Schiebt ein Kfz-Händler beim Autoverkauf an einen Verbraucher seine Ehefrau vor, um den Gewährleistungsausschluss zu vereinbaren, so ist der Kaufvertrag zwischen den Verbrauchern wirksam und ein solches "Strohmanngeschäft" gültig. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am 12. Dezember 2012 (Az.: VIII ZR 89/12). Rechtsexperten sind sich nun uneins über die Bedeutung des Urteils für die Abwicklung von innergemeinschaftlichen Lieferungen über so genannte "Exportdienstleister".
Für Michael Böhlk-Lankes, Rechtsanwalt und Steuerberater bei der Kanzlei Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner, ist das BGH-Urteil auch für diese Geschäfte einschlägig, bei denen der Händler den ausländischen Kaufinteressenten an einen Exportspezialisten mit dem Hinweis verweist, dass er als nicht spezialisierter Betrieb den Kaufvertrag nicht abschließen wird. "Dies geschieht ganz bewusst deshalb, weil der Händler das Umsatzsteuer-Risiko steuerfreier Exporte nicht tragen will", so Böhlk-Lankes. In der Folge kommt ein Kaufvertrag zwischen Händler und Spezialisten sowie ein weiterer zwischen dem Spezialisten und dem Interessenten zustande.
In solchen Fällen nimmt die Finanzverwaltung – speziell das bayerische Landesamtes für Steuern – an, dass es sich bei einem Exportspezialisten nur um einen Dienstleister und keinen Händler handelt. Die Behörden gehen davon aus, dass Kauf und Lieferung unmittelbar zwischen dem nicht spezialisierten Händler und dem Kaufinteressenten zustande kommen. Deshalb seien die Rechnungen der Händler falsch – mit entsprechenden Folgen für die Umsatzsteuer, wie jüngst der Fall der Baumer Automobilvertriebs GmbH zeigte (wir berichteten).
Finanzbehörden "auf dem Holzweg"
Böhlk-Lankes betont: "Da sich die Umsatzsteuer grundsätzlich nach den zivilrechtlichen Leistungsverhältnissen richtet, dürfte die Finanzverwaltung mit ihrer Meinung auf dem Holzweg sein – um nicht zu sagen, sie liegt einfach falsch." Die Kaufverträge in den geschilderten Fällen seien von beiden Händlern genau so, wie vereinbart, auch gewollt gewesen, insbesondere schulde der Exportspezialist dem Händlerkollegen den vollen Kaufpreis einschließlich der Umsatzsteuer.
Zu einer anderen Bewertung der Karlsruher Entscheidung kommt der Fachanwalt Alfred Meyerhuber: "Der BGH hat das Stohmanngeschäft – zivilrechtlich konsequent – als wirksam angesehen. Das ist aber kein Grund zum Aufatmen der Kfz-Händler." Für den Ansbacher Juristen ist ein entscheidender Satz in dem Urteil: "Etwas anderes käme nach § 117 Abs. 1 BGB nur dann in Betracht, wenn der Kläger Kenntnis davon gehabt hätte und damit einverstanden gewesen wäre, dass die Beklagte lediglich als 'Strohmann' aufgetreten wäre."
Alle Beteiligten haben Kenntnis
Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen mit Hilfe von Exportdienstleistern liegt der Fall anders, da alle Beteiligten über das Geschäft und den Vorgang informiert sind. Meyerhuber: "Der Erstverkäufer und der abnehmende Händler wissen doch beide, dass der Exportdienstleister dazwischen geschaltet wird. Sie kennen jedes Detail – ebenso wie der Exportspezialist alias Strohmann." Der BGH habe zudem erklärt, dass es im vorliegenden Fall nicht um die Haftung des Händlers gehe. Deshalb bedürfe es auch keiner Entscheidung, wie die ausschließliche Haftung des Händlers bei einem Umgehungsgeschäft zu begründen sei.
Meyerhuber warnt davor, das Urteil als Freibrief bei innergemeinschaftlichen Lieferungen zu sehen. "Es darf daraus keinesfalls verallgemeinert werden, dass, wenn eine zivilrechtliche Gestaltung im Zivilrecht als wirksam angesehen wird, diese auch im Umsatzsteuerrecht stets volle Geltung erlangt." (rp)
Michael Böhlk-Lankes