von Prof. Hannes Brachat
Das Jahr 2020 wird jeder von uns unter verschiedensten Aspekten als „ver-rücktes“ Jahr in Erinnerung behalten. Wir alle haben eine mächtige Zäsur erfahren, die zu Jahresbeginn so für niemanden absehbar war. Januar und Februar liefen gesamtwirtschaftlich gut an. Und ab 16. März 2020 brach der Pandemie-Schock auch über die Automobilwirtschaft herein, die im Dezember in China ausbrach und nun die gesamte Welt erfasste. Ob in Asien, Afrika, Amerika oder Europa, ob liberale oder autoritäre Staaten. Alle sind betroffen. So etwas haben wir in Friedenszeiten noch nie erlebt.
Corona-Folgen
Corona führte im April zu stillstehenden Fertigungsbändern bei den Automobilherstellern wie bei vielen Zulieferfirmen. Die Folge: längere Lieferzeiten! Und bei den meisten Herstellern führte das Woche für Woche zu ganz massiven Gewinneinbrüchen. Der Kosteneffizienzmarathon der Hersteller schlägt nun auch im Handel durch. Wir hatten in der Branche unsere Verkaufsräume und Werkstätten mehr oder weniger zu schließen. Es herrschte acht Wochen Ausnahmezustand. Allein im April hatte die Branche im Verkauf einen Rückgang von 80 Prozent zu verkraften. Die Werkstattauslastung lag bei 50 Prozent. Obendrein waren die Zulassungsstellen geschlossen.
Es ging nun primär darum, den wirtschaftlichen Zusammenbruch zu verhindern. Das bedeutete für uns, Geld zusammenzuhalten, die Kosten runterzufahren und trotzdem das Geschäft irgendwie am Laufen zu halten. Und das immer unter dem großen Aspekt der allgemeinen Gesundheit, der Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter wie der Kunden und der ökonomischen Erfordernisse. Folgen waren Kurzarbeit, veränderte Öffnungszeiten, Home-Office, Video-Konferenzen u. a. Sie haben in dieser Krisenzeit alle Ihren ganz großen Anteil zum gemeinsamen Gelingen beigetragen und besondere Flexibilität gezeigt. Da war von jedem Mitarbeiter beherzte Eigeninitiative gefordert, eigenständiges Denken und Handeln. Sie hatten Vertrauen in uns und wir vertrauten Ihnen. Dafür danke ich Ihnen allen.
Verunsicherte Kunden
Corona brachte auch verunsicherte Kunden mit sich. Jeder zweite potenzielle Käufer hat seine Neuanschaffung zurückgestellt. Andere wollten vom Vertrag zurücktreten. Wieder andere baten um Tilgungsstreckung. Welche Anstrengungen waren ferner nötig, um die ganzen Hygienemaßnahmen vorgabe- und kundengerecht umzusetzen, den Kunden wissen zu lassen, wie wir den Wechsel seiner Sommerreifen organisieren, ab wann wir wieder in der Werkstatt arbeiten, wie der Fahrzeugverkauf trotz Corona über Telefon oder auch online weitergeht. Wie viele von Ihnen haben Hol- und Bringservice übernommen?
Corona-Erkenntnisse
Corona legte Defizite in Sachen Digitalisierung offen. Die meisten sogenannten Touch-Points sind heute digital. Die Autohäuser, die im Onlineverkauf vor Corona aktiv waren, haben die einschlägigen Dellenmonate März, April, Mai daher deutlich besser parieren können. Es gilt also dringlich, Offline- und Online-Verkauf unter einem Dach zusammenzuführen. Der Offline-Verkauf ist strukturell kostenintensiv. Der Online-Vertrieb ist ungleich günstiger. Weshalb erzielen Portale wie Mobile.de oder AutoScout24 Renditen von über 57 Prozent? Die Hersteller werden u. a. deswegen künftig in den Online-Direktvertrieb einsteigen, um Vertriebskosten zu senken. Wir im Handel auch. Über den virtuellen Showroom stellt die Branche ihre Offline-Stärken im Autohaus dar. Die Suche, die Beratung, der Vergleich sowie die Vorzüge persönlicher Betreuung werden darin virtuell professionell aufgezeigt. Und immer wieder unsere Stärke. Der Kunde bekommt im Autohaus alles rund ums Auto, rund um die Mobilität aus einer Hand!
Digitale Wege
Ziel ist es, den Verkauf wie den Service für den Kunden so einfach wie möglich zu machen. Auf dem Weg dorthin sind alle Abläufe eines analogen Autohauses digital abzubilden. Also, beispielsweise das papierlose Autohaus! Das geht. Digitale Bezahlsysteme, elektronische Preisauszeichnung, papierlose Werkstatt, Online-Terminbuchungen, automatische E-Mail- wie Leadbearbeitung in Echtzeit und, so die Politik es endlich macht, Entbürokratisierung inklusive der digitalen Fahrzeugzulassung direkt im Autohaus.
Man darf die Rechnung nicht ohne den Wirt machen, sprich die Maßnahmen bedürfen der Einsicht des Kunden. Unsere Kunden müssen den Mehrwert, den Sinn darin für sich erkennen. Es ist mit den Corona-Maßnahmen vergleichbar: Sie müssen nachvollziehbar sein. So schaffen wir die neue Normalität. Das ist gleichzusetzen mit hohem Beratungsaufwand, den wir erbringen müssen.
Die eigenen Ereignisse
[Hier kann man nun die eigenen Gegebenheiten übers Jahr aufzeigen: Zielvorgaben, Jubiläen, besondere Ereignisse, neue Modelle, E-Mobilität, Todesfälle, freudige, belastende Ereignisse im Jahr oder auch Ehrungen ...]
Der Blick nach vorne
Lassen Sie uns nach vorne schauen. Das Auto selbst ist durchaus auf der Gewinnerseite von Corona. Es hat als individuelles Verkehrsmittel und echter Virenschutz an Bedeutung gewonnen. Besonders in den Städten. Wir sollten uns auch bewusst machen: Ohne das Internet wären die Herausforderungen um Corona nicht zu lösen. Wir arbeiten seit 1998 damit. Und das Internet wird uns alle größere Flexibilität auch in Zukunft bereithalten. Wir dürfen guter Dinge sein, dass Mitte 2021 der Impfstoff gegen Corona seine Testphase überwunden hat und uns allen ein Lächeln der Hoffnung schenkt. Das darf uns zuversichtlich stimmen. Dennoch kann niemand genau vorhersagen, wie die wirtschaftliche Entwicklung sich gestalten wird. Jeder von uns sollte weiterhin sein Bestes geben.
Und ich möchte Ihnen bei allen Veränderungen zurufen: Wir alle haben mit dem Produkt Automobil eine gute Zukunft. Die meisten Autos von morgen werden weiterhin vier Räder haben. Ja, das Auto der Zukunft wird vor allem elektrisch und mit Ökostrom unterwegs sein. In der Folge auch mit Wasserstoff. Und mit synthetischen Kraftstoffen. Grün ist die Zukunft. Bis 2050 soll die Klimaneutralität geschaffen sein. Das Auto wird in Zukunft zum Sammelbecken von empfangenden und sendenden Daten. Es ermöglicht dadurch besseren Verkehrsfluss. Neue Mobilitätskonzepte im Verbund mit den verschiedenen Verkehrsträgern werden entstehen. Und übermorgen wird das Auto dann autonom fahren. Das wird auch nach der Corona-Seuche so sein.
Lassen Sie mich das humorig deuten: Es wird morgen für 90-jährige kurzsichtige Schwaben einen autonomen Einsitzer auf zwei Rädern geben. Das ist dann Zeitenwende. Von Vier- auf Zwei-Räder! Wir haben aktuell einen bestehenden Fundus von über 47 Millionen Pkw auf deutschen Straßen. Eine gigantische Mutationsmasse, die für uns alle weiterhin viel, viel Spielraum schafft.
Zukunfts-Anforderungen
Entscheidende Kompetenz der Zukunft wird die Innovationsfähigkeit sein. Die Fähigkeit, Zusammenhänge zu verstehen, einzuordnen, flexibel zu denken und Ideen zu schaffen. Wir alle leben von unseren Kunden. Und da kann jeder von uns durch Kompetenz, mit qualitativen Leistungen und Zuverlässigkeit überzeugen. Wir investieren gerne in Sie und ihre Zukunft. Machen Sie da bitte aktiv mit. Und wir können diesen Weg gemeinsam fördern durch unsere gegenseitige Wertschätzung, durch gegenseitiges Unterstützen und Ermutigen. Durch offenes Feedback. So überwinden wir gemeinsam die Corona-Herausforderungen.
Nochmals, zeigen Sie Offenheit für Innovationen, für Neues. Die Digitalisierung ist dabei wichtiges Handwerkszeug, sie bedarf aber der Menschen, die das aktiv und gerne im Alltag für unsere Kunden leben. Und das alles ist machbar, solange wir wirtschaftlich arbeiten.
Corona-Weihnachten
Weihnachten lebt von seinen vielfältigen Symbolen. Es ist ein Fest des Friedens, der Hoffnung, der Liebe, der Familie. Wir durften dieses Jahr 75 Jahre in Frieden leben. Die längste Friedenszeit seit 1000 Jahre deutscher Geschichte. Wir durften dieses 30 Jahre Wiedervereinigung feiern. Welch ein politisches Geschenk. Wir haben dieses Jahr mehr Europa gelernt, mit einer deutschen Ratspräsidentin. Bund und Länder haben sich bei aller Notwendigkeit staatlicher Corona-Unterstützungen 2020 mit 330 Milliarden neu verschuldet. Die Gesamtverschuldung in Deutschland ist auf 2,20 Billionen Euro angewachsen. Das heißt, wir haben weiterhin große Aufgaben zu bewältigen.
Auch die Pause gehört zur Musik. Lassen Sie uns nun eine bewusste Pause, eine Weihnachtspause machen, damit uns die Musik, die wir 2021 zu spielen haben, gut gelingt, mit schönen Melodien, mit schönen Harmonien und einem verdammt guten Rhythmus. Wir werden dabei mit unsicherem Modus, sehr flexibel, aber immer hoffend improvisieren und feinjustieren müssen.
Ich wünsche Ihnen und ihren Angehörigen allen frohe Festtage und sage für unseren gemeinsamen Weg im ver-rückten Jahr 2020 herzlichen Dank!