HB ohne Filter vom 22. Januar 2010
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22.01.2010Heute zu den Themen: Die Melodie zwischen den Zeilen, Vibrationen kurz vor Zwölf: Fiat Teilestreit, Erfolgsfaktoren für den Automobilhandel 2010, Der Faktor Weller sowie Sixt und Motormeile Eching.
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18. Januar – Montag
Die Melodie zwischen den Zeilen. Wir müssen hinter die Kulissen blicken, um das Branchenrumoren in seiner ganzen Intensität wahrzunehmen. Wer das Luxuswagensegment 2009 analysiert, kann pauschal die Feststellung treffen: Fahrzeuge mit einem Endverkaufspreis jenseits von 100.000 Euro erlitten 2009 einen Markteinbruch von über 50 Prozent. Bentley verkaufte 2007 noch 10.014 Einheiten, 2009 brach der Markt um 49 Prozent ein. 2010 sind noch 2.000 Einheiten geplant. Was wohl VW seine Nobelmarken kosten? 500 Millionen Euro p.a. Der Polo-Fahrer gleicht das aus. Von Rolls-Royce wurden 2009 in Deutschland sage und schreibe 14 Einheiten auf die Straße geschoben! Maybach soll offensichtlich eingestellt werden. Der Audi A8-Einbruch lag 2009 bei 55 Prozent! Der "Neue" steht vor der Tür! Für wen?
Eine Stufe tiefer liefern sich Audi, BMW und Mercedes ein erbittertes Premium-Wettbewerbsgefecht. Sie bekriegen sich. Würden da nicht zahlreiche Premiumhändler künstlich beatmet, sie würden alle in roten Zahlen liegen. Fatale Feststellung: Die Hersteller diktieren heute die Preislandschaft. Der Händler kann da in Sachen Preispolitik so gut wie gar nichts mehr beeinflussen. Man lasse sich vom 1er BMW nach sechs Monaten und einer Laufleistung von 6.000 Kilometern einmal die Restwerte auf den Tisch legen. Dudenhöffer hat dagegen noch ein soziales Rabattempfinden. Die Hersteller sägen inzwischen selbst am Ast, auf dem sie sitzen. Würden Audi-, BMM- und Mercedes-Händler normale Verkaufsofferten für ihre Betriebe erhalten, 80 Prozent der Betriebsinhaber würden lieber heute als morgen ihre Betriebe abstoßen. Soviel zur wahren Stimmung im einschlägigen Händlerlager!
Man stelle sich das einkommensstarke München vor. Da gingen in 2009 die markantesten fünf Privathändler so gut wie in die Knie. BMW Automag, Kroymans, die Mahag, Niedermaier & Reich und Auto König. Nicht zuletzt der Luxuswagenhändler, Auto König, alias Rüdiger Czakert. Unfassbar! Die Erkenntnis: Kein Schwein hilft dir, wenn du in der Klemme bist! All deren wahre Hintergründe darzustellen wäre ein raumfüllendes Programm. Gleich wer und wie das gewertet wird, das Beispiel München lehrt eine grandiose Zäsur! Wenn Maserati seit eineinhalb Jahren in München einen Händler sucht, dann wäre Bescheidenheit keine schlechte Tugend. Von was soll ein Maserati-Händler exklusiv in München leben? Von zwölf Einheiten? Auf welchem Stern leben denn diese Manager? Porsche sei hier aus pietistischen Gründen einmal zurückgestellt. Man wird jetzt hoffentlich endlich kapieren, dass man mit 150 Porsche jährlich kein Investment von sechs Millionen Euro stemmen kann! Wann backen die endlich solide Brötchen? Heute kann man die Behauptung äußern, dass ein Händler mit Porsche am meisten Geld in den Sand gesetzt hat!
Werfen wir einen Blick auf die Autovermieter. Sie vermarkten pro Jahr rund zehn Prozent der Neuwagenverkaufsmenge, also 280.000 bis 300.000 Einheiten. Deren Einkaufskonditionen? Sie liegen zwischen 28 und 35 Prozent Rabatt, Haltedauer sechs Monate. Dann wandern die Fahrzeuge zum Hersteller zurück.
Für 2009 müssen wir feststellen, dass die Hersteller/Importeure nicht mehr umhinkommen, alljährlich individuelle Ausschüttungen zur Überlebenspraxis für den Händler zu machen. Das ausgeschüttete Kind erhält Jahr für Jahr einen anderen Namen. Nennen wir sie 2010 Restrukturierungshilfe. Oder künstliche Beatmung!
19. Januar – Dienstag
Vibrationen kurz vor Zwölf: Fiat Teilestreit. Der Fiat-Händlerverband hat offiziell eine Klage beim Landgericht Frankfurt gegen die Fiat Group Automobiles Germany AG laufen. Darin geht es inhaltlich um eine unzulässige Klausel im Händlervertrag, die erhebliche Auswirkung auf die Teilemarge hat. Fiat ändert seit Jahren einseitig den Teilerabatt. Am 16. September 2009 wurde von beiden Seiten vor Gericht ein Zwischenvergleich geschlossen. Nun hat man sich gütlich geeinigt. Schade! Ich hätte mir hier ein Urteil gewünscht. Warum? Das Fiat-Urteil hätte für die gesamte Branche eine gigantische Wirkung gehabt. Wenn ein Autohersteller im Schnitt 400.000 verschiedene Teilepositionen vorrätig hält, so sind diese in verschiedene Rabattgruppen – zwischen sechs und neun Gruppen – aufgeteilt. Die Rabattspreizung innerhalb dieser Gruppen liegt zwischen sechs Prozent (für einen Austauschmotor) und 48 Prozent für einen Auspufftopf. Welcher Händler kann schon kontrollieren, wenn ein Hersteller eine Teileposition "still" in eine niedrigere Rabattgruppe schiebt? Was da Fiat über Jahre gemacht hat, gilt gleichermaßen für zahlreiche andere Marken. Ein Gerichtsurteil hätte verschiedene Hersteller zu spürbaren Nachzahlungen gezwungen.
Nach jahrelangem Kampf hat Fiat kurz vor Zwölf eingelenkt. Im Vergleich wurde vereinbart – und das ist einmalig -, dass Fiat künftig ohne Zustimmung des Händlerverbandes die Rabattgruppen und Teile-Verschiebungen in andere Rabattgruppen nicht mehr vornehmen darf. Das möchte man anderen Marken nur wünschen. Man kann abermals dem Fiat-Händlerverband nur gratulieren. Was bei derartigen Ergebnissen an Kleinarbeit, Geduld, Kraft und Zeitaufwand dahintersteckt, ist unglaublich. Von fairer Partnerschaft sollte man da aber nicht sprechen. Es wird seitens des Herstellers so lange dagegen gehalten, bis nichts mehr geht. Aber in der Hoffnung, dass der Handel vorher den Bettel hinwirft. Schlimm! Der Fiat-Händlerverband hat hier abermals für die Branche ein Exempel statuiert. Der Macher: Karl-Friedrich Bonten, der Sprecher der Fiat-Händler!
Der Kontrapunkt ist das Rekordergebnis, das Fiat 2009 eingefahren hat. Mit 3,36 Milliarden Euro Gewinn legt Fiat das beste Ergebnis in seiner 109-jährigen Firmengeschichte vor. Dahinter stehen 1,7 Millionen Zulassungen, davon 965.000 in Europa. In Deutschland wurde mit 180.000 Zulassungen ein Ausnahmeergebnis erreicht. Deutschland-Chef Manfred Kantner kann damit das beste Ergebnis seit 20 Jahren vorlegen. Bitte, 2004 stand Fiat vor dem Abgrund. Wer hätte je an diese Wandlung geglaubt. Ich gebe zu, ich nicht.
Inzwischen steht Fiat mit Chrysler unter einem Dach. Mit Chrysler haben sich schon andere Marken geübt. Daimler-Chef Zetsche wurde 2006 Nachfolger von Konzernvernichter Schrempp, weil er Chrysler so erfolgreich saniert hat. Chrysler musste 2009 Insolvenz anmelden. Fragt man nun, wann Chrysler Deutschland von Berlin nach Frankfurt umzieht und wie man sich die Netzgestaltung der Zukunft vorstellt, herrscht atemlose Stille im Stall. Alfa soll nach 100-jähriger Geschichte verkauft werden. Die Lancia-Händler sollen Chrysler verkaufen. Auch das ist abermals ein Zeichen der Zumutung, bis hier die Händlerschaft strategisch in Szene gesetzt wird.
20. Januar – Mittwoch
Erfolgsfaktoren für den Automobilhandel 2010. Heute startete die AUTOHAUS akademie in Düsseldorf den ersten Tag der AUTOHAUS-Perspektiven 2010. Die Veranstaltung findet in Folge an zwölf Standorten statt. 90 Teilnehmer erlebten eine informative, abwechslungsreiche und umfassende Veranstaltung. Dabei wird die Präsentation der "elektronischen Achsvermessung" von API in der Branche für Furore sorgen. Eine Innovation, die ganz neue Erträge im Service verspricht! Das muss man gesehen haben.
Am Vorabend diskutierten wir in einer kleinen Runde die entscheidenden Erfolgsfaktoren im Autohaus 2010. Sie seien hier punktuell aufgelistet:
1.Das oberste Ziel 2010 heißt Gewinn erwirtschaften, die Rentabilität des eigenen Unternehmens steigern.
2.Hersteller streben die Homogenisierung der Leistungsprofile im Handel an. Die Folge: Mangelnde Differenzierungsmöglichkeiten für den einzelnen Händler vor Ort, eingeschränkte Freiheitsgrade.
3.Hersteller setzen immer noch auf permanentes Wachstum. Wachstum kann auf dem deutschen Markt aber nur über einen Verdrängungswettbewerb auf Kosten dritter Anbieter erzielt werden.
4.Hauptursachen für unzureichende Renditen im Verkauf sind der Intra-Brand-Wettbewerb sowie zu nicht autorisierten Händlern. Preisaggressive "Graumarkthändler" sorgen für Margenverfall. Sie sind die Konsequenz mangelnder Vertragsdisziplin von Seiten der Hersteller. Wo bleibt das konsequent eingehaltene Belieferungsverbot an fragwürdige Absatzkanäle auf europäischer Ebene?
5.Die Tendenz zu mehr Direktgeschäften seitens der Hersteller verursacht im Handel einen weiteren Margenrückgang.
6.Setzen wir 2010 ganz gezielt auf die Bestandskundenpflege. Die Marktkommunikation beeinflusst ganz wesentlich den Unternehmenserfolg.
7.Financial Services und das Thema Gebrauchtwagen bieten 2010 weiteres Wachstumspotenzial.
8.Professionelle Internetpräsenz schafft im Verkauf wie im Service neue Chancen.
9.Der Vertragshandel wird vom Konsumenten in Bezug auf die Kriterien Sicherheit, Qualität und Problemlösungskompetenz als Leistungsführer wahrgenommen.
10.In strafferen Zeiten ist ein besonderes Augenmerk auf ein funktionsfähiges und umfassendes Controllingsystem zu werden (Liquiditätssicherung).
11.Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter sind für den Erfolg und die Kundenzufriedenheit mit dem Händler besonders wichtig. Das wirkungsvollste Instrument, um die Mitarbeiter zu motivieren, sind Anerkennung und Lob.
12.Der Kunde will einen festen und verlässlichen Ansprechpartner, zu dem er ein Vertrauensverhältnis aufbauen kann.
13.Daueraufgabe in Sachen Organisation ist die Prozessoptimierung.
21. Januar – Donnerstag
Der Faktor Weller. Nachdem Burkhard Weller die Strukturen in seinen Markenbetrieben um Toyota, BMW und VW geklärt hat und sein Imperium mit 1.700 Mitarbeitern wieder auf Fahrt ist, tritt er wieder in seiner angestammten Originalität in der Öffentlichkeit auf. Er war es, der der Kanzlerin für die Abwrackprämie einen großen Blumenstrauß schickte. Und siehe da, die Kanzlerin antwortete. Diese Woche rückte er dem beamteten "Konsumentenprofessor" Dudenhöffer auf die Zehen. In einem Brief, exklusiv in AUTOHAUS Online abgedruckt, erfreulicherweise von anderen Medien wie der "Automobilwoche", die immer noch seit ihrem Markteintritt in 2002 alle zwei Wochen erscheint, übernommen wurde, wendet sich Weller an die Öffentlichkeit.
Weller mahnt Dudenhöffer ob dessen Irreführung der Verbraucher ab. Damit trägt der Professor in unverantwortlicher Weise zur Schädigung der Branche bei. Weller offeriert Dudenhöffer den Einkauf seiner 17.000 Neufahrzeuge, schlägt ihm dafür eine Marge von 20 Prozent vor und belohnt ihn mit der Differenz, die Dudenhöffer der Öffentlichkeit Glauben macht: 40 Prozent!
Das Echo auf Wellers Initiative war gigantisch. Natürlich hat es auch ein paar Antworten dabei, die Dudenhöffer unterstützen. Sie scheinen aus selbigem Holz geschnitzt zu sein: Preis, Preis, Preis. Viel fordern, aber ja nichts dafür bezahlen! Und wo bleibt abermals der ZDK? Er müsste Dudenhöffer aufgrund seine Fehlaussagen längst rechtlich abmahnen!
22. Januar – Freitag
Sixt und Motormeile Eching. Da beschweren sich diverse Daimler-Manager, weshalb ihre Marke in der Presse so schlecht bedient wird. Die Antwort: Weil sie nicht offen kommunizieren. Weil sie ganz gezielt versuchen zu vertuschen. Weil sie meinen, gute Konzepte verheimlichen zu müssen. Weil sich keiner mehr etwas zu sagen traut!
Aktuelles Beispiel, der Wechsel von der Motormeile zu Eching an Sixt. Als die Motormeile in Eching unter der Ära Panka 2002 ans Netz ging, verkaufte Daimler – wie immer auch die Marke damals hieß – von den sechs Millionen Besitzumschreibungen 200.000. Man wollte also unter dem Label einer neuen Marke sich etwas von dem großen GW-Kuchen abschneiden. Strategisch ist das nachvollziehbar. Eching sollte der Anfang bilden. 4.000 Einheiten pro Jahr waren für Eching geplant. Und dann sollten weitere GW-Zentren in Deutschland und in Europa folgen.
Stellen wir fest: Das Ursprungskonzept ist gescheitert! Es lohnt sich nicht, die Darstellung von 2002 heraus zu kramen. Ich habe damals die Frage gestellt wie es angeht, dass Mercedes-Benz in München in der Ingolstädter Straße ein großes Gebrauchtwagenzentrum unterhält und 1,5 Kilometer Luftlinie weiter einen Konkurrenzbetrieb eröffnet? Und zwar mit separater Geschäftsführung. Sieben Jahre Übungspraxis dokumentierten, dass das Konzept, sich unter selbigem Dach Wettbewerb zu machen, eben nicht immer aufgeht.
Spruch der Woche:
"Bleib dran, auch wenn es anders kommt als geplant!" (Lee Iacocca)
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
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