Folgender Sachverhalt lag dem Beschluss zu Grunde. Die Antragstellerin entrichtete fällige Grunderwerbsteuer verspätet im November 2019, wodurch Säumniszuschläge für drei Monate entstanden, die die Antragstellerin zahlte. Auf Antrag erließ das Finanzamt hierüber einen Abrechnungsbescheid. Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aufhebung der Vollziehung. Nach Ablehnung dieses Antrags durch das Finanzamt wandte sich die Antragstellerin an das Gericht und machte geltend, die Höhe der Säumniszuschläge sei im Hinblick auf die zur Zinshöhe ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (wir berichteten in unserem Mandantenrundschreiben 08/2021) ebenfalls verfassungswidrig.
Das Finanzamt wandte ein, dass keine verfassungsrechtlichen Zweifel an der Höhe der Säumniszuschläge bestünden. Sie wirkten als Druckmittel, dienten der Abgeltung von Verwaltungsaufwand und seien eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung. Ein fester Zinsanteil lasse sich nicht ermitteln. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei daher nicht auf Säumniszuschläge übertragbar.
Das Finanzgericht Münster hat jedoch entschieden, dass die Vollziehung des Abrechnungsbescheids über die Säumniszuschläge in vollem Umfang aufzuheben ist, da die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge von ein Prozent pro Monat zweifelhaft erscheint. So stützen die Finanzrichter ihre Entscheidung u.a. auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der Höhe von Nachzahlungszinsen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 8. Juli 2021 entscheiden, dass Nachzahlungszinsen nach § 233a AO verfassungswidrig sind, soweit sie auf Verzinsungszeiträume ab 2014 entfallen. Allerdings gilt die verfassungswidrige Regelung bis zum 31. Dezember 2018 fort. Andere Verzinsungstatbestände bedürfen nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts einer eigenständigen verfassungsrechtlichen Wertung.
Zudem führte der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 31. August 2021 aus, dass die verfassungsrechtlichen Zweifel auf Säumniszuschläge übertragbar sind, soweit ihnen nicht die Funktion eines Druckmittels, sondern eine zinsähnliche Funktion zukommt. Nach Auffassung des Finanzgerichts Münster kann die gesetzlich festgelegte Höhe der Säumniszuschläge nur insgesamt verfassungsgemäß oder verfassungswidrig sein, weil es keine Teil-Verfassungswidrigkeit in Bezug auf einen bestimmten Zweck einer Norm geben kann. Daher war die Vollziehung der Säumniszuschläge in vollem Umfang aufzuheben.
Hinweis:
Das Finanzamt hat die vom Finanzgericht zugelassene Beschwerde eingelegt. Das Finanzgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Bundesfinanzhof zur Entscheidung vorgelegt. Der AUTOHAUS SteuerLuchs wird Sie auf dem Laufenden halten.