Rund 400 Teilnehmer diskutierten kürzlich in Regensburg aktuelle Herausforderungen in Unfallinstandsetzung und Lackierung sowie für den herstellenden Fahrzeugbau. Mit der Arbeit ihres Vorstandes zeigten sich die Anwesenden auf dem 69. Bundesverbandstag dabei zufrieden: Die Mitgliederversammlung bestätigte ZKF-Präsident Peter Börner mit einer deutlichen Mehrheit im Amt, auch die Vizepräsidenten Claus Evels und Ulrich Schäfer wurden erneut in den engeren Vorstand gewählt. Neu als dritter stellvertretender Vorsitzender ist Detlev Thedens. Er löste Uwe Heiseler ab, der in den Ruhestand verabschiedet wurde. Für sein langjähriges außerordentliches Engagement im Verband erhielt der scheidende Vizepräsident die höchste Auszeichnung des ZKF: die Goldene Ehrennadel mit Brillant.
"Gene der Karosserie- und Fahrzeugbauer erhalten"
In seiner Grundsatzrede versprach der alte und neue Vorsitzende Peter Börner auch für seine anstehende dritte Amtszeit vollen Einsatz für die Interessen der Fachbetriebe und zeigte sich gewohnt selbstbewusst: "Wir sind ein wichtiger Teil der deutschen Wirtschaft und sehr gut aufgestellt. 48.000 Beschäftigte, knapp 4.000 Auszubildende und 6,5 Milliarden Umsatz im Jahr 2016 – darauf können wir stolz sein." Ein Grund, sich auf dem Erreichten auszuruhen, sei das allerdings nicht, denn langfristig sieht der ZKF-Präsident den Berufsstand gefährdet: "Die stagnierenden Lehrlingszahlen weisen einen erschreckenden Weg: Heute keine Auszubildenden, morgen keine Gesellen und übermorgen fehlen uns die Meister." Zudem sei die EU-Liberalisierung durch die Einführung der Dienstleistungskarte ein erneuter Angriff auf die Handwerksordnung. "Wir müssen die Gene der Karosserie- und Fahrzeugbauer sowie des freien Marktes erhalten", forderte Peter Börner und fügte hinzu: "Deshalb werden wir die Tradition des Meisters sowie unsere Handwerksordnung verteidigen."
Mehr junge Menschen begeistern!
Vor diesem Hintergrund kommt der Nachwuchsarbeit und dem Engagement für die junge Generation eine entscheidende Rolle zu. Peter Börner nahm dabei auch den Verband in die Pflicht: "Wir setzen als Vorstand selbst ein Zeichen, binden junge Menschen in unsere Arbeit ein und werden die Verjüngung unserer Gremien vorantreiben." Darüber hinaus forciert der ZKF seine Ausbildungskampagne "WE WANT YOU!" und beteiligt sich zudem an der Initiative Joblinge, um mehr Jugendliche für das Handwerk zu qualifizieren. "Am Thema Ausbildung müssen wir alle arbeiten, Betriebe, Innungen, Landesverbände und der Zentralverband", betonte Börner.
Betriebe profitieren zu wenig von brummender Wirtschaft
Die konjunkturelle Situation der herstellenden und reparierenden Karosserie- und Fahrzeugbaufachbetriebe bewertete Peter Börner in seiner Grundsatzrede positiv. "Die Auftragslage in unseren beiden Branchen Neubau und Reparatur ist sehr gut. Wirtschaftlich sieht die Lage aber leider völlig anders aus." Im Fahrzeugbau sinken die Stundenverrechnungssätze aufgrund wachsender Konkurrenz bei steigenden Löhnen und Fachkräftemangel: "Im Unfallreparaturmarkt ist der Ertrag von 15 Prozent EBITDA auf 4,6 Prozent in den vergangenen 15 Jahren zurückgegangen. Eine erschreckende und langfristige Entwicklung, die die Investitionsfähigkeit der Betriebe immer stärker gefährdet."
Negative Trends in der Unfallinstandsetzung
Verschärft werde dies noch durch Rechnungskürzungen seitens Prüfdienstleistern und der Versicherungswirtschaft: "Unsere Rechnungen werden so sehr angezweifelt, dass schon fast von einem unberechtigten Generalverdacht die Rede sein muss." Der ZKF-Präsident sah in Regensburg weitere negative Entwicklungen auf die Branche zukommen: Pauschale Arbeitswerte für Montagearbeiten, Bestimmung des Reparaturweges sowie Ersatzteilbeschaffung über den Versicherer. "Dies ist nur der Anfang einer weiteren klaren Zielsetzung der Versicherer, Geld zu sparen und zwar das Geld der Werkstatt", stellte Börner fest und ging weiter ins Detail: "Fehlerhafte Arbeitswerte und Lackierzeiten liegen weit ab der Realität, jährlich gibt es Korrekturen nach unten. Zudem steigen die administrativen Aufgaben in der Unfallreparatur ständig. Auch der Aufwand für die Abwicklung der gesamten Prozesse in der Ersatzteilbeschaffung übersteigt die Erträge."
ZKF ergreift Gegenmaßnahmen
Diesen Herausforderungen will man auch weiterhin entschieden entgegentreten. Im Rahmen seiner Agenda 2020 hat der Verband konkrete Projekte entwickelt, um seine Mitgliedsbetriebe zu unterstützen. Ein echter Meilenstein ist laut Börner der zusammen mit der EUROGARANT AutoService AG realisierte Dienstleistungsservice für Betriebe (DfB), der Anfang des Jahres erfolgreich an den Start gegangen ist: "Mit DfB reduzieren wir den Arbeitsaufwand für die Mitgliedsbetriebe bei der Schadenabwicklung und bieten Schutz vor Rechnungskürzungen." Zudem arbeite die Interessengemeinschaft für Fahrzeugtechnik und Lackierung seit nunmehr zehn Jahren permanent an der Korrektur von Arbeitszeiten für Karosserie- und Lackierarbeiten. Per anno werden mittlerweile 300 Arbeitszeiten in den Systemen richtiggestellt. Mit repair-pedia stehe zudem ein einzigartiges Wissens-Portal für zur Verfügung. Der ZKF-Präsident forderte die Mitgliedsbetriebe auf, diese Angebote aktiv zu nutzen.
Noch wenig Tempo beim autonomen Fahren
Mittelfristig sieht der Branchenverband die Entwicklung zum autonomen Fahren laut Peter Börner noch gelassen: "2016 gab es so viele Unfallschäden wie zuletzt vor 25 Jahren. Wir sind noch längst nicht so weit, dass auch nur teilautonomes Fahren in greifbare Nähe rückt." Erst wenn Querführung und Überholen per Elektronik möglich werden und die automatische Gefahrenprognose eine Übernahme der Steuerung des Fahrzeugs innerhalb von zehn Sekunden gewährleistet sei autonomes Fahren wirklich technisch realisierbar. Doch selbst dies sei nur einer der nötigen Schritte zählte der ZKF-Präsident weitere Voraussetzungen auf: "Es fehlen dann jedoch immer noch die Infrastruktur, flächendeckendes, mobiles 4G Datennetzwerk, zentimetergenaue Kartendaten sowie ein europaweites oder weltweites Haftungsrecht." Dennoch ist zeigte sich Peter Börner in Regensburg davon überzeugt, dass sich die Branche in den nächsten zehn Jahren gänzlich wandeln wird. "Nicht nur die Fahrzeuge, sondern auch der Handel und die Eigentumsverhältnisse werden sich dramatisch verändern", beschrieb er künftige Entwicklungen. Der Trend gehe weg vom Privathalter hin zu Flotte und Car-Sharing mit völlig neuen Versicherungsprodukten.
Zentralverband vertritt Interessen des Fahrzeugbaus
Auch im Neubau und der Reparatur von Nutzfahrzeugen stehen die Zeichen auf Veränderung: "Im Bereich Neubau werden wir den EUROGARANT Nutzfahrzeug Service unter anderen Vorzeichen starten", erklärte der ZKF-Präsident, wie sich der ZKF auf diese Herausforderungen vorbereitet. Es soll ein Netzwerk an Betrieben entstehen von denen Kunden – wie Speditionen – die Serviceleistungen beziehen können. "Wie wichtig auch im Nutzfahrzeugbereich die Zusammenarbeit mit den Verbänden ZDK und VDA ist, zeigt die Diskussion um die künftige Behandlung der Abgaswerte im Nutzfahrzeug." Hier bestehe die Gefahr, dass Handwerksbetriebe nach einem Aufbau Abgaswerte messen und dokumentieren müssten. Dazu seien diese kaum in der Lage.
Praxisorientierte Angebote
In zahlreichen Workshops informierten sich die Teilnehmer des ZKF-Bundesverbandstages über aktuelle Themen der Betriebsführung und der Fahrzeugtechnik. Großes Interesse zeigten die Besucher am Angebot zur Unternehmensnachfolge. Weitere Schwerpunkte in Regensburg waren: Rechnungskürzungen bei Haftpflicht- und Kaskoschäden, Ausbildung, Internetauftritt für die Betriebe, aktuelle Entwicklungen bei Fahrer-Assistenzsystemen, der Einsatz von EuroDFT, Oldtimer als Zukunftsmarkt sowie der Lackierfachbetrieb. Im Nutzfahrzeugbereich standen die neuen Abgasvorschriften und der neue MAN TGE für Aufbauhersteller auf dem Programm. (kt)