Nach aktueller Rechtslage haben Einspruch und Klage gegen einen Steuerbescheid keine aufschiebende Wirkung. Das heißt: Die darin festgesetzte Steuer muss zunächst dennoch entrichtet werden. Die aufschiebende Wirkung kann aber auf Antrag bei ernstlichen Zweifeln über die Rechtmäßigkeit eines Bescheids von Finanzamt oder Finanzgericht angeordnet werden. Hat der Steuerschuldner aber mit seinen Rechtsmitteln keinen Erfolg, so muss er neben der im Bescheid ausgewiesenen Steuer zusätzlich noch Zinsen in Höhe von 0,5 Prozent pro Monat bzw. sechs Prozent pro Jahr für die Dauer des Verfahrens zahlen.
In dem zugrundeliegenden Fall hat der Kläger seinen Einkommensteuerbescheid angefochten. Die Vollziehung des Steuerbescheids setzte das Finanzamt aus. Die Klage blieb aber ohne Erfolg. Infolgedessen muss der Kläger Aussetzungszinsen zahlen, unter anderem auch für den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 15. April 2021. Die Klage gegen die Zinszahlung blieb in erster Instanz vor dem Finanzgericht Münster ohne Erfolg. Der Bundesfinanzhof hält den Zinssatz aber für diesen Zeitraum für verfassungswidrig.
Zum einen hält der BFH einen solch hohen Zinssatz in Zeiten einer strukturellen Niedrigzinsphase nicht für erforderlich, da ohnehin typischerweise kein Liquiditätsvorteil erzielt werden kann, der abzuschöpfen wäre. Somit würde der zu hohe Zinssatz gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verstoßen, da Steuerpflichtige einen Anspruch darauf haben, nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung zur Leistung von Zinsen herangezogen zu werden.
Zum anderen hält der Bundesfinanzhof den Zinssatz für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG. Demnach darf nämlich Gleiches nicht ungleich behandelt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat aber mit Beschluss vom 8. Juli 2021 – 1 BvR 2237/14 (BVerfGE 158, 282) die Vollverzinsung (Zinsen für Steuernachzahlungen) in dieser Höhe ab dem 1. Januar 2014 für verfassungswidrig erklärt. Steuernachzahler zahlen seit dem nur noch Zinsen mit Zinssatz von 0,15 Prozent pro Monat also 1,8 Prozent pro Jahr. Diese Ungleichbehandlung von Steuernachzahlern und Steuerschuldnern, deren Zahlungspflicht ausgesetzt ist, hält der Bundesfinanzhof für verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.
Hinweis:
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bleibt abzuwarten – wir halten Sie auf dem Laufenden.