nur weil der einzelne Händler gegenüber den Großkonzernen nichts zu bestellen hat und die Hersteller/Importeure es schamlos ausnutzen, dass der Handel keine solidarische Front hinkriegt? Die Bauern schaffen das! In Frankreich würden längst die ersten Tankstellen brennen, um die Politiker auf Kurs zu bringen!
4. Juni – Mittwoch
Lueg mit neuem Aufsichtsrat. Offensichtlich lag ich mit meiner dargestellten Einschätzung an diesem Platze zum Lueg-Aufsichtsrat gar nicht so daneben. Da agierten Aufsichtsräte aus einer anderen Welt, Dr. Jens-Jürgen Böckel und Dr. Jürgen Harnisch. Also, branchenfremde Akteure! Neuer Aufsichtsratsvorsitzender ist nun Dr. Alexander Martinowsky, maßgeblicher Vorstand der österreichischen Wiesenthal-Gruppe, Europas größtem MB-Vertreter. In Deutschland ist die Wiesenthal-Gruppe maßgeblich an Bölle-Vollmer (Singen-Konstanz) und künftig auch an der Südstern-Garage (Donaueschingen-Waldshut) beteiligt. Dr. Martinowsky ist zugleich Präsident des europäischen Mercedes-Benz Händlerverbandes (AESP). Ob er gar als Aufsichtsratsvorsitzender bei Lueg, Deutschlands größtem MB-Vertreter, dessen Übernahme vorbereitet? Es mag zuviel der Spekulation sein. Wundern würde mich das nicht!
5. Juni - Donnerstag
Branchen-Insolvenzen. Es brennt in der Hütte! Wieder hat es zwei weitere mittelständische Großbetriebe in Dortmund wie in Chemnitz erwischt. Der eine verkaufte immerhin pro Jahr 5000 Fahrzeuge. Natürlich hinterfragen wir die Sachverhalte, zumal jeder Insolvenzfall anders geartet ist. Über Nacht wird aber keiner mit der größten Strafe des Marktes, dem Konkurs, belegt. Es ist meist ein siechender Prozess. Häufig sind die Betriebe zu schnell gewachsen, haben pausenlos expandiert, investiert. Der Erfolg verleiht ihnen eine einzigartige Position. Ein zweiter Mann wird nicht aufgebaut, sprich das Personal wächst nicht adäquat mit. Man engagiert sich im Mehrmarkenhandel und ist heute hier und morgen dort markenmäßig im Einsatz. Und wer bildet jeweils das finanztechnische Rückgrat? Meist sitzen da Buchhalter(-innen) am Ruder, die zwar buchungstechnisch gut dabei sind, aber das Gesamtthema Finanzmanagement inkl. Controlling nicht beherrschen. Sprich, sie produzieren Zahlen, leben aber die Erkenntnisse daraus nicht. Es ist also zuviel des Guten auf eine Person fixiert. Und diese spürt vor lauter Selbstüberschätzung in der gewachsenen Größenstruktur nicht, dass es bei der heutigen Geschäftskomplexität mehrer qualifizierter und durchtrainierter Schultern bedarf.
Ein Dauerthema bleibt dabei der Investitionszwang seitens der Hersteller und Importeure. Da wird jede Zukunft artig gesundgerechnet. Und was ist, wenn die geplanten Einheiten nicht erreicht werden? Es wird gegenwärtig die GVO-Frage um den Investitions- bzw. Kündigungsschutz diskutiert. Gerade die großen Händler werden sich diesbezüglich künftig nichts mehr vorgeben lassen. Bei einer Investitionsauflage werden vertraglich individuelle Kündigungsschutzklauseln vereinbart werden. Das heißt, die großen Händler sind jetzt gefordert in Vorlage zu gehen.
Gerade beim Musterschüler Porsche ist die Zukunftsstrategie augenfällig. Die Porsche-Händler werden derzeit in Investitionszwänge getrieben, die sich nie und nimmer rechnen werden. Die Konsequenz: Da werden selbst Porsche-Händler auf Dauer aufgrund des Überinvestments auf der Strecke bleiben. Die Piechs, Wiedekings & Co. kommen dann in Folge zum Drittelpreis an die bestehenden Immobilien. Warum können hier nicht auf solider Sachbasis partnerschaftliche Lösungen gefunden werden?
6. Juni – Freitag
Schadensteuerung. Immer noch wird die Schadensteuerung als Teufelszeug abgetan, obwohl sie längst auf verschiedenen Seiten Realität ist. Die HUK Coburg, nach der Allianz größter Kfz-Versicherungsanbieter Deutschlands, hat im vergangenen Jahr über 100.000 Schäden gesteuert. Inzwischen schaltet sich die HUK sogar in die Teilebelieferung ein. Mit von der Partie ist dabei die Emil-Frey-Gruppe (Ford), die AVAG (Opel) oder das Wolfsburger Nora-Zentrum, sprich Volkswagen. Wie zu hören ist, soll die HUK inzwischen auch ganz konkrete Volumina in Sachen Schadensteuerung zusagen. Die Kiste Schadensteuerung bekommt künftig noch mehr Power!
Spruch der Woche zur kommenden Fußball-EM:
Ein Ehemann schaltet den Fernseher ein, blickt zu seiner Frau und sagt: „Möchtest du noch etwas sagen, bevor die Europameisterschaft anfängt?"
Mit meinen besten Sportgrüßen via Austria und Svizzera
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
Dipl.-Ing. Harald Rasche
Rick Marlowe Investigations
Timito
Efficentix