HB ohne Filter: E-Autogipfel +++ Jürgen Karpinski +++ Strukturwandel
Unabhängig, scharfsinnig, auf den Punkt: der aktuelle Wochenkommentar von AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat!
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08.11.2019E-Autogipfel - die Latte ist gelegt +++ ZDK-Präsident Jürgen Karpinski - im Kreise der 70er +++ Konjunktur: Den Strukturwandel meistern +++ Autohaus und Politik +++ Mit Genuss einkaufen - Erlebnisse schaffen
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E-Autogipfel - die Latte ist gelegt
Der 4. November erhält in der VW-Historie markante Bedeutung. Nach dem "Käfer" folgte ab 1974 die "Golf-Generation". Jetzt die achte! Und der ID.3 soll ab jetzt strategisch zur neuen Ikone aufsteigen, die Zukunft von VW entscheiden. Seine Produktion läuft seit Montag in Zwickau an. Und dort sollen jährlich 300.000 Einheiten vom Band laufen. Daimler wie BMW setzen ebenso die nächsten Jahre Milliardeninvestments in die E-Generation. Nicht auszudenken, wenn da ein Scheitern zur Ernüchterung gerierte. Nicht nur die neuen EU-Grenzwerte ab 2020, auch China sorgt für gehörigen Druck in Sachen E-Autos. Eben auch für erschwingliche Preise. Hinzu werden noch Seiteneinsteiger von China und aus den USA kommen und für Wettbewerb sorgen. Nicht nur Elon Musk mit Tesla. Wer jetzt noch die angehobenen E-Prämien für Fahrzeuge unterhalb von 40.000 Euro Anschaffungspreis von 4.000 auf 6.000 Euro vor sich hat, der kann beim neuen ID.3 feststellen, dass das Preisniveau nicht mehr über den Verbrennervarianten steht. Die Preisfrage für E-Autos wird manierlich.
Das Reichweitenthema von E-Fahrzeugen sollte man nicht auf die zwei Optionen verengen, wo einer im Jahr in Urlaub fahren möchte. Die durchschnittliche Reichweite der neuen E-Generation liegt bei 300 km. Und die Ladeinfrastrukturfrage sollte man nicht immer auf die Hochhäuser reduzieren, wo nur bei Einstimmigkeitsprinzip der Eigentümer eine Lademöglichkeit in der Tiefgarage zu installieren ist. Das muss rechtlich eben sinnig geändert werden. Tesla hat weltweit 14.000 Ladestationen, Supercharger genannt, selbst installiert. Das sollte den Herstellern zum Vorbild gereichen, sich beherzt an den Ladestationen der eigenen Händlerschaft zu beteiligen. Dringlich wäre das E-Tanken so einfach wie möglich zu machen. Eine App oder Ladekarte, ein transparentes Preissystem. 85 Prozent derer, die heute ein E-Auto fahren - und das sind zur Stunde 90.000 - sie tanken zu Hause oder am Arbeitsplatz.
Wir haben in Deutschland 16 Millionen Einfamlilienhäuser, für die das E-Tanken kein Problem darstellt. Viele könnten ihren eigenen Strom fürs eigene Haus inklusive dem eigenen E-Auto selbst erzeugen und speichern. Neben dem Umweltaspekt sollte man die besonderen Vorzüge des E-Autos beim Fahren über viele Probefahrten überzeugend inszenieren. Nachstehende Befragungsergebnisse zur Einstellung der Autofahrer zum E-Auto belegt, wie derzeit Kaufinteressenten das E-Auto sehen. 41 Prozent haben ein sehr hohes bzw. hohes Interesse am Erwerb eines E-Automobils. Also, ran!
Kaufinteressenten und das E-Auto
Manch ein Autofahrer wird bei gegebenen Sprit-Preisen, an seiner alten Gewohnheit festhalten. In Norwegen fährt bereits jedes zweite Auto elektrisch. Nicht nur der hohen Prämien wegen.
Was einen substantiell mehr berühren muss ist, dass kein einziger deutscher Autohersteller über das "Herz des E-Autos", über eigene E-Batterien verfügt. Sie machen ein Drittel der Wertschöpfung beim E-Auto aus. Oder wenn man sieht, dass die Waymos dieser Welt den Autofahrer ersetzen wollen und auf diesem autonomem Weg viel weiter als die deutschen Hersteller sind, dann weiß man um die nächste große Herausforderung für die deutsche Automobilindustrie.
ZDK-Präsident Jürgen Karpinski - im Kreise der 70er
Eigentlich steht der Jubeltag erst am nächsten Mittwoch, 13. November an. Aber als "Schwabe" sorgt man eben gerne dafür, dass die "Fläschle" zum Anlass auch rechtzeitig ankommen. Wer das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland (2016) trägt, der muss sich das "verdienen". Diese hohe Auszeichnung ist daran gebunden, dass einer sich für die Gemeinschaft in ganz hohem Masse ehrenamtlich neben seiner beruflichen Aufgabe für das Gemeinwohl engagiert hat. Und das hat der Jubilar nicht nur als ZDK-Präsident getan. Die ZDK-Aufgabe hat er 2014 übernommen, und führt sie ganz im Sinne seines Vorgängers, ZDK-Ehrenpräsident Robert Rademacher, fort, unermüdlicher Brückenbauer zu sein. Das hat ganz menschliche Größe. Jürgen Karpinski versteht, dicke Bretter zu bohren. Damit ragen einige charakteristische Besonderheiten des Jubilars hervor.
Es ist unglaublich, mit welchem Fleiß er rund um die Uhr bei der Sache ist. Ohne Frage, er hat Freude an seiner vielfältigen Aufgabe. Anders wäre das auch nicht zu leisten. Jürgen Karpinski ist rundherum tolerant. Er lässt zu und hat dabei eine heitere Gelassenheit und viel, viel Geduld. Das hat aber positive Langzeitwirkung. Sein Motto: Lass es werden! Bei ihm stehen die Türen immer weit offen. Sein dickstes Brett, das er in seiner Amtszeit sich wirklich zu eigen machte, war die Hardware-Nachrüstung in Sachen Diesel. Er brachte es fertig, den Grünen Cem Özdemir in sein VW-/Audi-Autohaus nach Frankfurt zu bringen, um dem MdB zu zeigen, wie das praktisch funktioniert. Welch ein Kraftakt steckt insgesamt in dieser Aktion.
Wenn man einen Verband wie den ZDK anführt, mit 70 Mitarbeiter inklusive einem Hauptstadtbüro, so steht da abermals viel Detailarbeit und Abstimmung dahinter, die gar nicht nach außen dringen und doch gemacht werden müssen. Man denke an all die Sitzungen oder Bundesfachtagungen etc. Auch diesen "Apparat" hält er wirkungsvoll zusammen.
Nun wird ja nicht einfach einer mit dem obersten Verbandsamt der Branche bedacht. Der Kfz-Meister und Kfz-Elektrik-Meister ist seit 1988 Obermeister der Kfz-Innung Frankfurt, Main-Taunus-Kreis. In diesem Amt lernte ich ihn kennen. Und was hat er da mit seinem Hauptgeschäftsführer Claus Kapelke nicht alles aufgebaut. Bis zur Landesfachschule und einem Carcampus. Ein hochrespektables Innungswerk. Ab 1993 wirkte er im Vorstand des Landesverbandes Hessen mit. Elf Jahre später war er dann Präsident des Landesverbandes und Landesinnungsmeister. Nachfolger des legendären Rudi Jäger. Der war als "Hessen-Jäger" gesetztes Original. Dieses Amt krönte er Ende 2018 mit einer neuen Landesverbandszentrale in Wiesbaden. Man kann die Ämter alle gar nicht aufzählen, die auch mit dem Präsidentenamt selbst im ZDK verbunden sind. Verwaltungsrat der DAT, Beirat im TÜV Süd u.a.
Das alles wäre nicht zu packen, wenn er nicht operativ das Rückgrat seines Sohnes Mark, seiner Frau und seiner Tochter Yasmin hätte. Auch ihnen gilt unser Dank und größten Respekt für dieses einmalige Lebenswirken und diese einmalige Lebensleistung. Im Namen von AUTOHAUS sage ich ganz herzlichen Dank für das besondere Offensein mit der gelebten Diktion, stets die Kirche im Dorf zu lassen. Persönlich sage ich für die langjährige, herzliche, ja freundschaftliche Verbundenheit ganz herzlichen Dank. Jürgen, wir werden dann bei Gelegenheit den Feinstaub einer guten Zigarre gemeinsam wegblasen und das richtige Viertele auf uns wirken lassen. Und für Deine Ausfahrt mit deiner geliebten Horex wünsche ich Dir viel, viel Zeit!
Herzliche Gratulation und alles, alles Gute für Dein außerordentliches Wirken. Du tust es für uns alle!
Jubilar Jürgen Karpinski, beim Sommergespräch in seiner Firmenzentrale in Frankfurt, direkt gegenüber dem DFB gelegen
Konjunktur: Den Strukturwandel meistern
Heute, am Mittwoch, übergab der Sachverständigenrat Wirtschaft sein 400-Seiten-Jahresgutachten an die Kanzlerin. Für 2019 rechnen die fünf Weisen mit einer Wachstumsrate für das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 0,5 Prozent. Für 2020 werden aufgrund einer höheren Zahl an Arbeitstagen 0,9 Prozent prognostiziert. Andere Forschungsinstitute - DIW Berlin - gehen 2020 von 1,4 Prozent Wachstum aus. Wichtig: Man erwartet keine breite und tiefergehende Rezession.
Die Industrie befinde sich allerdings in der Rezession. Grund dafür sei die maue Weltwirtschaft. Betroffen sind bereits Zulieferbetriebe. Einige gingen schon in die Insolvenz: Weber Automotive, Eisenmann, Gußwerke Saarbrücken. Andere entlassen Mitarbeiter: Bosch, Conti, Schaeffler, Mahle u.a. Einige davon haben ländliche Standorte mit entsprechenden strukturellen Folgen fürs ganze Einzugsgebiet. Die Dienstleistungsbranchen erweisen sich dagegen bislang als robust. Mit einer Massenarbeitslosigkeit rechnen die Gutachter nicht. Gefordert wird von ihnen eine Zunahme der Produktivität, also Investitionen in digitale Innovationen, Software, Datenbanken, Mobilfunknetz. Bis auf einen "Weisen" werden niedrigere Unternehmenssteuern und schnellere Abschreibungszeiten für Maschinen vorgeschlagen.
Für unsere Branche ist zumindest der konjunkturelle Gesamtrahmen eine gute Voraussetzung für 2020. Zahlreiche neue Fahrzeug-Modelle, auch im E-Markt und kürzere Lieferzeiten werden belebend wirken. 2019 werden wir möglicherweise mit 3,5 Millionen Neuwagen einen neuen Zulassungsrekord einfahren. Damit müsste auch eine Verbesserung der Rendite verbunden sein. Wir werden sehen.
Autohaus und Politik
Da steht er nun neben uns, der drahtige 1,98-Mann, nach einer fulminanten Rede vor 800 Gästen im Autohaus Peter in Nordhausen, Friedrich Merz. Wer "YouTube" aufschlägt, kann diese dort live in voller Länge abrufen. Unser Anliegen an ihn war aktive Mittelstandpolitik. Die besondere Wertschätzung für den familiengeführten Mittelstand, sprich Steuersenkung, Steuerreform, Beseitigung des Soli, weiterer Bürokratieabbau. Merz machte in seiner Rede deutlich, dass die CDU hier mehr ihr Wirtschaftsprofil zeigen muss. Er verwies auf den Bundesparteitag in Leipzig am 22. und 23. November, wo er darüber, über die GroKo, AfD und die Probleme der CDU sprechen werde.
Und wie wurde er in den Folgetagen runtergemacht, als er vom grottenschlechten Image der Regierung sprach? Derweil hat er nur das gesagt, was viele Bürger denken. Merz: "20 Prozent AfD-Wähler sind auch Ausdruck der Fehler, die die CDU gemacht hat." So ist es! Und das sollte man auch klar und offen artikulieren dürfen.
AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat im Gespräch mit Friedrich Merz anlässlich der Veranstaltung im Opel-Autohaus Peter in Nordhausen. Andreas Peter (li) und Mike Moring, der eben bestätigte Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag Freistaat Thüringen
Mit Genuss einkaufen - Erlebnisse schaffen
Edeka. Im Rahmen eines Kongresses von Puls besuchten wir das neueste "Edeka-Center" Deutschlands in Schwaig. Erstaunlich, wie hier im Detail das Ladendesign neu gestaltet wurde. Gleich am Eingang empfängt dich erst zu Allerheiligen ansprechendes Grabgebinde. Der Wahnsinnsanlass "Halloween" darf nicht fehlen. Ein Hoch der Kürbiscremesuppe! Wie wird das natürlich inszeniert. Hohe Klasse! Die Hintergrundwand bildet die örtliche Historie ab. Dann folgt Gemüse. Es wird mit warmem, gelblichen Licht beleuchtet. So wirken alle Waren frisch. Im separaten geschlossenen Areal ist eine Digestiveofferte vom Feinsten eingerichtet. Wer erwartet bei Edeka gar eine separate Käse- oder auch Wurstabteilung? An einer separaten "Wand" kann sich der Kunde dann seine Körner selber zusammenstellen. Also alles: Erlebnisstrecke pur. Um den Plastikverbrauch zu reduzieren, hat man mit Erfolg die Mehrwertbox etabliert.
Man erwägt auch das Thema Ruhe beim Einkaufen, die "Quiet Hour", die "Stille Stunde" einzuführen. Da soll das Licht leicht gedimmt werden, die Hintergrundmusik wird abgestellt. In dieser Zeit werden keine Waren eingeräumt, wenige Verkäuferinnen halten sich auf den Fluren auf. Es soll diese Zeit gerade für ältere Menschen ein ruhiges, entspanntes Erlebnis schaffen. Normalerweise wird ja versucht, sämtliche Sinne des Kunden gezielt anzusprechen. Das beginnt bei bunten Signalfarben über grelle Werbetafeln bis zur tiefen Stimme, die ganz gezielt konzipierte Ansagen für die jeweilige Filiale macht. Das alles so zu inszenieren, dass alle etwas davon haben, ist Tag für Tag große Herausforderung.
Edeka selbst wurde 1907 als Genossenschaft mit heute 4.000 Genossen gegründet und ist mit seinen 900 Verkaufsstellen zuzüglich Nebenstationen im Lebensmittelbereich Marktführer. Die Struktur ist in acht regionale Genossenschaften aufgeteilt, die jeweils die regionale Versorgung übernimmt. Eben auch mit regionalen Produkten. Jedes Edeka-Center wird von einem selbstständigen Unternehmer betrieben. Edeka selbst steht für hohe Subsidiarität und hohe Lokalität. Das bedeutet, jeder macht das, was er am besten kann. Man will sich gemeinsam stets kostenbewusst und effizient bewegen. Dabei gibt es jeweils einen Kundenbeirat. Viele Ideen werden so lokal geboren. Den Filialisten schreibt man ins Stammbuch: Unterhaltsam und wirkungsvoll zu kommunizieren!
Inszenierung Edeka
Spruch der Woche
"Der stärkste Feind der Demokratie ist die Gleichgültigkeit." (N. Stoffel)
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen für ein gelingendes Wochenende
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
www.brachat.de
Der nächste HB ohne Filter erscheint am 15. November 2019!