Im besonderen Blickwinkel des zuständigen Arbeitskreises VII, geleitet von BGH-Richterin Dr. Nina Franziska Marx (X. Zivilsenat), stand auch die Frage einer Verantwortlichkeit für Annullierungen und Verspätungen des jeweiligen Zubringers.
Die Ausgangsfragen
Multimodalität und Intermodalität sind in aller Munde. Beliebte Varianten sind Buchungskonstellationen wie mit dem "Zug zum Flug" oder mit dem "Zug zum Schiff". Hierbei ergeben sich seit Jahren zahlreiche Rechtsfragen nicht nur im Pauschalreiserecht, sondern auch bei Flugbeförderungen ohne weitere Reiseleistungen. Der Arbeitskreis VII beleuchtete das Spektrum der multimodalen Angebote in Europa unter Berücksichtigung der bestehenden EU-Verordnungen über die Rechte der Fahrgäste im Bahn-, Bus-, Schiffs- und Luftverkehr. Gemeinsamkeiten und Unterschiede wurden beleuchtet, bestehende Fahrgastrechte miteinander verglichen und Lösungen für mögliche Ansprüche bei multimodalen Reisen erarbeitet.
Die EU-Kommission will den Vergleich und das Buchen von Reisen über verschiedene Verkehrsträger hinweg erleichtern. Eine solche Kombination wirft Fragen zu Entschädigungsansprüchen auf. Besondere Relevanz hat die Frage der Verantwortlichkeit, wenn eine Annullierung oder Verspätung auf einer Teilstrecke eintritt und der Anschluss auf einer weiteren Teilstrecke nicht erreicht wird.
Das damit einhergehende Problem der Risikoverteilung sollte aus Verbraucher- und Unternehmersicht anhand von Fallbeispielen aus der Praxis und mit Blick auf die Rechtsprechung deutscher Gerichte und des Europäischen Gerichtshofs in Goslar vertieft werden. Zur Entwicklung möglicher Lösungsansätze wurden auch angrenzende Rechtsgebiete wie das Transportrecht betrachtet. Dort sind bekanntlich Verlust und Verspätungsschäden bei multimodalen Transporten an der Tagesordnung. Auch die Risikoverteilung bei Gepäck- oder Unfallschäden nach dem Montrealer Übereinkommen wurde beleuchtet. Zur Diskussion stand eine einheitliche Betrachtung der multi- bzw. intermodalen Reise.
Die Empfehlungen an die Gesetzgebung
In seinem Schluss-Communiqué von Goslar begrüßte der Arbeitskreis VII den von der EU-Kommission vorgelegten Vorschlag für eine Verordnung über Fahr- und Fluggastrechte (KOM-Vorschlag) im Zusammenhang mit multimodalen Reisen und verlautbarte am Freitagnachmittag seine Empfehlungen in vier Punkten wie folgt:
1. Reisende sollen schon vor Vertragsschluss informiert werden, welche Passagierrechte im Falle von verpassten Anschlüssen gelten (vgl. Art. 5 KOM- Vorschlag). Die Informationen sollten so einfach und deutlich wie möglich bereits während des Buchungsprozesses erteilt werden, z. B. mit Piktogrammen.
2. Entschädigungen sollten immer dann gewährt werden, wenn der Passagier aufgrund eines verpassten Anschlusses die Reise abbricht. Mit knapper Mehrheit wurde empfohlen, Entschädigungen auch für den Fall vorzusehen, dass der Passagier seine Reise fortsetzt und eine erhebliche Ankunftsverspätung am Endziel erleidet. Die Höhe der Entschädigung sollte sich am Ticketpreis orientieren. Im Übrigen empfahl der Arbeitskreis nahezu einstimmig, auch bei multimodalen Reisen einen Haftungsausschluss bei Vorliegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände vorzusehen.
3. Klar geregelt werden soll auch, wer jeweils Anspruchsgegner ist, insbesondere bei Buchungen über Vermittler.
4. Generell sollen alle Regelungen über Passagierrechte vereinheitlicht werden.