Zentrales Thema der Umfrage waren die Qualität der Mobilität hierzulande und zukünftige Mobilitätskonzepte. Ergebnis: Heftige Kritik am deutschen Verkehrsnetz, das die Mehrheit der Befragten zudem als veritable Wachstumsbremse und sogar politisch gewollte Bevormundung von Bürgern einschätzt.
"Verkehrsnetz nicht zeitgemäß"
Denn immerhin antworten 68 Prozent von ihnen auf die Frage, ob der Zustand des Verkehrsnetzes noch zeitgemäß sei, dass dieser nicht dem eines modernen Industrielandes entspreche. Ganze 63 Prozent stufen ihn sogar als Behinderung der wirtschaftlichen Entwicklung dieses Landes ein.
"Das sollte den verantwortlichen Verkehrspolitikern zu denken geben", kommentieren Experten. Wer nun seine eigenen Erfahrungen als Autofahrer mit maroden Straßen voller Schlaglöcher, einsturzgefährdeten Autobahnbrücken, Dauerbaustellen sowie unumgänglichen Staus zugrunde legt und erwartet, dass sich die Kritik der Studienteilnehmer insbesondere an den Verkehrswegen für Kraftfahrzeuge entzündet, irrt.
Schiene ist größtes Ärgernis
Vielmehr ist es das Schienennetz hierzulande, das für große Frustration sorgt, wie die HUK berichtet. Es steht besonders in der Kritik: So vertritt mit 57 Prozent mehr als die Hälfte der Bevölkerung die Ansicht, dass eine Verlagerung des Personenverkehrs von der Straße auf die Schiene in Deutschland in der Praxis nicht funktioniert. Dabei würden satte 75 Prozent der repräsentativ ausgewählten Umfrageteilnehmer eine solche Entwicklung befürworten.
Dementsprechend sehen mit 35 Prozent auch die meisten Befragten im Schienennetz den wichtigsten Ansatzpunkt für eine Verbesserung der Mobilität in Deutschland. Erst danach folgen mit einigem Abstand das Autostraßennetz mit 18 Prozent, Fahrradwege mit 13 Prozent, das Gehwegenetz mit 5 Prozent und die Wasserstraßen mit 3 Prozent im Frustrations-Ranking der Bundesbürger.
Mobilitätsfrust befördert Internet-Einkäufe
Doch die Deutschen meckern nicht nur: Aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen haben inzwischen fast zwei Drittel von ihnen in den zurückliegenden zwölf Monaten ihr Mobilitätsverhalten verändert – etwa indem sie ihre Einkaufsgewohnheiten weiter in den Online-Bereich verschoben. Dafür spricht auch, dass laut der aktuellen HUK-Mobilitätsstudie rund ein Drittel der Bundesbürgerinnen und -bürger hierzulande nach eigenen Angaben mehr im Internet einkauft als zuvor.
33% Rückgang bei Innenstadteinkäufen
Kein Wunder: "Wer in deutschen Städten, insbesondere solchen, die wegen politischer Willensbildung der Verwaltungen zunehmend verkehrsberuhigt werden, einen Einkaufstrip unternehmen will, braucht angesichts der bewusst herbeigeführten Behinderungen des Individualverkehrs bei ungenügenden ÖPNV-Alternativen starke Nerven. Ebenso viele Studienteilnehmer, ebenfalls 33 Prozent, fahren inzwischen weniger in die Innenstädte, um Einkäufe zu erledigen", so eine für die Politik wenig schmeichelhafte Erkenntnis aus der Mobilitäts-Studie.
Abnahme auch der persönlichen und kulturellen Kontakte
Als Grund für ihre veränderten Verhaltensweisen nennen die Befragten die aktuellen Bedingungen für Ihre persönliche Mobilität, sprich Ihre konkreten Möglichkeiten zur Fortbewegung. Und die sind wegen der allgemein schlechten Rahmenbedingungen der deutschen Verkehrsnetze eingeschränkt.
Das hat sogar Auswirkungen auf die Kommunikation der Befragten, wie diese angeben. Demnach haben 21 Prozent von ihnen unterdessen mit Freunden und Verwandten häufiger digital Kontakt, als sie persönlich zu besuchen.
Und mit 19 Prozent schränkte eine fast ebenso große Gruppe den Besuch von Veranstaltungen wie Konzerten oder Theatervorführungen ein. Somit zieht allein in dieser Hinsicht nahezu jeder Fünfte entsprechende Konsequenzen aus der schlechten Verkehrsinfrastruktur in Deutschland.
Deutliche Forderung nach ÖPNV-Ausbau
Das bekommen die Innenstädte in Form von weniger Besuchern, sowohl von Geschäften wie auch kulturellen Einrichtungen und Veranstaltungen, zu spüren. Als Sofortmaßnahme für eine bessere Mobilität fordern vier von zehn Bundesbürgerinnen und -bürgern den Ausbau des Angebots an Bussen, Bahnen und öffentlichem Personennahverkehr im Allgemeinen (41 Prozent) sowie niedrigere Kosten hierfür (40 Prozent).
Auto auch in Zukunft für 72 Prozent eindeutige Nummer Eins
Diese Zahlen entsprechen in etwa auch dem Vorjahresergebnis. Befragt nach dem Verkehrsmittel der Zukunft behauptet das Auto mit 72 Prozent der Nennungen von allen Befragten seine Pole-Position als mit weitem Abstand beliebtestes Beförderungsvehikel. Es werde auch in Zukunft am besten ihre Anforderungen an Mobilität erfüllen, meint die deutliche Mehrheit der Teilnehmer an der aktuellen HUK-Studie.
Dabei ist allerdings zu bedenken, dass der Begriff "Auto" auch Elektroautos und Kfz umfasst, die mit alternativen, klimafreundlichen Antrieben fahren. Es handelt sich somit um einen kumulierten Wert.
E-Auto & Co. in Verbrauchergunst zurückgefallen
Die Einschätzung von reinen Elektroautos und Autos mit alternativen Kraftstoffen (wie Wasserstoff und E-Fuels) als ideale Verkehrsmittel der Zukunft haben sich in der aktuellen Untersuchung im Vergleich zum Vorjahr eindeutig verschlechtert. Dabei rutschte das E-Auto von 19 Prozent im Jahr 2023 auf 15 Prozent im Jahr 2024 ab, Kfz mit klimafreundlichen Antrieben von 18 Prozent im Vorjahr auf 12 Prozent in der diesjährigen Umfrage.
"Bürger wollen keine Bevormundung"
"Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass konventionelle Autos mit Verbrennungsmotoren in der Gunst der Deutschen wieder aufgeholt haben", kommentiert Dr. Jörg Rheinländer, Vorstandsmitglied der HUK-Coburg, diese Entwicklung. Er sieht die Mobilitätspolitik in Deutschland jetzt an einem entscheidenden Punkt: "Die Bürger brauchen Klarheit und Konsistenz bei staatlichen Programmen und Strategien", so Rheinländer. Und sie wollen weniger bzw. keine öffentliche Bevormundung, wie die HUK-Studie ebenfalls ausweist.