Aktuelle Ausgangslage
Bei einem Schiffsunfall muss der Geschädigte daher in der Regel den Nachweis über ein schuldhaftes Verhalten der Schiffsbesatzung bzw. des Reeders führen. Bei Unfällen im Luft-, Eisenbahn- und Straßenverkehr ist das im deutschen Recht anders. Hier gilt eine Gefährdungshaftung.
Die Schadenshaftung des Reeders ist wegen der Bedeutung der Schifffahrt als globales Transportmedium für viele Fallkonstellationen in internationalen Übereinkommen geregelt. Für Spezialbereiche, die insbesondere die Haftung für Ölschäden im weiten Sinne betreffen, sind hier Haftungsmodelle vorgesehen, die einer Gefährdungshaftung entsprechen. In bestimmten Fällen bleibt es bei Drittschäden – dazu zählen z.B. Schäden an Hafen- oder Schleusenanlagen oder Schäden an anderen Schiffen – aber bei der (auch) im deutschen Recht vorgesehenen Verschuldenshaftung. In der Rechtsprechung wurden für diese Fälle zwar Beweislastregeln entwickelt, nach denen in einer Reihe von typischen Geschehensabläufen der Beweis des ersten Anscheins zugunsten des Geschädigten streitet. Aber es greift keine gesetzliche Vermutung des Verschuldens.
Der Arbeitskreis VIII unter Leitung von Kirsten Truscello, Leiterin des Referates Recht der Seeschifffahrt beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr, beleuchtete diesen Befund unter anderem durch Vergleich mit der Rechtslage bei den anderen Verkehrsträgern, aber auch mit anderen Rechtsordnungen, mit denen das deutsche Recht im Wettbewerb steht. Gleichzeitig war es Ziel, die Gründe für die geltende Rechtslage herausarbeiten. Die Teilnehmer diskutierten an den beiden Sitzungstagen, ob Änderungen des deutschen bzw. des internationalen Rechts zur Verschärfung der Reederhaftung angestoßen werden sollten. Dabei standen auch die wirtschaftlichen Folgen möglicher Änderungen im Fokus.
Die Empfehlungen
Nach Abschluss seiner Beratungen wurde folgende Resolution verabschiedet:
1. Die Verkehrsträger Straße, Schiene, Luft allgemein unterliegen einer Gefährdungshaftung für Drittschäden. Dagegen gibt es im Schiffsverkehr als Grundregel eine Verschuldenshaftung.
2. Die Einführung einer Gefährdungshaftung für Drittschäden wäre auf nationaler Ebene zulässig, soweit es nicht um Kollisionen zwischen Schiffen geht.
3. Die Bundesregierung möge prüfen, ob auf nationaler Ebene eine Gefährdungshaftung für die Schifffahrt wie bei den anderen Verkehrsträgern eingeführt werden soll. Der Arbeitskreis sieht nicht zuletzt wegen erhöhter Betriebsgefahr aufgrund der zunehmenden Größe der Schiffe, der Automatisierung und der alternativen Antriebe ein Bedürfnis für die Einführung einer Gefährdungshaftung. Er fordert die Bundesregierung auf, die für die Prüfung erforderlichen Daten zu erheben und auszuwerten.