Der bayerische Autozulieferer Grammer ist jetzt mehrheitlich in chinesischer Hand. Der Autozulieferer Jifeng halte nach Ablauf seines Übernahmeangebots an die Grammer-Aktionäre jetzt 74 Prozent der Anteile, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Die Investorenfamilie Hastor, mit der Vorstand, Arbeitnehmer und Kunden von Grammer über Kreuz lagen, ist nicht mehr an Bord.
Gewerkschafter und Investmenbanker reagierten erfreut. Der Amberger IG-Metall-Chef und stellvertretende Grammer-Aufsichtsratschef Horst Ott sagte, der Ausstieg der Hastors sei positiv. Mit Jifeng komme Grammer jetzt in ruhigeres Fahrwasser. Jifeng hat vertraglich zugesichert, dass Grammer selbstständig und börsennotiert bleibt, und alle Standorte für fünf Jahre und alle Arbeitplätze für siebeneinhalb Jahre garantiert.
Die Investmentbank Oddo BHF erwartet, dass Autohersteller, die sich wegen schlechter Erfahrungen mit den Hastors mit Aufträgen zurückgehalten hätten, nun wieder mehr bestellen. Grammer dürfte jetzt profitabler werden. Die Aktie legte am Donnerstag leicht zu.
Alle Kartellbehörden haben der Übernahme bereits zugestimmt, wie Jifeng mitteilte. Jifeng-Vorstandschef Yiping Wang forderte die verbliebenen Grammer-Aktionäre auf, ihre Anteile in der laufenden zweiwöchigen Nachfrist ebenfalls noch einzureichen. Jifeng gehört der Familie Wang.
Hastor war 2016 eingestiegen und hatte sich mit VW und Daimler angelegt
Die bosnische Familie Hastor hatte 19 Prozent der Anteile gehalten. Ihre Investmentfirma Cascade teilte am Mittwochabend mit, sie steige aus. Die Hastors waren Anfang 2016 bei Grammer eingestiegen und versuchten, Vorstand und Aufsichtsrat neu zu besetzen. Das scheiterte aber am geschlossenen Widerstand der anderen Aktionäre, der Arbeitnehmer und der Politik. Die Hastors lagen auch mit den beiden wichtigsten Grammer-Kunden VW und Daimler über Kreuz - Hastor-Zulieferfirmen hatten 2016 die VW-Bänder in Wolfsburg und Emden vorübergehend stillgelegt. Für die bosnische Investorenfamilie hat sich das Engagement bei Grammer finanziell gelohnt: Sie haben gut 50 Millionen Euro daran verdient.
Grammer beschäftigt 15.000 Mitarbeiter, davon 2.000 am Hauptsitz Amberg. Das Unternehmen stellt Mittelkonsolen und Kopfstützen für Autos her sowie Sitze für Baumaschinen und Traktoren. An der Börse ist Grammer rund 770 Millionen Euro wert.
Von der Politik gab es keine Bedenken gegen die Übernahme durch ein chinesisches Unternehmen. Die Bundesregierung hatte kürzlich den Einstieg eines chinesischen Staatskonzerns beim deutschen Stromnetzbetreiber 50 Hertz verhindert und ist gerade dabei, die Hürden für Übernahmeversuche in sensiblen Bereichen zu erhöhen. Die Volksrepublik will in 30 Jahren in sämtlichen wichtigen Industriesparten führend sein. Dazu kaufen chinesische Investoren auch europäische Technologiefirmen. Schlagzeilen machten der Einstieg bei Daimler und die Übernahme des Roboterbauers Kuka. (dpa)