Dem Konzern Versicherungskammer gelingt seit Jahren der Spagat zwischen regional verwurzelter Gesellschaft mit persönlicher Beratung und innovativem Versicherer mit hohem Anspruch in Sachen Automatisierung und Digitalisierung. Dies liegt zum einen am „internen Innovator“, der Unternehmenstochter BavariaDirekt, die perfekte Voraussetzungen dafür bietet, neue Ideen zu testen, bevor diese auf Konzernebene umgesetzt werden.
Mit dem Leiter Konzern Schaden, Dr. Christian Krams, der neben der Direktversicherung auch für den kompletten Konzern Versicherungskammer verantwortlich zeichnet, hat man zudem einen Manager an der Spitze, der für die Verbindung dieser beiden Welten steht. Mit ihm unterhielt sich AUTOHAUS über die Zukunft der Kfz-Versicherung und die aktuellen Herausforderungen für die Versicherungswirtschaft.
AH: Herr Dr. Krams, die Meinungen über die Erfolgsaussichten von SPN gingen nach dem Ausstieg der Allianz als größtem Auftraggeber teilweise weit auseinander. Wie ist Ihre Einschätzung zu diesem Thema?
Dr. C. Krams: Die Zusammenarbeit mit den Kollegen aus München ist formal beendet und ich möchte betonen, dass alle Beteiligten im Guten auseinandergegangen sind. Aus meiner Sicht ist die neue Konstellation für die SPN eine Chance, das Unternehmen neu aufzustellen und noch näher am Markt auszurichten. Die deutsche Instandsetzungslandschaft verträgt mehrere leistungsfähige Werkstattnetzwerke und die SPN wird auch in Zukunft eines davon stellen.
AH: Bisher ist mit der Öffentlichen Versicherung Braunschweig allerdings nur ein neuer Kunde dazugekommen, der das verlorene Volumen natürlich nicht ausgleichen kann.
Dr. C. Krams: Das ist sicher richtig, aber dabei wird es nicht bleiben. Ab Jahreswechsel wird die BavariaDirekt ihre Reparaturaufträge komplett in das SPN-Netzwerk steuern, so wie es die Versicherungskammer Bayern bereits seit Jahren tut. Darüber hinaus erwarten wir zum Jahreswechsel einen weiteren großen Versicherer, der auch das im Moment an die Gesellschaft zurückgegangene Anteilspaket der Allianz übernehmen wird. Wir sind zudem in sehr fortgeschrittenen Gesprächen mit weiteren Assekuranzen, sodass wir im zweiten oder dritten Quartal 2025 mit einem weiter steigenden Auftragsvolumen für die SPN rechnen.
AH: Wo sehen Sie die Vorteile der SPN im Vergleich zu den anderen Netzwerken im Markt?
Dr. C. Krams: Zum einen haben wir mit Dimitra Theocharidou-Sohns eine echte Macherin als Geschäftsführerin gewinnen können, die einen tollen Job abliefert. Zudem sind wir über ganz Deutschland mit einem dichten Werkstattnetz mit etwa 40 Prozent Herstellerbetrieben und 60 Prozent Karosserie- und Lackexperten sehr gut aufgestellt, was den Umgang mit der immer komplexeren Fahrzeugtechnik angeht. Fast 90 Prozent unserer Werkstätten sind für die Reparaturen von Elektro-Kfz ausgerichtet. Auch künftig wird bei SPN weiter in Hightech und IT-Systeme investiert werden, wir brauchen funktionierende Schnittstellen und digitale Prozesse – ein echter Schwerpunkt bei der VKB.
Aus Werkstattsicht kann man sagen, dass wir es laufend gemeinsam schaffen, angemessene Konditionen auszuhandeln, die für alle Beteiligten interessant sind. Die rund 1.000 Betriebe können also gutes Geld verdienen und die Netzkunden haben trotzdem den Steuerungsvorteil, sodass der Grundgedanke von Schadenmanagement wirklich umgesetzt ist. Neben den turnusmäßigen Gesprächen sind wir ständig im Dialog mit den Partnern, wenn es vor Ort entsprechenden Anlass gibt, um zu vernünftigen Lösungen zu kommen.
AH: Auch 2024 war wieder geprägt von einer Vielzahl von Unwetterschäden. Wie stark war Ihr Haus betroffen?
Dr. C. Krams: Als Marktführer im Gebäudebereich hat der Konzern Versicherungskammer natürlich die aktuellen Elementarereignisse zu spüren bekommen. Man muss allerdings ganz klar sagen: Ja, es war ein großes Unwetter in Bayern mit vielen Betroffenen und Schadenfällen – übrigens gehen bis heute noch Meldungen bei uns ein. Allerdings war es aus unserer Sicht, zum Glück, kein Jahrhunderthochwasser. Wenn man die Regenmengen mit der Katastrophe im Ahrtal vergleicht, waren diese 2024 sogar noch höher. Die extremen Schäden, die wir im Juli 2021 zu beklagen hatten, waren der speziellen Topografie vor Ort geschuldet. Diese Konstellationen gibt es in Deutschland nur wenige Male.
Das Gleiche gilt für den Hagel, den ich – trotz aller dramatischen Überschwemmungsbilder – nach wie vor für eines der schadenintensivsten Ereignisse halte, wenn es um Naturgefahren geht. Auch hier war es in den letzten Jahren so, dass die Unwetter meist über eher dünn besiedelten Gebieten niedergegangen sind. Passiert solch ein Ereignis über einer Großstadt, wie wir es z. B. 1984 über München erlebt haben, so würden wir noch deutlich höhere Schadenaufwände sehen.
AH: Aufgrund der aktuellen Zahlen wird von Prämienerhöhungen in der Kfz-Versicherung gesprochen. Mit welchen Steigerungen werden Ihre Versicherungsnehmer rechnen müssen und wie kann man gegensteuern?
Dr. C. Krams: Wie alle Kfz-Versicherer haben wir selbstverständlich auch mit den Herausforderungen zu kämpfen, die in den steigenden Ersatzteilpreisen und Stundenverrechnungssätzen begründet liegen. Wir haben in der Vergangenheit bereits angemessene Prämienerhöhungen durchgeführt und werden dies künftig auch machen. Wir gehen dabei risikoindividuell vor, sodass die Steigerungen je nach vorliegenden Risikomerkmalen sehr unterschiedlich ausfallen. Aber entscheidend ist, das eigene Geschäft im Griff zu haben. Dass die Technik gut funktioniert, die Prozesse stimmen und das immer wichtiger werdende unterjährige Geschäft so dicht am Markt ist, dass die Prämien wirklich topaktuell sind. Darüber hinaus gibt es leider nicht den einen großen Hebel, den man ziehen kann. Nötig ist ein gesunder Mix der Aufwandsreduktion im Schaden, vor allem, was die Nebenkosten angeht, vom Anwalt über Fremdgutachter bis hin zu Standgebühren und Mietwagenkosten. Es kommt also ganz entscheidend darauf an, regelmäßig ein ganzes Bündel von eng aufeinander abgestimmten Maßnahmen zu bespielen und punktuell die richtigen Schwerpunkte zu setzen.
AH: Herr Dr. Krams, herzlichen Dank für das Gespräch.