Der unter anderem für "Dieselverfahren" zuständige 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat die Berufung eines Gebrauchtwagenkäufers zurückgewiesen, der im April 2016 von dem beklagten Autohaus ein gebrauchtes Fahrzeug der Marke VW, Typ Tiguan 2,0 TDI mit einem Kilometerstand von 36.080 zu einem Kaufpreis von 25.900 Euro erworben hat. In dem Fahrzeug ist ein Dieselmotor des Typs EA 189 mit 2,0 Liter Hubraum verbaut. Dieser Motor verfügt über eine nach Auffassung des Kraftfahrt-Bundesamts unzulässige Abschalteinrichtung.
Der Kläger fordert von dem Autohaus die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückübereignung des Fahrzeugs unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung. Außerdem verlangt er die Feststellung, dass VW ihm Ersatz der Schäden schulde, die durch die eingebaute Software zur Prüfstanderkennung in der Motorsteuerung verursacht werden.
Das Landgericht Baden-Baden hatte die Klage insgesamt abgewiesen. Da der Kläger vor Abschluss des Kaufvertrages Kenntnis von der manipulativen Motorsteuerung gehabt habe, habe er keine Mangelgewährleistungsansprüche gegen den Händler und auch keine Ansprüche gegen den Hersteller VW.
Der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe wies die Berufung des Klägers gegen das LG-Urteil zurück. Die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung durch VW wegen Einbaus der Motorsteuerungssoftware sei nicht kausal für den Erwerb eines (gebrauchten) Fahrzeugs, wenn der Käufer Kenntnis von dem Vorhandensein dieser Software im gekauften Fahrzeug hatte. Gewährleistungsansprüche gegen den Autohändler bestünden in diesem Fall ebenfalls nicht (§ 442 Abs. 1 S. 1 BGB). Selbst wenn der Käufer keine Kenntnis von der genauen Wirkungsweise der Software hatte, handelte er jedenfalls grob fahrlässig, wenn er sich nicht weiter erkundigte, obwohl er wusste, dass die Software in dem Fahrzeug eingebaut ist (§ 442 Abs. 1 S. 2 BGB).
Kein rechtlich zurechenbarer Zusammenhang
Der Zweitkäufer ist als mittelbar Geschädigter einer sittenwidrigen vorsätzlichen Handlung zwar grundsätzlich in den Schutzbereich des § 826 BGB einbezogen (dazu Senat, Urteil vom 19. November 2019 – 17 U 146/19 –, juris Rn. 46). Ein Vermögensschaden durch den Kauf eines von dem Abgas-Skandal betroffenen Fahrzeugs ist VW aber ab Mitte Dezember 2015 nicht mehr zurechenbar. Der Autobauer hatte zu diesem Zeitpunkt die Öffentlichkeit so weitgehend informiert, dass zwischen ihrem ursprünglichen Verhalten – der Konzernentscheidung zur Implementierung der Software – und dem Erwerb des Fahrzeugs kein rechtlich zurechenbarer Zusammenhang mehr besteht. Nicht ausreichend für eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs war allerdings die Ad-hoc-Mitteilung von VW vom 15. September 2015.
Die Revision wurde nicht zugelassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ist möglich. (AH)
OLG Karlsruhe, Urteil vom 9. Januar 2020 – 17 U 133/19
Vorinstanz: Landgericht Baden-Baden Urteil vom 11. Januar 2019 – 4 O 93/18
Dieter M. Hölzel